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Immer
mehr Menschen wollen nicht mehr in den Ersatzwelten unserer Städte
aus Asphalt, Beton, Plastik, Blech, Müll, Gift, Lärm und Gestank
leben und arbeiten. Auch die allermeisten unserer zur Aufgabe ihrer Betriebe
gezwungenen Bauern würden mit deren Bewirtschaftung lieber heute
als erst morgen wiederbeginnen, falls sie Arbeitsbedingungen und Einkommensverhältnisse
vorfänden, die denen der anderen Wirtschaftszweige entsprächen.
Aber warum können sie es nicht in einem Staatswesen mit demokratischer
Grundordnung?
Auf diese Frage gibt es wohl nur eine einzige zutreffende Antwort: Weil
sie glauben, was sie sich ständig selbst einreden, es nicht zu können.
Doch brauchen sie sich in einer stillen Stunde nur einmal ganz klar vor
Augen zu halten, daß
- Demokratie weder Parteienherrschaft noch Konzernherrschaft heißt
und ist, und auch nicht Pöbelherrschaft, sondern Volksherrschaft.
Nicht Parteifunktionäre, Konzernherren oder die Marktschreier
gesellschaftlicher Randgruppen sind Souverän und damit oberster
Gesetzgeber unserer Demokratie, sondern einzig und allein ihre politisch
mündigen, d.h. Zur Mitwirkung bei der Förderung des Gemeinwohles
fähigen und gewillten Bürgerinnen und Bürger,
- ihnen dieses erste und vornehmste Grundrecht jeder wirklichen Demokratie
ja auch in Artikel 20 Absatz 2 unseres Grundgesetzes für jeden
vernünftigen Menschen völlig unmißverständlich
zuerkannt wird, indem es bestimmt:
"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in
Wahlen und Abstimmungen ... ausgeübt.",
- Wahlen allein jedoch, wie sich immer deutlicher zeigt, sind kein
taugliches Instrument zur Ausübung der Staatsgewalt durch das
Volk, da sie dem Wähler laut Bundeswahlgesetz lediglich die Möglichkeit
bieten, alle vier Jahre eine gewisse Auswahl zu treffen.
- Wahlen deshalb unbedingt und unverzüglich auch auf Bundesebene
durch Abstimmungen ergänzt werden müssen, um dem Volk mit
den letzteren tatsächlich, und nicht nur scheinbar, die Möglichkeit
zu geben, im Rahmen der Volksgesetzgebung, durch Volksinitiative,
Volksbegehren und Volksentscheid, Einfluß zu nehmen auf die
politischen Entscheidungsprozesse,
- es zur Ausübung des Abstimmungsrechtes eines Bundesabstimmungsgesetzes
bedarf,
- dieses aber unserem Volke seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes
bis zum heutigen Tage völlig rechtswidrig verweigert wird,
- jedoch vom Volke in seiner Eigenschaft als einziger rechtmäßiger
Souverän und damit auch als oberster Gesetzgeber zur Verabschiedung
eines solchen Gesetzes veranlaßt werden kann und jetzt auch
unbedingt muß,
- ist es doch letztlich nur unser Bundestag mit seiner Parteiengesetzgebung,
die das Entstehen der bereits unser aller Überleben infrage stellenden
ökologischen und zunehmend auch gesell schaftlichen Probleme
erst ermöglichte,
- die allermeisten von ihnen jedoch mit Sicherheit nicht entstanden
wären, wenn schon von Anfang an der Sachverstand und
auch gesunde Menschenverstand der Millionen sich in den verschiedenen
Organisationen, Institutionen und Initiativen unserer Ökologiebewe
gung,
Bürgerrechtsbewegung und nicht zu letzt auch Friedensbewegung
selbstlos um die Förderung des Gemeinwohles bemühenden Bürgerinnen
und Bürger hätten in die Gesetze unseres Staates mit einfließen
können, und sich dann gleichsam wie Sonnenstrahlen im Brennpunkt
einer Sammellinse mit allen Gleichgesinnten in einer Gesamtalternativbewegung
zu vereinigen und damit zu einer gewaltigen demokratischen Kraft zu
werden, um es ganz gewiß zu können.
Aus der Geschichte der Gärtnerhofbewegung
Deren Ursprung ist wohl bei der klassischen deutschen Jugendbewegung zu
suchen, die zu Beginn unseres Jahrhunderts geradezu ungestüm nach
"Aufbruch aus der Öde der Städte zur Geistigkeit des Gartens"
drängte. Es waren zu jener Zeit besonders Max Karl Schwarz,
der mit seinem Gärtnerhofkonzept den Städter zum Gartenbürger
machen wollte, und Leberecht Migge, der durch seinen
Plan, um die Stadt Kiel einen aus Selbstversorgergärten bestehenden
Grüngürtel zu legen, bekannt wurde.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als unsere Industrie weitgehend
zerstört war und überall Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Mangel
an so ziemlich allem, vielfach sogar Hunger und Elend herrschten, griff
Heinrich Jeben die Idee auf. Er machte sie zur Grundlage
seines Kleinsthofplanes, der die Schaffung von Tausenden von aus Einein-halb-Hektar-Kleinsthöfen
bestehenden Nebenerwerbssiedlungen vorsah, die Millionen Menschen wieder
eine sichere Lebensgrundlage bieten sollten.
Nach der Währungsreform und mit Beginn des sog. Wirtschaftswunders
geriet die Gärtnerhofidee dann aber sehr rasch wieder in Vergessenheit.
Doch dank der Weitsicht Wolfgang von Hallers nicht völlig.
Für ihn galt es diese Idee solange zu bewahren, bis auf die "fetten
Jahre" früher oder später mit Sicherheit wieder "magere"
folgen würden. Mit seiner Gärtnerhofbroschüre und später
auch der Errichtung eines Mustergärtnerhofes, von dem u.a. auch der
Impuls zur Gründung einer Gärtnerhofstiftung ausging, gelang
ihm dies auch weitgehend.
Einen bedeutenden Beitrag zur Ausgestaltung der Gärtnerhofidee leistete
auch Oswald Hitschfeld dadurch, daß er in seiner
Broschüre "Die Schaffung landwirtschaftlich- gärtnerischer
Nebenerwerbsstellen" einen sicherlich gangbaren Weg aus der durch
die rasant fortschreitende Rationalisierung in allen Wirtschaftszweigen
bedingte, ebenfalls in immer bedenklicherem Ausmaße ansteigenden
Arbeitslosigkeit aufzeigte.
Ein weiterer wesentlicher Vertreter der Gärtnerhofidee ist Helmut
Huesgens Er betreibt einen Gärtnerhof in Stadtnähe erfolgreich.
In seinem vor kurzem erschienenen kleinen Buch Leben in einer
nachindustriellen Gesellschaft - aber wie? stellt er sein Biohaus mit
Biogarten als Beispiel für eine multifunktionale Lebens-, Arbeits-
und Wirtschaftseinheit vor. Die Einheiten eignen sich vorzüglich
für den Aufbau von Ökodörfern und bietet selbst in der
Stadt Möglichkeiten für ein naturgerechtes Leben.
Und die Bauernschule Hohenlohe bemüht sich darum,
mit ihrem Konzept eines vielfältig vernetzten Systems einer nachindustriellen
Agrar-Kultur-Gesellschaft die Gärtnerhofidee in einen umfassenden
gesellschaftlichen Rahmen zu stellen. Auch will sie selbst einen Muster-Gärtnerhof
anlegen, falls ihr dessen Aufbaufinanzierung gelingen sollte.
Wesen und Aufgaben des Gärtnerhofes
Gärtnerhöfe sind den Lebensbedürfnissen des Menschen wie
der Natur gleichermaßen gerecht werdende Arbeits-, Heim- und Bildungsstätten
mit vielfältig gärtnerisch wie landwirtschaftlich nach ökologischen
Grundsätzen betriebenen Kleinsthöfen als Grundlage. Gleichsam
wie der Kern einer Zelle befnden sich bei ihnen Wohn- und Wirtschaftsgebäude
inmitten ihrer sog. Intensivzone mit Gewächshaus und anderen Einrichtungen
für die Pflanzenanzucht, Frühbeeten und Beeten für Hochleistungs-Mischkulturen.
Diese Zone wird umschlossen von der Großanbauzone für Freilandgemüse,
Hackfrüchte und andere, sich für den feldmäßigen
Anbau eignenden Kulturen. Sie ist meistens eingesäumt von Beeren-
und Spindelobstreihen. Die restlichen Nutzflächen sind die Extensivzone.
Sie wird je nach den verschiedenen Produktionsschwerpunkten der einzelnen
Höfe als Ackerland, Wiese, Weide, Baumschule, Gehege, Kompostieranlage
und auf andere Weise genutzt.
Als die wichtigsten Aufgaben des Gärtnerhofes wären zu nennen:
1. die Versorgung der Bevölkerung mit Agrarprodukten
zu für jedermann erschwinglichen Preisen,
2. Landschaftspflege,
3. Aufforstung,
4. Kompostwirtschaft,
5. Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in Handwerk und Hauswerk,
6. rein praxisbezogene Forschung in allen Bereichen des ökologischen
Land- und Gartenbaus,
7. Entwicklung angepaßter Technik für diese und auch andere
Bereiche,
8. Pflege volkstümlicher Kunst verschiedenster Art
9. und eigenständige politische Regionalentwicklung.
Solche Aufgaben lassen den Gärtnerhof zu einem
Ort der Übung und Reifung werden, der Einübung behutsamen erhaltenden
und fördernden Umgangs mit der Natur und Reifung besonders auch zu
politischer Mündigkeit, ist doch die Politik in unserer wahrhaft
apokalyptischen Zeit zu etwas viel zu Wichtigem geworden, als daß
man sie noch länger unseren Politikern überlassen kann.
Bedeutung des Gärtnerhofes
Man täusche sich nicht: Seit Urzeiten bis weit ins vorige
Jahrhundert hinein war der Mensch fest eingebunden in das Ordnungsgefüge
der Natur. Zuerst war der Mensch Sammler und Jäger, und später
Ackerbauer und Hirte. Er wurde davon in einer Weise geprägt, die
es ihm niemals erlaubt, in der heutigen industriellen Ersatzwelt auf die
Dauer zu leben.
Der Gärtnerhof erscheint dafür als ein geeignetes Werkzeug,
denn im Verlauf der Bewältigung seiner oben aufgeführten Aufgaben
läßt sich ein Fundament für eine nachindustrielle, dem
Menschen und der Natur gleicherweise gerecht werdende Agrar-Kultur-Gesellschaft
legen, auf dem dann ihre drei tragenden Säulen,
- eine, von den Zwängen zu ständigem krebsartigen Wachstum
freien, umweltfreundlichen, res sourcenschonenden, mit mittlerer (angepasster)
Technik gut ausgestatteten Kreislaufwirtschaft,
- eine, die unmittelbare Beteiligung der Bevölkerung an den
für sie lebenswichtigen politischen Entscheidungsprozessen (Direkte
Demokratie) durch Volksgesetzgebung mittels Volksinitiative, Volksbegehren
und Volksentscheid
- und eine, von staatlichen wie wirtschaftlichen Zwängen freie,
sich selbst verwaltenden Einrichtungen der Wissenschaft, Kunst, Religion
und des Erziehungswesens
sicher zu ruhen vermögen. Darin ist seine eigentliche
Bedeutung zu erblicken.
Verwirklichung der Gärtnerhofidee
Mit der Anerkennung des ökologischen Landbaus durch die
Öffentlichkeit und dessen Einbeziehung in die staatliche Förderung
ist ein bedeutender Schritt auf dem Wege zu einer neuen, menschen- und
naturgerechten Gesellschaft bereits getan, der entscheidende, die Einführung
der Volksgesetzgebung durch Verabschiedung eines Bundesabstimmungsgesetzes
jedoch noch nicht. Wenn dieses zweifellos größte Hindernis
für die Entwicklung unseres Staatswesens zu einer wirklichen Bürgerdemokratie
beseitigt sein wird, ist dann der Weg frei für die Verwirklichung
der Gärtnerhofidee.
Selbstverständlich wird dazu eine umfassende Bodenreform erforderlich
sein. Doch wird diese mittels dreistufiger Volksgesetzgebung, die so ablaufen
kann, daß
- auf der ersten Stufe, um nur eine Zahl zu nennen, 100.000 stimmberechtigte
Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer Volksinitiative dem
Bundestag einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung, die
ihnen für das Gemeinwohl wesentlich erscheint, vorlegen,
- auf der zweiten Stufe, sollte das Parlament diesen ablehnen, von
der Initiative versucht wird in der Öffentlichkeit z.B. eine
Million Zustimmungserklärungen für den Vorschlag zu sammeln,
um damit die Berechtigung zur Einleitung eines Volksbegehrens zu erwerben,
- das schließlich nach frühestens einem halben Jahr gründlicher
Diskussion in der Öffentlichkeit auf der dritten Stufe zur Volksabstimmung
führt, wobei Gesetz wird, was die Mehrheit der an der Abstimmung
beteiligten Bürgerinnen und Bürger beschließt, sicherlich
durchgeführt werden können.
Aller Voraussicht nach lassen sich nur noch auf diese
Weise das Bauernsterben und auch die anderen gesellschaftlichen Krebsübel
unserer Zeit erfolgreich bekämpfen.
Bei der Verwirklichung der Gärtnerhofidee geht es im wesentlich darum,
im Laufe der kommenden Jahrzehnte Deutschland mit einem dichtmaschigen
Netz von Gärtnerhöfen zu überziehen und die Städte
mit Grüngürteln aus ihnen zu umgeben. Nur so könnte der
Zerstörung unseres Naturhaushaltes durch unsere heutige Wachstumswirtschaft,
welches alles , was existiert, zur Ware macht, verhindert werden. |
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