Dieter Kersten / Oktober 2004    
Dienstleistungswüste Deutschland  
     
 

Als an einem Tag keine Postzustellung stattfand und ich das dem Zusteller am nächsten Tag vorhielt, bekam ich folgende Antwort: "Ich hatte meine Arbeitszeit überschritten und habe deshalb die Zustellung abgebrochen". Von dritter Seite habe ich gehört, daß ein solches Verhalten von den Gewerkschaften gedeckt wird. Die Geschäftsleitung des Monopolisten Deutsche Post unternimmt gegen eine solche Arbeitsverweigerung auch nichts. Mittelständische Betriebe, wie z.B. DELTA PRO DESIGN UND VERLAG GmbH, in dem die Kommentar-und Informationsbrief NEUE POLITIK erscheint, können sich eine solche Geschäftspolitik, des Nichtbedienens von Kunden, nicht leisten. Sie verärgern die Kunden und gehen pleite, Monopolisten und ihre Partner, wie die Gewerkschaften, können die Kunden gängeln.
Die DEUTSCHE POST, 150 Jahre lang vom deutschen Steuerzahler finanziert und jetzt privatisiert, verkauft am Schalter Briefmarken nur noch im Zehnerpack. Die Menschen, die nur eine Briefmarke haben wollen, werden an den Automaten verwiesen.

Mein Neffe, der in meinem Auftrag vor kurzem Briefmarken holte, wurde beschieden, daß es eine Briefmarke im Wert von € 4,10 (Päckchen) nur am Automaten gäbe. Das geschah in einem sehr muffligen Ton, den ich selber zur Genüge kenne. Wir waren uns einig, daß das Personal in unserem Postamt Berlin-Wilmersdorf, Ausnahmen wie immer ausgenommen, einen sehr kundenfeindlichen Eindruck macht. Entsetzlich, wenn ein Kunde kommt, das macht ja nur Arbeit.

Das Thema Büchersendung wäre was für das Kabarett. Vor längerer Zeit hatte ich im Kommentar-und Informationsbrief NEUE POLITIK schon einmal eine Glosse über 20 g schwere Bücher geschrieben. Ich will das nicht wiederholen. Eine Büchersendung, groß bis 500 g, kostet € 0,77 (alt DM 1,50). Da es die Deutsche Post nicht fertig bringt, einen 77-Cent-Briefmarke herauszugeben, werden immer noch die alten DM-Briefmarken, und zwar in zwei Werten, verkauft: 1 Briefmarke à DM 1,00 + 1 Briefmarke á DM 0,50. Nun brauchten wir im Verein 200 Briefmarken. á 77 Cent. Große Aufregung im ganzen Postamt Berlin - Wilmersdorf und ein mühevolles Zusammensuchen der Werte an allen Schaltern, immerhin, könnten Sie, verehrte Leser, sagen. Im Postamt Berlin-Neukölln gab es die Werte überhaupt nicht. Dabei haben wir noch Glück gehabt: ich bin eines Tages an einem Schalter des Postamtes Berlin-Wilmersdorf allen Ernstes und sehr rüde gefragt worden, wozu ich denn Briefmarken zu 77 Cent bzw. DM 1,00 + DM 0,50 brauchte.

Es gibt übrigens - soweit ich es verstanden habe - innerhalb der Postämter keine Vorgesetzten - bzw. Beschwerde-Stellen mehr. Als ich eine Nachnahme aufgab und die Überweisung, die ich richtig ausgefüllt hatte, von der Frau (Dame???) am Schalter falsch verändert wurde, und ich nach dem Vorgesetzten fragte, zeigte sie mit dem Finger auf sich selbst. Mir blieb nichts anderes übrig, als von Hause aus die Hotline anzurufen, die im Gebührenheft angegeben ist. Ich schilderte den Vorgang, bekam recht, und der Herr am anderen Ende versprach, eine Belehrung zu veranlassen. Gleichermaßen habe ich mich, bei einem anderen Anruf, über die Nichtzustellung der Post beschwert. Da hörte ich nur ein unverständliches Nuscheln über Schwierigkeiten, die ja mal auftreten können.

Die Deutsche Post ist ja nicht der einzige Dienstleister, der unangenehm und wirtschaftsfeindlich auffällt. Über die Probleme bei und mit der Deutschen Bahn habe ich auch schon berichtet. Ich höre immer wieder von Dienstleistungsdefiziten, wie auch bei der Deutschen Telekom. Beides sind ehemalige Staatsbetriebe, ursprünglich steuerzahlerfinanziert, deren Mitarbeiter, so wird immer wieder gesagt, "Beamtenmentalität" verinnerlicht hätten. Ich glaube das nicht. Die "Mentalität" steckt viel tiefer. Ein Bekannter sagte mir einmal, wenn ich wüßte, wie wenig Geld und wie viel Arbeit - in diesem Fall ging es um eine Verkäuferin - diese hätten, dann würde ich verstehen, weshalb viele so unfreundlich sind. Als wenn viel Arbeit und wenig Geld Unfreundlichkeit bedeuten muß. In Deutschland, und nur das kann ich beurteilen, gibt es eine weit verbreitete Leistungs-Verweigerungs-Mentalität,die aus dem Anspruch des Staates entstanden ist, für alles sorgen zu müssen, weil wir, die Bürger, eigentlich zu dumm sind, unser eigenes Leben in den Griff zu bekommen. So passiert sozusagen Leistungs-Verweigerung im Umkehrschluß. Die Gewerkschaften leben nahezu von dieser Leistungs-Verweigerungs-Mentalität.

Ich glaube, ich wiederhole mich, wenn ich noch einmal berichte, daß an einigen Berliner Schulen die Lehrer sich weigern, Schüler-Aktivitäten außerhalb des originären Schulbetriebes zu betreuen, weil der Schulsenator, im Rahmen der geltenden Rechts, verfügt hat, daß die Lehrer zwei Stunden mehr in der Woche arbeiten müssen. Daraufhin hat die Gewerkschaft ihren Mitgliedern empfohlen, sich zu verweigern.

In Deutschland verweigert man sich nicht, wenn Freiheit in Gefahr ist, sondern wenn die vermeintliche Bequemlichkeit und der Geldbeutel betroffen sind. Der deutsche Michel mit der Zipfelmütze, daß ist das treffende Bild. Leider ist es viel zu lustig.

Solche Leistungs-Verweigerung-Haltung wird dort praktiziert, wo die Mitarbeiter von ihren "Vorgesetzten"- von der "Unternehmenskultur"- falsch ausgebildet sind. Ich bin, Gott sei's geklagt, seit meiner Jugendzeit Kunde der Berliner Bank (BB), Teil der berüchtigten Bankgesellschaft Berlin, die durch Geldgier und Betrug ihrer Führungsetagen, vieler Etagen darunter, und der Politiker, mit Recht in Verruf und in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen ist. Es gibt in einer solchen Bank immer wieder Mitarbeiter, die meinen, eine Firma, wie DELTA PRO DESIGN UND VERLAG, in der die NEUE POLITIK erscheint, wäre eine Bittstellerin, welche glücklich ist, an "ihrem Institut" ein Konto zu haben. Vielleicht wäre ich hoch angesehen, wenn ich Schulden hätte? Freunde behaupten das, ich habe aber Bedenken. Seit ich die NEUE POLITIK herausgebe, brauche ich für die Abonnenten und Buchkunden Überweisungsformulare, die mir am Anfang kostenlos zur Verfügung standen. Mit einem Mal, sozusagen nach "Gutsherrenart", kosteten die Formulare Geld. Jetzt bekomme ich mit dem Bemerken "Wir sind ja keine Druckerei" (was ich nie behauptet habe) überhaupt keine Überweisungsformulare mehr. Die Dienstleistung wird verweigert und das Geld weiter gescheffelt.. Gleichzeitig wurde nämlich die Guthaben-Verzinsung eingestellt. "Das hat nichts miteinander zu tun", fuhr mir mein Firmen-Sachbearbeiter bei der BB über den Mund. Dienstleistungswüste Deutschland, das schoss mir durch den Kopf. Ich wundere mich nicht mehr, daß Firmen aus Deutschland abwandern und das es in Berlin kaum mehr Industrieansiedlungen gibt. Das Lohnniveau und die Sozialabgaben spielen wahrscheinlich eine untergeordnete Rolle. Entscheidend scheint mir die deutsche Leistungs-Verweigerungs-Mentalität zu sein, gerade auch bei den Monopolbetrieben und bei Banken. Erfreuliche Ausnahmen gibt es natürlich immer wieder. Sonst würde ja nichts mehr funktionieren, noch nicht einmal die Montagsdemonstrationen. Zu der Leistungs-Verweigerungs-Mentalität kommt noch die staatliche Bürokratie, die der Dienstleistungswüste Deutschland die Krone aufsetzt.. Das ist aber ein Thema für sich.

(D.K.) Zu allem „Überfluß“ bin ich auch noch Briefmarkensammler und als solcher ebenfalls Kunde der Deutschen Post. Unter dem Datum Frankfurt, den 5. September 2004 erhielt ich eine Einladung zur 3. Philatelia und MünzExpo in Leipzig. Es heißt in dieser Einladung: > Sehr geehrter Herr Kersten, die sächsische Landeshauptstadt ist zum dritten Mal Gastgeber der Philatelie ....<
PISA läßt grüßen. Leipzig ist nie sächsische Landeshauptstadt gewesen. Das war immer Dresden. Nur die Deutsche Post weiß das nicht. Ich möchte den Abteilungsleiter Philatelie, Jörg Meißner, aus Frankfurt am Main nicht prüfen, indem ich ihn bitte, mir auf der Deutschlandkarte Leipzig und Dresden zu zeigen.

 
     
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