Dieter Kersten - Juli / August 2005    
 
Europa II
Europäische Splitter
 
     
 

Der antiken Mythologie nach ist Europa eine geborene Göttin (nicht ganz zweifelsfrei). Sie durfte den Stier reiten oder sie wurde vom Stier geraubt, der den Mythen nach Zeus war. Zeus wiederum war ein Gott, der gerne in fremden Schlafzimmern in unterschiedlichster Gestalt auftauchte und sich (teilweise) den Zorn der Ehemänner holte.. Da muß ihn mal einer kastriert haben und Europa ist unfruchtbar geworden. Das ist die gegenwärtige europäische Situation.

Es gab vor ca. drei Jahren eine Karikatur in der Wochenzeitschrift FREITAG, in der Europa, den Stier reitend, rief, daß sie ein Luder geworden sei. Genau das, habe ich gerufen.

Trotzdem war dieses Europa in den letzten 500-600 Jahren Lieferant des Begriffes Zivilsation, unter dem sowohl die Menschenrechte der Französischen Revolution begriffen werden wie das Töten von Menschen durch Atombomben und Giftgas.

Die Reiterin Europa - das müßten die Völker Europas sein, direkte Demokratien, die sich von ihren Oligarchien befreit haben.

Das ist das Problem. Anthony Goughlan, Professor für Sozialpolitik am Trinity College in Dublin, Irland, Vorstandsmitglied der European Anti - Maastricht Alliance (TEAM) und Sekretär der EU-kritischen "National Platform" in Irland, schreibt:> .. die EU ist ein Europa ohne Demokratie, im Dienste riesiger transnationaler Unternehmungen und supranationaler Technokraten. ...<.

Dieser Satz steht in einem - leider sehr langen - Beitrag im EUROPA-MAGAZIN - Zeitschrift für direkte Demokratie, Selbstbestimmung und internationale Zusammenarbeit, Nr. 3/2000. Damit Sie sich diesen Beitrag auch besorgen können, nenne ich Ihnen die Adresse: Europa-Magazin, Postfach, CH- 8048 Zürich, Tel. 0041 - 31 - 731 29 14 oder Fax 0041 - 31 731 29 13, http://www. europa-magazin.ch.

Hier einige Absätze aus dem genannten Beitrag: > Das bürokratische, institutionelle Monster, das die EU bis heute wurde, bedroht die grundlegenden demokratischen Rechte beinahe jedermanns auf unserem Kontinent. Die EU beinhaltet die Zerstörung der Demokratie beinahe all der, seit langem etablierten Staaten Europas. Sie repräsentiert die Auflösung des demokratischen Erbes der französischen Revolution, insbesondere das Recht der Nationen und Völker auf Selbstbestimmung. Dieses berühmte Recht ist nunmehr als grundlegendes Prinzip des internationalen Rechts in der Charta der Vereinigten Nationen anerkannt. Nationale Unabhängigkeit und demokratische Selbstbestimmung stehen jedoch im Gegensatz zum System des Finanzfeudalismus und der supranationalen Bürokratie, wie es die EU darstellt. ....

Angriffe auf die Demokratie erzeugen selbstverständlich Reaktionen.. In ganz Europa realisieren die Leute allmählich, was ihnen an Demokratie und Unabhängigkeit geraubt wurde und daß sie eigentlich nichts mehr zu sagen haben. Alle wichtigen Entscheidungen werden hinter verschlossenen Türen in Brüssel und Frankfurt getroffen - und in den Chefetagen der EU-Multis. Wie die Menschen den Wert der Gesundheit erst bemerken, wenn sie krank sind, realisieren sie den Wert der Demokratie nur, wenn sie diese verloren haben. Dann wird der Kampf, um sie wieder zu erlangen, lang und hart werden. Es ist zweifellos so, daß eine starke Reaktion gegen die EU nun über Europa hinweg wächst. Das nächste Schlachtfeld der Demokratie wird der "Vertrag von Nizza" sein. ... Die Mächtigen in der EU sorgen sich vorerst um ihr Gewicht angesichts einer möglichen EU - Erweiterung auf 18, 20, 25, ja vielleicht sogar 30 Staaten - sofern all jene Beitrittskandidaten aufgenommen werden, deren Regierungen in Verzweiflung ob ihrer Unfähigkeit, richtige, unabhängige Demokratien aufzubauen, EU - Beitrittsgesuche hinterlegt haben, wohl um der Verantwortlichkeit gegenüber ihren Wählern zu entgehen. Die politischen Eliten der Beitrittskandidaten träumen davon, innerhalb der EU bei den Regierungsgeschäften mitmachen zu können, statt sich mit den schwierigen Problemen ihrer eigenen Länder herumschlagen zu müssen. ... In den Ministerräten erlassen nationale Politiker, die in ihren eigenen Ländern Mitglieder der Exekutive sind und die einer gewählten Mehrheit in ihren nationalen Parlamenten verantwortlich sind, EU - Gesetze und - Erlasse - hinter verschlossenen Türen ...... <.

Bis hier hatte ich den Text im Dezember 2002 geschrieben und auf meiner Festplatte gespeichert, mit dem Bemerken, daß der Text noch bearbeitet und ergänzt werden muß.

Meinen Beitrag über Europa im Juni 2005 schloß ich mit folgenden Worten: Ich bin für ein militärisch neutrales Europa, möglichst völlig militärfrei und möglichst ohne eine Rüstungsgüter-Industrie. Ich bin für ein parteiisches Europa, welches überall auf dieser Erde Partei für die Menschenrechte ergreift.

Das ist vielleicht ein bißchen dünn. Ich will versuchen, einige Anreichungen zu liefern.

Parteiendemokratie, das zeigt Geschichte und Gegenwart, hat mit der Selbstbestimmung der Bürger nichts zu tun. Wir müssen zu anderen Formen demokratischer Mit- und Selbstbestimmung kommen, die von Region zu Region durchaus unterschiedlich aber nicht gegensätzlich sein kann. In Deutschland trete ich für die Gliederung des Gemeinwesens in politische Nachbarschaften ein, nicht zuletzt deswegen, um den Menschen einen Raum für persönliche Kontakte und Aussprachen zu geben. Kein Internet-Chat-Room kann das an Diskussion und politischer Meinungsbildung leisten, was durch ein Gespräch Auge in Auge möglich ist.

Zu einer Neuordnung von Mitspracherechten und -pflichten gehört, daß in jedem beteiligten europäischen Land, national wie auch als Gemeinschaft, möglichst viele politisch-gesellschaftliche Aufgaben nach unten, in die Gemeinden, delegiert werden. Die Bürger übernehmen hierbei sehr viele Pflichten. Das heißt: der Bürger kann sich nicht mehr darauf verlassen, daß die Obrigkeit ihn versorgt. Er muß das zusammen mit seinem Nachbarn tun. Schaffen wir die Wende dazu mittelfristig nicht, werden wir in Zukunft viel stärker als in der Vergangenheit durch Lobbyisten bedroht, deren Handeln uns allen undurchsichtig bleiben wird. Noch mehr: wir werden uns starken Links- oder Rechtsdiktaturen unterwerfen müssen, die von einer "personenlosen" Bürokratie ausgeübt wird. Hatten wir früher "Führer" wie Hitler und Stalin, gegen die wir unsere Wut richten und ein Attentat wagen konnten, so wird uns eine seelenlose Technik gegenüberstehen. Metropolis wird dagegen fast ein Paradies sein.

ZITAT:
Jean-Claude Juncker zur Entscheidungskultur auf den EU-Regierungskonferenzen

"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."

Der Spiegel, 52/1999, S. 136

Von zentraler Bedeutung in Europa wird es sein, ob es gelingt, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse so zu gestalten, daß jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich nach seinen Fähigkeiten zu entfalten. Das, was sich in den vergangenen Jahrzehnten als Wachstumsideologie in unseren Köpfen festgesetzt hat, wird, auch in einer Diktatur, nicht zu verwirklichen sein.

Weil alle Rohstoffe knapp werden, bekommt regionales und nachhaltiges Wirtschaften wieder einen hohen Stellenwert. Wir brauchen in den Regionen neben dem Euro Währungen, die vor allen Dingen umlaufgesichert sind, also nur tauschfähig sind (mit denen auf internationalen Finanzmärkten nicht spekuliert werden kann). Diese Regionalwährungen können auch länderübergreifend eingerichtet werden.

Der Bürger muß an allem sehr präzise beteiligt werden, ja, die politische Arbeit darf nicht mehr bei einer irgendwie merkwürdig geartete politische Klasse liegen, sondern muß auf den Bürger übergehen.

Zu den europäischen Aufgaben gehört auf jeden Fall ein Abrüstungspakt, der auch über Europa hinaus gehen kann. Die europäischen Staaten haben eine gemeinsame Verantwortung gegenüber den ehemaligen Kolonialvölkern (nicht gegenüber den Herrschern, sondern gegenüber den Beherrschten). Ein solcher Pakt hat auch da eine Signalwirkung.

Was keiner wagt, das sollt ihr wagen,
was keiner sagt, das sagt heraus,
was keiner denkt, sollt ihr befragen,
was keiner anfängt, das führt aus.

Wenn keiner ja sagt, sollt ihr's sagen,
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein,
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben,
wenn alle mittun, steht allein.

Wo alle loben, habt Bedenken,
wo alle spotten, spottet nicht,
wo alle geizen, wagt zu schenken,
wo alles dunkel ist, macht Licht!

Unbekannter Dichter

Entnommen aus
Kommentare für Zeitgeschehen,
Folge 414, November 2004

Ein anderes Europa ohne Bürokratie (sehr viel weniger Bürokratie), mit dem Engagement der Bürger für ihr Gemeinwesen im Mittelpunkt, ist unbedingt notwendig, wenn wir den Frieden auf dieser Erde erhalten wollen. Wollen wir es nicht, dann können wir an jedem Wochenende (noch) "unser" Auto waschen und in Kenia Urlaub machen. "Wir haben ja einen Anspruch darauf, man gönnt sich ja sonst nichts."

 
     
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