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Wenn
ich mich nicht sehr irre, dann habe ich meinen letzten Beitrag über
China im September 1998 geschrieben. Es ging damals um die Überschwemmungs-katastrophe
in Kreis und Stadt Wuhan und dem Dongtin-See. Es waren, so schrieb ich
damals die größten Überschwemmungen in der Geschichte
Chinas. Ich schilderte dann anhand eines Berichtes die 600 Jahre dauernde
permanente Unfähigkeit der Führungspersonen in China mit dem
besonderen Höhepunkt Mao Tse Tung, seiner Clique und seiner Nachfolger,
die zu einer menschlichen, ökologischen, ökonomischen Katastrophe
und möglicherweise politischen Krise führen wird, die dann von
der Solidargemeinschaft Erde bewältigt werden muß.
Zugegeben, ein hartes Urteil, welches die Chinesen in
ihrem Stolz auf ihre alte Kultur aber auch treffen soll. Es gibt keine
auserwählten Völker!
China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde.
Die Volksrepublik China (ohne Hongkong und Macau) ist 9571 Tausend (neunmillionenfünfhundert-einundsiebzigtausend)
km2 groß und hat 1 262 280 000 (einemilliardezweihunder-tzweiundsechzigmillionenundzweihundertachtzigtausend)
Einwohner, d.h. durchschnittlich auf 1 km2 wohnen 132 Menschen.
Ökologische, wirtschaftliche und politische Krisen
können große Auswirkungen auf alle anderen Staaten dieser Erde
haben. Viele spektakuläre Ereignisse in Asien, wie z.B. das Erdbeben
vor Sumatra und die sich anschließende Riesenwelle (Tsunami) sind
angesichts der Probleme, vor denen die Volksrepublik China (und wir alle)
stehen, "Peanuts". Ein deutscher Bundeskanzler, der in China
nur Industriegüter verkaufen will, muß in seiner Politik gegenüber
China scheitern. Er muß in erster Linie Kenntnisse und Verständnisse
über China haben, wobei ich einige Themen sicher anders sehe, als
die politische Klasse Chinas.
Der koloniale Druck auf die Volksrepublik China, insbesondere
die Gier der kapitalistischen Weltkonzerne, gestützt von der Militärmacht
USA, auf die Rohstoffe Chinas und auf den "Markt China", hält
an. Deshalb ist es verständlich, daß die Volksrepublik China
keine "vermeintliche" Provinz gehen lassen kann, so wie Hongkong,
Taiwan, Tibet oder Macau. Ein schlechtes Beispiel würde Schule machen,
sind doch in das historische Gedächtnis der chinesischen Politiker
die Militärmachthaber der chinesischen Provinzen des 19. und 20.
Jahrhunderts tief eingegraben. Diese Militärmachthaber, Tschiang
Kaitscheck war ursprünglich einer von ihnen wie auch Mao Tse Tung
selber (bzw. sein Marschall Chu Teh), haben zwar nie nach außen
das "Chinesische Reich" in Frage gestellt, sie haben sich aber
dem Zentrum nicht mehr untergeordnet und es dadurch handlungsunfähig
gemacht. Die chinesische Regierung in Beijing (Peking) wird auch den von
der EU und von den USA geförderten Zerfall von Jugoslawien sehr genau
analysiert haben. Auch hierbei ging und geht es um Rohstoffe und um strategische
Positionen in möglichen neuen Kriegen.
"Teile und herrsche" ist nicht nur eine britische
Politmaxime der vergangenen Jahrhunderte; dieses Handwerkszeug wird von
allen chauvinistischen Staaten benutzt, auch heute noch. Chinas Geschichte
ist ebenfalls eine Geschichte von Eroberungen. Der Kauf von Politikern
und Militärs war (und ist?) auch in China ein Mittel für Aufstände,
Teilungen und Verrat. Auch die USA werden nichts unversucht lassen, in
China Unruhen zu erzeugen, wenn es ihnen bei der Erreichung ihrer politischen
Ziele notwendig erscheint.
Um diese Gefahr der neuen Kriege geht es in und um China.
Das Land wird zur Zeit von US-Militärbasen nahezu eingeschlossen.
Wo es keine Militärbasen gibt, da treiben US-Militärberater
ihr Unwesen. Da sich die Regierung der Volksrepublik China den Gesetzen
des Kapitalismus (Globalisierung) gebeugt hat, z.B. in dem sie der WTO
(Welthandelsorganisation) beigetreten ist, hat sie sich vorerst jeder
Chance einer Weiterentwicklung des chinesisch - kommunistischen Ideenansatzes
beraubt.
China rüstet. Die Hilflosigkeit der chinesischen Führung, aber
auch die weltweiten schlechten Gewohnheiten, die China durch die ideenlose
kapitalistische Politik der Industriestaaten vorgelebt werden, führen
nicht nur zu einem sinnlosen Rohstoffverbrauch, sondern sie binden die
gesellschaftspolitischen Kräfte im Negativen.
Ich vermisse, und hier gleichen sich Deutschland und
China sehr, neue wirtschaftliche und demokratische (gesellschaftspolitische)
Ideen. China beeindruckt die Welt zur Zeit mit seiner boomenden Wirtschaft.
"Dieses Wunder ist bald zu Ende", sagt Pan Yue, Vizeminister
der staatlichen Umweltbehörde Chinas. Die Rohstoffe werden immer
knapper und die Umwelt könne der zunehmenden Industrialisierung nicht
länger standhalten. Ich behaupte zusätzlich, daß die Gefahr
eines großen Krieges um die Herrschaft in China und um deren Rohstoffe
in dem Maß abnehmen würde, wie es gelänge eine Gesellschaftsordnung
zu finden, die den Massen mehr Gerechtigkeit bietet und eine sozialistisch-faschistische
Bürokratie in eine demokratische Bürokratie verwandelt. Während
in fast allen Küstenprovinzen kapitalistische Produktion und Handel
blühen, hungern die Bauern in der Mitte Chinas und im Norden. Es
hat schon Hungerrevolten gegeben. China hat sich durch seinen Eintritt
in die WTO verpflichtet, z.B. billigen Gen-Soja und andere Nahrungs- und
Futtermittel in den USA zu kaufen. Abgesehen davon, daß Chinas Bauern
ein Ernte-Verteilungsproblem haben, stoßen sie überall auf
billige, industriell verarbeitete landwirtschaftliche Güter aus den
"westlichen" Industriestaaten. Genau wie uns wird den Chinesen
von den Politikern und den Wirtschaftsbossen erzählt, daß Wohlstand
und Wachstum zwei Seiten einer Medaille sind, und daß Wirtschaft
und Wachstum nur durch internationale Arbeitsteilung möglich ist.
Den Chinesen und uns wird außerdem noch erzählt, daß
der Preis für eine blühende Industrie und die Ausfuhr ihrer
Güter die Aufgabe der eigenen Landwirtschaft ist. Es ist klar, daß
sich damit die Deutschen, die Europäer und die Chinesen in die Abhängigkeit
der Kapitalmonopolisten begeben.
Wo ist die Frau oder der Mann, die/der sich wie einst
Mao Tse Tung, an die Spitze der revoltierenden Bauern stellt und die dekadente
kommunistische Regierung in Beijing vom Drachenthron stürzt?
Ich möchte die Chinesen einladen, die Ideen eines Silvio Gesell,
eines Rudolf Steiner und eines Artur Mahraun kennenzulernen, damit wir
aus diesem Fundus heraus eine Ordnung bauen können, die keinem von
keinem abhängig macht. Ich bin davon überzeugt, daß es
in China ähnliche gesellschaftspolitische Ideen gibt. Die Angst der
politischen Klassen, die Kontrolle über das "dumme" Volk
zu verlieren und ihr Bündnis mit den Medien verhindert eine umfangreiche
Diskussion und damit eine Qualifikation der neuen Ideen.
Noch gibt es "westliche" und asiatische (japanische)
Goldgräberstimmung in China. Nicht nur der Bundeskanzler Schröder
als Repräsentant der deutschen politischen Klasse, sondern auch so
mancher einfache Bürger bekommt große runde Augen, wenn von
China die Rede ist. Das ähnelt sehr der "japanischen Euphorie"
des 20. Jahrhunderts. Was wurde uns nicht alles erzählt über
das "japanische Wunder"? Das "japanische Wunder" ist
inzwischen vielen zum Albtraum geworden. Es wird nicht lange dauern, und
die "Luftblase China" wird platzen.
Sie wird deshalb platzen, weil die Prinzipien von Wachstum
und Gewinnmaximierung die soziale Frage nicht beantwortet: wie ernähren
wir Milliarden von Menschen, ohne ihnen die Selbstbestimmung (die Würde)
zu nehmen, bzw. sie ihnen überhaupt erst zu geben.
Die Luftblase China wird mit großem Getöse
platzen, weil die offizielle chinesische Politik dem Frieden, dem Streben
nach Frieden, kein besonderen Augenmerk schenkt. Natürlich ist das
europäische EU-Waffenembargo eine Diskriminierung Chinas, aber Waffen
töten Menschen und das zu vermitteln, gerade weil die USA China umzingeln,
das wäre die Aufgabe Deutschlands und Europas.
Deutschland wird dabei sein, wenn die zu einem wirtschlaftichen
Zusammenbruch in der Volksrepublik kommt. Jüngst meldete Volkswagen
hohe Verluste in China. Andere werden folgen.
Den deutschen Wirtschaftsfunktionären, den deutschen
Parteien und auf jeden Fall auch Bundeskanzler Schröder muß
in Erinnerung gerufen werden, daß in der Volksrepublik China die
herrschende Partei immer noch die Kommunistische Partei ist. Wer sich
über Münteferings Parolen aufregt und am anderen Tag mit chinesisch-kommunistischen
Funktionären verhandelt, sollte, bevor er eine wegwerfende Handbewegung
macht, sich psychiatrisch untersuchen lassen.
Das Bild in der Abendschau des RBB vom 23. April über
das Treffen des chinesischen Staats- und Parteichefs mit dem japanischen
Ministerpräsidenten spricht Bände: Der japanische Ministerpräsident
drückt mit zwei Händen eine Hand seines chinesischen Partners.
Der chinesische Staats- und Parteichef verhält sich abweisend. Er
folgt dem doppelten Händedruck nicht. Weiß er, was er tut?
Die Zeiten sind vorbei, in denen sich China als das Reich
der Mitte bezeichnen konnte. Reich der Mitte war keinesfalls eine Bezeichnung
aus Bescheidenheit, sondern es drückte im Gegenteil die Arroganz
aus, die zeitweise von dem Riesenreich ausging. Der Kaiser machte keine
Staatsbesuche; er ließ die fremden Fürsten kommen, die nach
seinem Verständnis alle den Kotau vor ihm machen mußten. Mao
Tse Tung war nur einmal im Ausland, nämlich im Dezember 1949 in Moskau.
Im japanisch-chinesischen Konflikt spielen beide Seiten
mit gezinkten Karten. Vielleicht ist es auch abgesprochen. Der japanische
Ministerpräsident Junichiro Moizumi spielt sehr gerne die nationalistische
Karte und wenn er dabei ertappt wird, dann wird er zwar nicht rot im Gesicht,
sondern er tut so, als hätte er gar nichts mit dem japanischen Nationalismus
zu tun. Japan hat im 2. Weltkrieg und auch schon davor Greueltaten in
großen Ausmaßen in China und anderen besetzten Staaten begangen.
Das ist international bekannt, und damit auch dem chinesischen Staats-
und Parteichef Hu Jintao. Die Demonstrationen auf dem chinesischen Festland
gegen die japanischen Geschichts-Schulbücher sind mit Sicherheit
inszeniert. Es geht den Chinesen um drei ganz andere Dinge, und zwar in
dieser Reihenfolge: Sie wollen verhindern, daß die Japaner mögliche
Ölquellen in einem strittigen Seegebiet zwischen dem chinesischen
Festland und den japanischen Inseln erschließen, daß sie ihre
besonderen Beziehungen mit Taiwan ausbauen und daß sie ständiges
Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden.
Aber - das chinesische Volk lernt demonstrieren, und
diese Erfahrungen, hochverehrter Herr Hu Jintao, wird es eines Tages gegen
Sie einsetzen.
Natürlich, und vielleicht ist das das Wichtigste,
geht es auch um eine Positionierung in politischen Auseinandersetzungen,
die in einem Krieg zwischen den USA und China enden können. Das ist
genau der Ansatzpunkt für eine weitsichtige ausgleichende Politik,
die die Bundesrepublik Deutschland kreieren könnte, wenn sie sich
auf dem Rücken des Stieres neben der Göttin Europa und mit Geld-
und Demokratiereformen so unabhängig erweisen würde, daß
deutsche politisch-geistige Leistungen wieder gefragt werden.
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