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In
dem Artikel Schulden ohne Sühne von Lorenz Maroldt
in der Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL vom 1. Juli wird die Verantwortung
der Regierung Helmut Kohl für eine mißlungene deutsche Wirtschaftsvereinigung
1990 festgestellt. Noch mehr: Die Mitverantwortung des jetzigen Bundespräsidenten
Horst Köhler für 200 Milliarden Euro Schulden,
wo und wie immer sie verteilt worden sind, steht ebenfalls fest.
Die Regierung Kohl bestand 1990 aus der Koalition CDU/CSU
und FDP. Wenn sich 2005 Politiker dieser Parteien hinstellen und die Finanzpolitik
der SPD und Bündnis 90/Die Grünen (1998 bis ?) scharf kritisieren,
bis zu den Worten Verlogenheit des Herrn Eichel, dann, ja dann - wo hört
die eigene Verlogenheit auf und wo fängt eine zutiefst kriminell
motivierte politische Handlung an?
Daß die SPD und Bündnis 90/Die Grünen
zu den 1998 übernommenen Schulden aus dem Jahr 1990 schweigen, deutet
auf Komplizenschaft hin. Es wäre doch ein leichtes gewesen, in den
letzten sieben Jahren CDU/CSU und FDP zur Rede zu stellen.. Warum muß
das ein Journalist tun? Ihm gebührt das Bundesverdienstkreuz!
Die "staatstragenden" Parteien haben alle mehr
als nur "Dreck am Stecken".
Eigentlich müßte jetzt nicht nur ein Rauschen,
sondern die Alarmsirenen durch die Medien gehen. Aber nichts dergleichen.
Horst Köhler scheint in den kriminellen Verstrickungen aller Parteien
eine besondere Rolle zu spielen. Ansonsten wäre er nicht Bundespräsident
geworden.
In dem Artikel von Lorenz Maroldt Schulden ohne
Sühne fällt auf, daß die, ebenfalls von Steuergeldern
finanzierten FachInstitute gegen die Methode der deutschen Wirtschaftseinheit
geredet haben. Es fällt aber auch auf, daß keiner dieser hochdotierten
Mitarbeiter z.B. Strafanzeige wegen Veruntreuung von Steuergeldern gegen
Mitglieder der damaligen Bundesregierung gestellt hat.
Neben der kriminellen Motivation, die ich annehme, ist
es auch die völlige Unfähigkeit unseres politischen Personals,
die einen Staat zerstört. Der Staatsbürger als Arbeitgeber dieses
politischen Personals darf nicht zögern, dieses politische Personal
fristlos zu feuern. Der Staatsbürger wird das nur können, wenn
er sich selber eine neue Struktur der Selbstbestimmung gibt. Über
die nachbarschaftliche Staatsordnung nach Mahraun habe ich schon öfters
geschrieben.
Nachstehend ergänze ich den Beitrag aus der Tageszeitung
DER TAGESSPIEGEL durch Auszüge eines Artikels von Jörg Roesler
in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 17. Juni: > ... Bereits in den
ersten Wochen nach dem Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs-
und Sozialunion am 1. Juli 1990 wurde erkennbar, "daß Kohls
Erwartung eines rasanten zweiten ›Wirtschaftswunders‹ im Stil
der fünfziger Jahre auf Sand gebaut war", heißt es rückblickend
bei Arnulf Baring und Gregor Schöllgen
in Kanzler, Krisen, Koalitionen.
Was war geschehen? Warum folgte in der DDR der Währungsunion nicht
das Wirtschaftswunder, sondern eine Wirtschaftskatastrophe?
Gewiß, die DDR-Betriebe befanden sich in ihrer
großen Mehrheit nicht auf dem neuesten technologischen Standard
- ein Viertel der Anlagen war älter als 20 Jahre (in der BRD lag
der vergleichbare Wert bei sechs Prozent). Aber nicht deshalb gingen die
ehemaligen VEB nach der Öffnung zum Weltmarkt unter. Keineswegs besser
ausgestattete Unternehmen in Polen, Tschechien oder Ungarn überlebten
die Marktöffnung mehrheitlich. Die DDR-Betriebe hatten vielmehr dank
einer mit der Währungsunion verursachten Explosion ihrer Kosten kaum
eine Chance, sich etwa gegenüber westdeutscher Konkurrenz zu behaupten.
Der Umtauschsatz von 1:1 für Löhne, Renten und einen Großteil
der Spareinlagen begünstigte die ostdeutschen Verbraucher, benachteiligte
aber die ostdeutschen Produzenten.
Wilhelm Hankel, der als Spezialist für
Währungs und Entwicklungspolitik in Harvard lehrte und unter Minister
Karl Schiller (SPD) die Abteilung Geld und Kredit im Bonner Wirtschaftsressort
geleitet hatte, nannte in seinem 1993 erschienenen Buch Die sieben
Todsünden der Vereinigung die Währungsunion an erster
Stelle: "Nachdem die Bundesregierung bewußt einen Aufwertungsschock
herbeigeführt hat, in dem sie die DM nicht zu einem Umtauschsatz
von 1 : 4 oder 1 : 5, wie es der Marktbewertung ungefähr entsprochen
hätte, einführte, ... darf sie sich nicht wundern, wenn statt
des erhofften Wirtschaftswunders das Gegenteil eintritt - eine Wirtschaftskatastrophe."
Übrigens wurden 1990 der polnische Zloty und die tschechische Krone
nicht auf-, sondern abgewertet.
War der Vergleich der Währungsunion von 1990 mit
der Währungsreform von 1948 nur Wunschdenken? Verschiedene Wirtschaftswissenschaftler
haben sich seit 1991 gefragt, was man im 1. Halbjahr 1990 beim Vergleich
übersehen haben könnte. Die Liste erwies sich als erstaunlich
lang. Die Währungsreform von 1948 hatte die Sachvermögensbesitzer
und damit auch die Betriebe begünstigt, die Verbraucher dagegen benachteiligt.
.... Gegen die freie Wareneinfuhr aus Westeuropa oder den USA - so 1991
in einem Artikel zum ersten Jahrestag der Währungsunion der Wirtschaftsprofessor
Elmar Altvater von der FU Berlin - schützten den einheimischen Markt
seinerzeit nicht nur Zölle, sondern auch der Umstand, dass die neue
D-Mark für zehn Jahre nur begrenzt konvertibel war. Außerdem
war die neue Währung 1949 gegenüber dem Dollar um ein Fünftel
und gegenüber dem britischen Pfund um fast ein Drittel abgewertet
worden. ...
Der Vergleich Währungsreform 1948 und Währungsunion
1990 hinkt also gewaltig, dennoch wäre es 1990 für Kanzler Kohl
durchaus möglich gewesen, auf Erfahrungen aus der bundesrepublikanischen
Geschichte zurückzugreifen, hätte er sich des 6. Julis 1959
erinnert, als der Saar-franc in die DM umgetauscht wurde. Das Saargebiet,
das noch vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland von der Französischen
Besatzungszone separiert und zu einem eigenständigen staatlichen
Gebilde erklärt worden war, hatte sich im Oktober 1955 mit einer
Volksabstimmung für den Beitritt zur Bundesrepublik entschieden.
Danach kam die bisherige Schutzmacht Frankreich mit der Regierung Adenauer
überein, das Saarland zum 1. Januar 1957 in die Bundesrepublik zu
entlassen. Die Währungs- und Wirtschaftsunion des Saarlandes mit
Frankreich sollte jedoch für eine längere Übergangszeit
noch bestehen bleiben - längstens für vier Jahre.
Das saarländische Beispiel, in der westdeutschen
Geschichtsschreibung auch als "kleine Wiedervereinigung" apostrophiert,
bot zuviel Ähnlichkeiten mit der Währungsunion vom 1. Juli 1990,
um nicht als Vergleichsobjekt ins Auge zu springen. Im März 1990
veröffentlichte Armin Heinen in der Saarbrücker
Zeitung einen Beitrag mit dem Titel Ein saarländischer Blick
in die deutsche Zukunft und erklärte dem Leser, "warum
die Geschichte des Saarlandes ein Lehrstück für die bevorstehende
Vereinigung Deutschlands sein kann". Robert Leicht
griff die Anregung in der ZEIT auf. Als er seine Gedanken über den
"Königsweg der Einheit" niederschrieb,
wählte er den Untertitel "Das Saarland als Beispiel:
Wie ein abgestufter Beitritt zur Bundesrepublik gelang".
Doch nach dem März 1990 war vom Saar-Beispiel kaum noch die Rede.
Vermutlich, weil es einen auffälligen "Schönheitsfehler"
besaß: Damals, bei der "kleinen Wiedervereinigung", stand
die Währungsunion nicht am Anfang, sondern am Ende des Vereinigungsprozesses.
Diese Reihenfolge hatten die damaligen Unterhändler für unumgänglich
erachtet. Die Ökonomie des Saarlandes benötige die Zeit, um
sich an die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Bundesrepublik anzupassen,
hieß es. Denn nach Expertenmeinung stand außer Frage, daß
der Übergang der Saarindustrie von der einen Marktwirtschaft (der
französischen) in die andere (die bundesdeutsche) alles andere als
ein Spaziergang sein würde. Diejenigen, die gemeint hatten, die Unterschiede
in den Wirtschaftssystemen würden überbewertet, sollten eines
Besseren belehrt werden. Rückblickend mußte die saarländische
Landesregierung 1962 bekennen: "Die Anpassung war zweifellos nicht
leicht, denn das System der sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik
wich von der stark protektionistisch aufgebauten saarländischen und
französischen Wirtschaftsverfassung entschieden ab." Aus dem
saarländischen Beispiel ließ sich unschwer schlußfolgern,
daß es selbst bei einer schrittweisen Einführung der bundesdeutschen
Marktwirtschaft für die DDR zu erheblichen Problemen kommen würde.
Mit anderen Worten: Wer die Konditionen des wirtschaftlichen
Anschlusses der Saar an die Bundesrepublik kannte, mußte wissen,
daß es einem Vabanquespiel gleichkam, die deutsche Einheit mit einer
Währungsunion einzuleiten. Vermutlich deshalb wurden vereinzelte
Anregungen in den Medien, sich des saarländischen Paradigmas anzunehmen,
von der bundesdeutschen Politik kaum aufgegriffen. Nur einer nahm Stellung:
Oppositionsführer Oskar Lafontaine. In seinem Memoirenband
Das Herz schlägt links erinnert sich der SPD-Kanzlerkandidat
von 1990 an seine Vereinigungspläne: "Mir schwebte ein ähnlicher
Weg vor wie 1955 im Saarland".
Doch in Bonn reagierte man selbst dann nicht, als DDR-Ministerpräsident
de Maizière in seiner Regierungserklärung vom 16. April 1990
unter Bezug auf das "Saarland-Modell" ausdrücklich davon
sprach, "bei der Übernahme des Wirtschafts- und Sozialrechtssystems
der Bundesrepublik darauf zu achten, daß in Übergangszeiten
die notwendigen Sonderregelungen getroffen werden." Als Chefunterhändler
Wolfgang Schäuble sich für die "kleine Wiedervereinigung"
mit dem Saarland interessierte, galt seine Aufmerksamkeit nur juristischen
Fragen.
Bei soviel Ignoranz seitens der 1990 in Bonn regierenden
Koalition fällt es schwer zu glauben, daß Kohl oder Schäuble
Opfer des Wirtschaftswunder-Mythos gewesen sind, als sie die Währungsunion
als den allein Erfolg versprechenden Einstieg in die deutsche Einheit
priesen. Diese Annahme wird noch dadurch erhärtet, daß der
"Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung" vor der Entscheidung des Kabinetts Kohl vom 6. Februar
1990 in punkto Währungsunion für ein abgestuftes Vorgehen plädierte.
Die "Wirtschaftsweisen" wandten sich darüber hinaus unmittelbar
nach dem Kabinettsbeschluß noch einmal in einem Brief an Helmut
Kohl: "Die Währungsunion sollte nach unserer Auffassung nicht
am Beginn stehen. ... Eine Währungsunion, die sich nicht im Gleichschritt
mit dem grundlegenden Umbau des Wirtschaftssystems in der DDR vollzieht,
verursacht lediglich Kosten, ohne die wirtschaftlichen Aussichten für
die Menschen auf eine tragfähigere, bessere Basis zu stellen."
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