Im
März d. J. hatte ich mich über die Anwaltskanzlei Zuck &
Quaas in Stuttgart an der Verfassungsbeschwerde gegen das Gesundheitsmodernisierungsgesetz
beteiligt. Diese Verfassungsbeschwerde ist vom Verein gesundheit aktiv
anthroposophische heilkunst e.v., Johannes-Kepler-Straße 56, 75378
Bad Liebenzell, initiiert worden. Ich war einer von 6575 Beschwerdeführer.
Es ging um die anthroposophische Medizin, die zwar gesetzlich
als solche anerkannt ist, deren Arzneimitteltherapie aber von den Krankenkassen
nicht bezahlt wird. Die Arzneimittel der anthroposophischen Medizin sind
fast ausnahmslos nicht verschreibungspflichtig, wie homöopathische
Heilmittel und die meisten anderen Naturheilmittel auch. Nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt.
Es ist ein Stück aus dem Tollhaus unserer politischen
Klasse, daß das Prinzip "anthroposophische Medizin" anerkannt
wird, die dazugehörige Therapie aber nicht bezahlt wird. Jede Dummheit
und jeder Betrug wird als Erfolg gefeiert. Unsere Medien machen weitgehend
mit.
Gegen diese gesetzlich abgesicherte Praxis der Einschränkung
von Therapiefreiheit richtete sich die Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht
hat die Beschwerde nicht angenommen, indem es sich für unzuständig
erklärt hat. Die Betroffenen müssen den langwierigen Weg über
die Sozialgerichte einschlagen, um ihre Forderungen gegenüber den
Krankenkassen einzuklagen. Vermutlich müssen alle Instanzen durchlaufen
werden, so daß eine solche Klage 8-10 Jahre dauern wird. Prof. Dr.
Rüdiger Zuck wird für zwei Beschwerdeführer Musterverfahren
in der Sozialgerichtsbarkeit durchführen.
Nach meiner Meinung ist das gesamte Krankheitswesen von
einer tiefen Vertrauenskrise betroffen, ein Vorgang, der, wenn ich nur
bei Deutschland bleibe, Tausende von Toten fordert. Nur eine völlige
Therapiefreiheit kann das Krankheitswesen in ein wirklich solidarisches
Gesundheitswesen umwandeln. Es ist ein politisches Unding, wichtige gesundheitliche
Fragen den Gerichten zu überlassen. Wer kein Geld hat, kann die Arzneimittelkosten
nicht vorstrecken und keinen Prozeß führen.
Therapiefreiheit schützt natürlich nicht vor
Therapie-Irrtümern und vor verpatzten Operationen. Statt die Freiheit
zu verhindern und zu behindern, sollten die Krankenkassen viel mehr darauf
acht geben, daß den Menschen gesundheitlich nicht - laufend - geschadet
wird. Dazu gehört mit Sicherheit ein Geld-Fonds, aus dem Straf-Prozesse
gegen Ärzte, Heiler Pharmaindustrie, Mobilfunkbetreiber, Zigarettenindustrie,
und vieles andere mehr finanziert werden müssen. Die Qualität
der Ärzte sollte ständig kontrolliert werden.
Auch das Justizwesen steckt in einer schweren Vertrauenskrise.
Ein acht bis zehn Jahren langer und juristisch schwerer Gang durch die
Instanzen der Sozialgerichte ist keinem Menschen zuzumuten, ob krank oder
gesund. Die Justizkrise findet auch in Zivil- Straf- und Steuersachen
statt. Auch das Recht muß auf neue Füße gestellt werden.
Es muß mehr den Menschen zugeordnet werden als den Sachen.
Wenn hier in Berlin Menschen, die ihr Recht dringendst
suchen, von Richtern gesagt bekommen, sie, die Richter, wären unabhängig
und würden ihre Arbeitszeit selbst bestimmen, so fühlt sich
der Bürger in das Zeitalter des Feudalismus zurückversetzt.
So wie sich Ärzte in Heiler wandeln müssen,
so sollten Juristen Gemeinschaftsbildner werden.
Wir brauchen eine direkte Demokratie durch überschaubare
politische Nachbarschaften, in denen durch die ständige Beratung
der gesunde Menschenverstand der Bürger Medizin und Justiz auf ihre
ureigensten Aufgaben zurückführt.
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