Dieter Kersten / Oktober 2004    
Vertrauenskrise in Medizin und Justiz  
     
 

Im März d. J. hatte ich mich über die Anwaltskanzlei Zuck & Quaas in Stuttgart an der Verfassungsbeschwerde gegen das Gesundheitsmodernisierungsgesetz beteiligt. Diese Verfassungsbeschwerde ist vom Verein gesundheit aktiv anthroposophische heilkunst e.v., Johannes-Kepler-Straße 56, 75378 Bad Liebenzell, initiiert worden. Ich war einer von 6575 Beschwerdeführer.

Es ging um die anthroposophische Medizin, die zwar gesetzlich als solche anerkannt ist, deren Arzneimitteltherapie aber von den Krankenkassen nicht bezahlt wird. Die Arzneimittel der anthroposophischen Medizin sind fast ausnahmslos nicht verschreibungspflichtig, wie homöopathische Heilmittel und die meisten anderen Naturheilmittel auch. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt.

Es ist ein Stück aus dem Tollhaus unserer politischen Klasse, daß das Prinzip "anthroposophische Medizin" anerkannt wird, die dazugehörige Therapie aber nicht bezahlt wird. Jede Dummheit und jeder Betrug wird als Erfolg gefeiert. Unsere Medien machen weitgehend mit.

Gegen diese gesetzlich abgesicherte Praxis der Einschränkung von Therapiefreiheit richtete sich die Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde nicht angenommen, indem es sich für unzuständig erklärt hat. Die Betroffenen müssen den langwierigen Weg über die Sozialgerichte einschlagen, um ihre Forderungen gegenüber den Krankenkassen einzuklagen. Vermutlich müssen alle Instanzen durchlaufen werden, so daß eine solche Klage 8-10 Jahre dauern wird. Prof. Dr. Rüdiger Zuck wird für zwei Beschwerdeführer Musterverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit durchführen.

Nach meiner Meinung ist das gesamte Krankheitswesen von einer tiefen Vertrauenskrise betroffen, ein Vorgang, der, wenn ich nur bei Deutschland bleibe, Tausende von Toten fordert. Nur eine völlige Therapiefreiheit kann das Krankheitswesen in ein wirklich solidarisches Gesundheitswesen umwandeln. Es ist ein politisches Unding, wichtige gesundheitliche Fragen den Gerichten zu überlassen. Wer kein Geld hat, kann die Arzneimittelkosten nicht vorstrecken und keinen Prozeß führen.

Therapiefreiheit schützt natürlich nicht vor Therapie-Irrtümern und vor verpatzten Operationen. Statt die Freiheit zu verhindern und zu behindern, sollten die Krankenkassen viel mehr darauf acht geben, daß den Menschen gesundheitlich nicht - laufend - geschadet wird. Dazu gehört mit Sicherheit ein Geld-Fonds, aus dem Straf-Prozesse gegen Ärzte, Heiler Pharmaindustrie, Mobilfunkbetreiber, Zigarettenindustrie, und vieles andere mehr finanziert werden müssen. Die Qualität der Ärzte sollte ständig kontrolliert werden.

Auch das Justizwesen steckt in einer schweren Vertrauenskrise. Ein acht bis zehn Jahren langer und juristisch schwerer Gang durch die Instanzen der Sozialgerichte ist keinem Menschen zuzumuten, ob krank oder gesund. Die Justizkrise findet auch in Zivil- Straf- und Steuersachen statt. Auch das Recht muß auf neue Füße gestellt werden. Es muß mehr den Menschen zugeordnet werden als den Sachen.

Wenn hier in Berlin Menschen, die ihr Recht dringendst suchen, von Richtern gesagt bekommen, sie, die Richter, wären unabhängig und würden ihre Arbeitszeit selbst bestimmen, so fühlt sich der Bürger in das Zeitalter des Feudalismus zurückversetzt.

So wie sich Ärzte in Heiler wandeln müssen, so sollten Juristen Gemeinschaftsbildner werden.

Wir brauchen eine direkte Demokratie durch überschaubare politische Nachbarschaften, in denen durch die ständige Beratung der gesunde Menschenverstand der Bürger Medizin und Justiz auf ihre ureigensten Aufgaben zurückführt.

 
     
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