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Nein,
ich will nichts über deutsch-innerkatholische / christliche Dissonanzen
und Richtungsstreits sagen. Und ja, der neue Papst war vorher Haupt der
Nachfolgeorganisation der Inquisitionsbehörde, der "Apostolischen
Kongregation zur Wahrung des Glaubens". Und, ja, mit vierzehn, fünfzehn
war er Mitglied der HJ gewesen (und vorher wahrscheinlich der "Jungpimpfe"),
wie englische Billigmassenblätter lüstern und sensationsgierig
in diesen Tagen herausstellen. Und der Kommentator bekennt zusätzlich:
Er - aus "rheinisch-katholischem" Elternhause stammend - ist
vom Gleichgültigen zum Gegner der katholischen Kirche geworden, nicht
zuletzt, nachdem er in Berlin ihre wohl engherzigste und spießigste
deutsche Variante, den hier dominanten "schlesisch-polnischen"
Katholizismus, zu nahe kennen gelernt hat. Der Schreiber dieser Zeilen
hat aber in Schule und Universität soviel kulturelle Bildung erfahren,
daß er auch die historischen Verdienste der katholischen Kirche
für die Werdung Europas und dieses Landes genau zu schätzen
weiß. Ohnehin gilt: Der Papst hat nur Macht über die Köpfe,
die seine Dogmen anerkennen.
Und dennoch: Mit der Wahl Benedikts XVI. sind wir Zeugen eines Jahrtausendereignisses
geworden. Der letzte Papst aus dem Gebiet des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation - genauer: aus der Stadt Utrecht, die damals
freilich noch nicht zu den nichtexistenten Niederlanden zählte -
war Hadrian VI. vor 482 Jahren. Und für "deutsche" Päpste
davor muß man erneut rund 500 Jahre zurückgehen. Johannes Paul
II. wurde in den Medien als "Jahrtausendpapst" bezeichnet, aber
sollten wir für eine solche Würdigung nicht doch noch ein paar
Jahrhunderte warten? Jahrtausendereignisse hingegen sind momentanen Charakters
und treten sofort ein, und ein solches ist die Wahl Benedikts XVI. für
uns in Deutschland. Wäre das nicht in jedem anderen Land auf dem
Globus ein Grund zur Freude?
Aber nein - Gott bewahre sozusagen - Ablehnung, Bekrittelung, Gleichgültigkeit,
der Wunsch nach etwas anderem, vermeintlich besseren, bestimmen weite
Teile der veröffentlichten und auch der öffentlichen Meinung
(in diesem Fall: z. B. ein Papst aus Südamerika oder Afrika). Das
ist so ähnlich wie beim Umgang mit zweiten, dritten und vierten Plätzen
hier im Sport, nur in ungleich größerem Maßstab. Fehlender
Werte-, Religions-, Geschichtsunterricht? Sicher, alles hat damit zu tun.
Doch mehr: Warum nur, warum nur kann sich dieses Land, kann sich diese
gesamte Gesellschaft jenseits von Fußball-WM's nicht ganz einfach
einmal für eine historische Sekunde FREUEN? Einer VON UNS ist nach
Jahrhunderten in das vielleicht höchste und zugleich angesehenste
Amt gewählt worden, was die Welt zu vergeben hat! Wäre die deutsche
Gesellschaft ein einzelner Mensch mit solch' ewig negativen Eigenschaften
und Denkweisen, wie sie sich jetzt sofort wieder äußern - er
(oder sie) wäre ein richtig schön widerlicher und gleichzeitig
bemitleidenswerter Zeitgenosse. |
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