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der klangvollen Art gab es am 28. Juni abends wieder einmal im wunderschönen
Lichthof der australischen Botschaft in der Wallstraße. I. E. Botschafterin
Pamela Fayle wollte einmal mehr eine nicht so bekannte Seite ihres Landes
vorstellen, diesmal aus dem Bereich der Kultur und hatte dafür eine
Truppe sehr sympathischer "junger Botschafter" zu Gast: das
Melbourne String Ensemble. Dabei handelt es sich um ein Nachwuchsstreichorchester,
etwa zwanzig junge Leute zwischen zehn und fünfundzwanzig Jahren.
Zur Aufführung gelangten u. a. Werke von Corelli, Hindemith, Telemann
und eines englischen Komponisten des 19. Jahrhunderts, Vaughan Williams.
Die jungen Musiker, auch die Solisten, spielten entspannt und freudig.
Letzteres wurde besonders deutlich bei dem Stück "Past Life
Memories" der australischen Komponistin Sarah Hopkins. Hier wurden
auf ungewöhnliche Weise musikalische Spezialeffekte konzertant eingearbeitet
und erlaubten dem Zuhörer träumerische Schwärmerei. Noch
mehr geriet der Zuhörer in den Bann bei Williams' "Fantasia
on a Theme of Thomas Tallis", einem romantischen Stück, in dem
echohaft Elemente von englischer Musik der Tudor-Zeit (16. Jahrhundert)
als Kontrapunkt erklangen. Hier besonders begab sich der Rezensent mit
geschlossenen Augen auf seine feierabendliche Gedanken-Reise, um die "Mühsal
des Alltags" hinter sich zu lassen. Nach knapp neunzig Minuten konnte
der Abend noch eine Weile bei vollmundigem australischen Wein und kleinen
kulinarischen Köstlichkeiten von downunder fortgesetzt werden....
Weniger seelisch entspannt ging es zwei Abende später
in der Bayerischen Landesvertretung zu. Nicht um weiche romantische Melodien
von der Südhalbkugel des Globus ging es, sondern harte realistische
Töne bezüglich des vorderen Orients - wenn man so will - stellten
das Leitmotiv des Abends dar. Im Rahmen einer Veranstaltung in Koorperation
mit der Hanns-Seidel-Stiftung erläuterte der CSU-Bundestagsabgeordnete
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg seine Vorstellungen zur "Aktualität
eines Konzeptes für eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei".
Um eines vorweg zu nehmen: Mit zu Guttenberg sprach kein anti-türkischer
Hardliner, sondern ein juristisch und rhetorisch brilliant die Fakten
und Implikationen abwägendes Mitglied des außenpolitischen
Ausschusses des Deutschen Bundestages. Es gehe ihm darum, eine nüchterne
und sachliche Argumentationskette zu entwickeln, die vor allem die Beitrittsreife
nicht der Türkei, sondern der EU zum Hintergrund nehme. Zwei Maximen
stellte zu Guttenberg an den Anfang seiner Ausführungen: Zum einen
halte er den Begriff der "privilegierten Partnerschaft" bereits
jetzt für politisch so belastet, daß zukünftig einmal
eine andere Umschreibung für das anzustrebende Verhältnis EU-Türkei
gefunden werden müsse. Zum anderen aber gelte: die EU müsse
unbedingt die bestmögliche Anbindung der Türkei unterhalb der
Schwelle der Vollmitgliedschaft erreichen. Da die Entscheidung des EU-Ministerrates
vom Dezember 2004 die aufzunehmenden Verhandlungen ausdrücklich als
"ergebnisoffen" charakterisiert habe, müsse für den
möglichen Fall einer Ablehnung der Vollmitgliedschaft durch eine
der beiden Seiten unbedingt eine sinnvolle Alternative zur türkischen
Vollmitgliedschaft entwickelt werden - gerade auch im Interesse der türkischen
Seite.
Denn im Zweifelsfall sei auch für Ankara eine "privilegierte
Partnerschaft" besser als eine "unterprivilegierte Mitgliedschaft",
etwa in Gestalt der von der EU vorgesehenen erheblichen Beschränkungen
der Freizügigkeit für türkische Arbeitnehmer. Abgesehen
davon, daß die demokratischen Reformen in der Türkei in den
letzten Jahren bei allem Respekt an und für sich für einen demokratischen
Staat selbstverständlich und nicht nur im Hinblick auf eine EU-Mitgliedschaft
durchzuführen seien, könne es doch - so zu Guttenberg - zu Zweifeln
in der türkischen Bevölkerung am Wert einer EU-Mitgliedschaft
kommen. Letztlich fordere die EU in Hinsicht auf Werte ja die völlige
Europäisierung der türkischen Gesellschaft um den Preis einer
"unterprivilegierten Mitgliedschaft". Außerdem hänge
selbst nach den im derzeitigen türkischen Sinne erfolgreich abgeschlossenen
Verhandlungen die letzte Entscheidung über die Aufnahme von der Zustimmung
aller EU-Staaten ab. Möglicherweise gäbe es noch ein französisches
und ein österreichisches Referendum. Diese Tatsachen machten die
Existenz eines "Plan B", wünschenswert, der dann besser
als ein einfaches "Nein" sei.
Nach zu Guttenberg bleibe die EU deshalb aufgefordert,
für die "privilegierte Partnerschaft", egal, wie sie dann
genannt werde, ein schlüssiges Gesamtkonzept für alle Fragestellungen
zu entwickeln, die sich damit verbänden. Der Redner legte ein 3-Säulen-Modell
vor, betreffend die institutionelle Einrichtung, die Ausgestaltung einzelner
Politikfelder und die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
von Türkei und EU vor. Insgesamt gehe es um ein "Mehr"
in den Beziehungen als die derzeitig existierende Zollunion, aber auch
um deutliches "Weniger" als es die türkische Vollmitgliedschaft
wäre, denn diese würde die EU in jeder Hinsicht überfordern.
Der Außenpolitiker zu Guttenberg gab abschließend den Hinweis,
daß die USA die ganze Frage ausschließlich unter geostrategischen
Gesichtspunkten betrachtete, in denen die Türkei lediglich die funktionale
"europäische Brücke" in andere strategisch interessante
Gebiete darstelle.
Zum Ausklang des Abends gab es Weißbier, Wein,
Säfte, Häppchen und bayerischen Leberkäse für die
200-250 Zuhörer aus gutbürgerlichen (West-) Berliner Kreisen.
Und da muss der Schreiber dieser Zeilen einfach mal konstatieren: selten
hat er eine Veranstaltung besucht, bei dem sich die Besucher hinterher
so benahmen, als besäßen sie zuhause keine gefüllten Kühlschränke.
Da war sozusagen der Charakterzug einer "schnellen Eingreiftruppe"
gefragt und es hatte angesichts des plötzlich ablaufenden "Verteilungskampfes"
schnell ein Ende mit den moderierten und moderaten Klängen und Visionen. |
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