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Große
Teile des Textes sind bereits Anfang Oktober geschrieben worden, vor den
us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Inzwischen ist George W.
Bush wiedergewählt worden, und wenn man den veröffentlichten
Wahlergebnissen Glauben schenken kann, diesmal mit einer nicht anfechtbaren
Mehrheit der Stimmen.
Angesichts dieser Mehrheit von Stimmen ist Kritik an Bush auch Kritik
am us-amerikanischen Volk und an deren kultur-politischer und demokratischer
Verfassung. Im Editional September 2004 des Kommentar-und Informationsbriefes
stellte ich einen Zusammenhang zwischen dem religiösen Wahn eines
Muqtada al-Sadr im Irak und eines George W. Bush in den USA her. Von Muqtada
al-Sadr hört man (zur Zeit) nichts mehr, von George W. Bush sehr
viel. Welch einen Vergleich kann man in unserer Zeit noch führen?
Mir fällt da nur ein Vergleich mit der Vergangenheit ein, - Adolf
Hitler -, vor allen Dingen, wenn ich an das Ausmaß der Katastrophe
denke. Hitler und Bush scheinen Brüder im Geiste religiöser
Menschenverachtung zu sein, auch wenn Hitler sicher nicht so oft einen
"Gottesdienst" besucht hatte, wie es Bush tut.
Ebenfalls in der September-Ausgabe des Kommentar- und Informationsbriefes
erwähnte ich am Schluß meines Beitrages Palästina,
Israel, die Massenvernichtungswaffen und der 3. Weltkrieg die
Armaged-don-Sehnsucht us-amerikanischer Bevölkerungskreise. Der letzte
große Krieg der Apokalypse scheint in Form einer Massenpsychose
eine Todessehnsucht zu produzieren, die weit über den christlich-jüdischen
Mythos der Bibel und den letzten Kampf der germanischen Götter -
Götterverhängnis (auch Götterdämmerung) genannt -
hinaus geht. Verbunden wird dieses Geplapper mit der ebenfalls mit religiöser
Inbrunst gesprochenen Behauptung, daß nur die Globalisierung der
(Welt-) Wirtschaft den Menschen Wohlstand und Erfüllung ihrer Gottessehnsucht
nach "Wohlstand für alle" bringt. Dabei zeigt sich in der
Realität, daß es einer bestimmten Clique um einen ungehinderten
Zugang zu allen Ressourcen dieser Erde geht. In Deutschland ist die gesamte
politische Klasse, voran die Bundesregierung, ein allzu williges Werkzeug
einer sich daraus entwickelnden us-amerikanischen Alleinherrschaft über
die ganze Erde. Wenn sich das auch nicht in der reinsten Form vollenden
lassen wird, werden die Schäden an Menschen, Kulturen und Umwelt
riesengroß sein - bevor die Menschheit in einen Bewußtseinswandel
eintritt, der weg von der Vernichtung (dem Kampf) hin zum gemeinsamen
friedlichen Handeln führt. Deshalb ist friedlicher Widerstand der
Deutschen und der Europäer geboten, bis hin zur militärischen
Neutralität, mit allen diplomatischen Geschick, aber auch mit aller
Klarheit.
Vorerst sprechen deutsche Radiokommentatoren nach der Wahl von der us-amerikanischen
"Kolonie Europa", zu dem bekanntlich auch Deutschland gehört.
Das Wahlergebnis in den USA ist ein guter Grund, über "Demokratie"
nachzudenken. Ich will das in diesem Rahmen nur insoweit tun, als daß
ich das Wahlmännersystem bei den Präsidentschaftswahlen als
äußerst undemokratisch bezeichne. Eine Stimme kann dafür
entscheidend sein, daß alle Wahlmänner (und Frauen) eines Bundesstaates
verpflichtet werden, geschlossen für den Kandidaten zu stimmen, der
diese eine Stimme Mehrheit errungen hat. Die anderen Stimmen fallen "unter
den Tisch". Vielleicht sollte die deutsche Bundesregierung über
die Goethe-Institute eine Demokratisierungs-Kampagne in den USA starten
- um endlich Demokratie in den USA einzuführen.
Sie werden mich inzwischen genügend kennen, um die Ironie in diesem
Vorschlag zu bemerken. Als Kritiker unser demokratischen Fehlentwicklungen
kann ich diesen Vorschlag selbst nicht ernstnehmen.
Nun folgt das, was ich schon Anfang Oktober zusammengefaßt und kommentiert
hatte. Am Schluß bringen ich dann noch einige Auszüge aus einem
Beitrag von Jürgen Rose, Leserinnen und Lesern der NEUEN POLITIK
schon bekannt und noch Oberstleutnant der Bundeswehr.
Aus einer dpa-Nachricht, die ich am 16. September im ARGENTINISCHEN TAGEBLATT
gefunden habe und die die Überschrift Tiefschläge, Witze
und Unterhaltung - Im US-Wahlkampf zählt Politik kaum trägt,
zitiere ich folgenden Absatz. > Paradoxerweise hat der Kampf um die
Sympathien der Wähler dazu geführt, daß 2004 nach Ansicht
vieler Kommentatoren der schmutzigste Wahlkampf der US-Geschichte droht.
Denn die Kehrseite dieser Emotionalisierung ist der Versuch beider Seiten,
den Gegenkandidaten menschlich so mies wie nur möglich darzustellen.
Negativkampagnen haben bereits zig Millionen Dollar verschlungen. Die
Kandidaten sehen sich mit einer Flut von Diffamierungen konfrontiert:
Koks-Schnupfer, Drückeberger und Lügner sind nur einige der
Anwürfe, mit denen Bush konfrontiert ist. Kerry wird als Vaterlandsverräter,
Folterer, Simulant und Opportunist hingestellt. Witzig finden das beide
nicht. <
Nanu, frage ich mich als europäischer Zeitgenosse, warum eigentlich
nicht witzig. Erscheinen mir doch die Nominierungs-Parteitage beider Flügel
der us-amerikanischen Einheitspartei als schlechte Karnevals-Prunksitzungen
bzw. - veranstaltungen. Nach meiner Auffassung können Kandidaten,
die mit einem solchen Tamtam auf "Wahlparteitagen" gewählt
werden, kein Land regieren, welches Atomwaffen hat. Stellt sich überhaupt
ein intelligenter, ernst zu nehmender Kandidat der Wahl zum Präsidenten
der Vereinigten Staaten?
Was unterscheidet Kerry von Bush? Seine Frau Theresa. Sie ist nämlich
keine geborene US-Bürgerin! Sie scheint selber denken zu können!
Vielleicht ist das entscheidend. Sollte Kerry Präsident werden, so
kommt es auf die Auswahl seiner Mitarbeiter an. Da wird Kerrys Frau ein
Wort mitreden wollen. Nachtrag: Adé, du schöne Hoffnung, denn
Kerry ist nicht gewählt worden.
Ansonsten und was den Irak-Krieg betrifft, Kerry nimmt auch das gegen
jedes Völkerrecht verstoßende Recht in Anspruch, überall
auf dieser Erde und ohne irgend jemanden zu fragen zu müssen, militärisch
tätig sein zu dürfen. Da ist kein Land ausgenommen, auch nicht
die Bundesrepublik Deutschland.
Um es noch einmal deutlich zu machen: dieses Recht kommt nach Auffassung
beider Präsidenten-Kandidaten nur den USA zu, keinem anderen Staat
dieser Erde, auch nicht Rußland. In diese Richtung sind zwar die
Töne moderater, aber es ist klar, nur gods own land hat dieses Privileg.
Da sind sich übrigens Schröder, Fischer, Bush, Powell und Kerry,
um nur einige zu nennen, sehr einig: die USA sind jederzeit berechtigt,
die Menschenrechte außer Kraft zu setzen. Wer Terrorist oder ein
Schurkenstaat ist, das wird im Oval Office des Weißen Hauses, in
Washington D.C., festgelegt.
Aus einem Gespräch mit Reinhard Mutz, Wissenschaftlicher Direktor
des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg,
welches Lutz Herden führte und welches im FREITAG vom 17. September
veröffentlicht wurde, zitiere ich drei Fragen und drei Antworten:
> Zurück zu den Ankündigungen russischer Militärs
- wie beurteilen Sie deren Position aus völkerrechtlicher Sicht?
Als absolut inakzeptabel, was die Erwägung militärischer Angriffe
auf Ziele in anderen Staaten anbelangt. Ich zweifele nur, ob wir es schon
mit einer russischen Position zu tun haben. Bisher hat sich kein Politiker
der ersten Garnitur die Auffassungen des Generalstabschefs zu eigen gemacht.
Unabhängig davon - warum reagiert der Westen so aufgebracht,
teilweise hysterisch, wenn für die USA so genannte präventive
Schläge inzwischen als Gewohnheitsrecht gelten?
Das war für mich der überhaupt aufschlußreichste
Aspekt des ganzen Vorgangs, das Erschrecken, die Verstörung in den
Reaktionen der westlichen Öffentlichkeit. Offenbar sind es zwei sehr
verschiedene Dinge, über präventiven Gewaltgebrauch nur abstrakt
zu disputieren und plötzlich eröffnet zu bekommen, sich möglicherweise
selbst im Fadenkreuz solcher Planungen zu befinden. Vielleicht begreifen
wir jetzt etwas besser, wie denjenigen Bevölkerungen zumute sein
muß, die das Pech haben, in einem Land zu leben, das auf der Liste
der Schurkenstaaten steht.
Ist nicht das reklamierte Recht auf eine Selbstverteidigung durch
Erst- oder Präventiv-Schläge dazu angetan, die Idee der Vereinten
Nationen - vor allem das Gebot des Gewaltverzichts nach Artikel 2/Absatz
IV der UN-Charta - zu zerstören?
Mit Selbstverteidigung hat ein Präventivkrieg so viel gemein
wie Kannibalismus mit der haute cuisine. An keinem zweiten Begriff unserer
politischen Sprache wird derzeit so zielstrebig manipuliert. Die Abwehr
eines bewaffneten Angriffs, das ist Selbstverteidigung, und nichts sonst.
Ein einziger Staat hatte in jüngster Zeit sowohl den Anlass als auch
das international verbürgte Recht, sich selbst zu verteidigen. Das
war der Irak vor anderthalb Jahren. < ..........
Die Unterstreichung eines Teils einer Frage stammt von mir. In diesem
Interview ging es, Sie haben es gemerkt, liebe Leserin, lieber Leser,
gar nicht um die USA, sondern um Rußland, in dem nach der Geiselnahme
von Beslan russische Militärs ankündigten, weltweit Terroristen
jagen zu wollen. Sie, die russischen Uniformträger, haben damit die
gleiche Position eingenommen, wie die beiden us-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten.
Wo gibt es da noch einen Unterschied in der menschenrechtsfeindlichen
Geisteshaltung der russischen militärisch-politischen Elite und der
us-amerikanischen?
Nun die angekündigten Textausschnitte aus einem Beitrag von Jürgen
Rose in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 5. November unter der Überschrift
Der Transformator und unter der Unterüberschrift
Die Bundeswehr schrumpft um viele Standorte: Wie Peter Struck
die Armee verkleinert und zugleich zur globalen Interventionstruppe umbaut:
> Was nicht schrumpft, sondern was ganz im Gegenteil bis an die von
Verfassung und Völkerecht gezogenen Grenzen - und darüber hinaus
wie mehrmals geschehen - ausgeweitet wird, ist die Mission, welche die
Bundeswehr zu erfüllen hat. Gab der weltkriegsgeprägte, christlich
konservative Richard von Weizsäcker als Amtsinhaber noch zu Protokoll,
das Letzte, worauf die Welt warte, sei der Tritt deutscher Soldatenstiefel,
rechnet es sich das Duo Schröder-Fischer erklärtermaßen
als Verdienst an, der eigenen Anhängerschaft im Rekordtempo jedwede
pazifistischen Flausen ausgetrieben zu haben - gepriesen als "Enttabuisierung
des Militärischen". .......... Interessante Implikationen birgt
zuvörderst die vom Verteidigungsminister vorgenommene Zielbeschreibung
für die so genannte "Transformation" der Bundeswehr, nämlich
die "Entwicklungen in den VN (Vereinten Nationen - die Red.), in
NATO und EU so umzusetzen, daß die Bundesrepublik Deutschland mit
ihren Streitkräften handlungsfähig bleibt und sich eine angemessene
Mitsprachekompetenz erhält". Legitimierte dereinst Friedenssicherung,
basierend auf einer Kombination von Abschreckungs- und Entspannungspolitik,
die Existenz der Bundeswehr, so gilt heutzutage offenbar das olympische
Motto "Dabeisein ist alles". Militärische Handlungsfähigkeit
- für welchen Zweck auch immer - wird als ein Wert an sich empfunden.
Insofern wird unmißverständlich ein globales Interventionsvermögen
reklamiert: "Die Bundeswehr trägt mit weltweit einsetzbaren,
schnell verlegbaren und technisch hochwertig ausgerüsteten Kräften
dazu bei, die Sicherheit der Staatengemeinschaft zu erhöhen",
heißt es in der erwähnten "Konzeption der Bundeswehr".
Hierzu ist anzumerken, daß dort, wo ohne klares völkerrechtliches
Mandat interveniert wird, regelmäßig das genaue Gegenteil von
Stabilität und Sicherheit - nämlich Chaos und Anarchie (siehe
Irak) - erzeugt werden. Außerdem geben selbst dort, wo Militäroperationen
völkerrechtskonform ablaufen, deren bislang eher magere Ergebnisse
Anlaß zu der Frage, ob nicht allein schon unter Kosten-Nutzen-Aspekten
der Griff nach nicht-militärischen Instrumentarien weitaus effizienter
wäre. ....... Wie ein Kanzler den Regierungsfraktionen im Bundestag
notfalls Gefolgschaft abfordern kann, hat schließlich Gerhard Schröder
nach dem 11. September 2001 mustergültig vorexerziert. Wer das Votum
für einen Militäreinsatz mit der Vertrauensfrage verknüpft,
erhebt die freie Gewissensentscheidung des Abgeordneten zum Luxusgut,
besonders dann, wenn nach einem Kanzlerrücktritt Neuwahlen und möglicherweise
der Verlust des Parlamentssitzes drohen. Die nicht von der Hand zu weisende
Gefahr einer solchen Prozedur liegt darin, daß dabei unversehens
das Grundgesetz auf der Strecke bleibt. ........ <
So bin ich am Schluß wieder in Deutschland gelandet. Den vollständigen
Text von Jürgen Rose können Sie übrigens auch auf der Web-Seite
von www.freitag.de
nachlesen.
Das Irrenhaus oder
wie Marx ( Wolf Schenke )
durch die Wolken blickt
Der Terror treibt den Terror an
zur Rache kommen Bomben dran
die treiben Terror weiter dann
Regierungskunst ist riesig groß
die Ziele gehen in die Hos'
Das Arbeitslosenheer halbieren
Die Haushalte danach sanieren
die einen sollen länger schaffen
die andern in die Röhre gaffen
die Ossis sollen nach Osten sehen
um Sparen besser zu verstehen
das Wachstum wird zur heiligen Pflicht
Naturzerstörung sehen wir nicht
von Liebe tönt es im Gotteshaus
die Nichtbeamten schmeißt man raus
wir beten an das Kapital
angeblich gibt's da keine Wahl
wir tanzen um das harte Geld
die neue Ordnung für die Welt.
(Vox) Sept.2004
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