In
der Juni-Ausgabe des Kommentar-und Informationsbriefes NEUE POLITIK hatte
ich elf Frage an die Bundestags-Kandidaten 2005 veröffentlicht, die
ich nachstehend noch einmal wiederhole. Unter der Überschrift
Wer ist wählbar?
Fragen für Ihre Bundestagswahl-Kandidaten
bat ich die Leser, den Kandidaten ihres Wahlkreises folgende
Fragen zu stellen:
1.) Sind Sie bereit, im Bundestag ein Gesetz einzubringen,
mit dem die Medien veranlaßt werden, regelmäßig eine
angemessene Zeit bzw. einen angemessenen Platz für die Darstellungen
von unkoventionellen wirtschaftspolitischen, sozialpolitischen, kulturpolitischen
und demokratischen Alternativen ohne jede Zensur zur Verfügung zu
stellen?
2.) Sind Sie bereit, regelmäßig im Bundestag
und in öffentlicher Sitzung, unter Hinzuziehung von externen Fachleuten,
wirtschaftspolitische, sozialpolitische, kulturpolitische und demokratische
Alternativen ergebnisoffen zu diskutieren?
3.) Sind Sie bereit, eine Verfassunggebende Deutsche
Nationalversammlung einzuberufen, die eine Verfassung erarbeitet und diese
dem Stimmbürger zur Volksabstimmung vorlegt?
4.) Sind Sie bereit, eine Verfassungsgebende Europäische
Versammlung einzuberufen?
5.) Sind Sie bereit, in diese Verfassung die europäische
Abrüstung als Politikziel aufzunehmen?
6.) Haben Sie sich mit den sozial-, wirtschafts- und
kulturpolitischen Vorstellungen Silvio Gesells beschäftigt?
7.) Haben Sie sich mit den sozial-, wirtschafts- und
kulturpolitischen Vorstellungen Rudolf Steiners beschäftigt?
8.) Haben Sie sich mit Artur Mahraun und seinen Vorstellungen,
Deutschland zu einem demokratischen Staat zu entwickeln, beschäftigt?
9.) Haben Sie eigene sozial-, wirtschafts- und kulturpolitische
Vorstellungen und eigene Vorschläge, Deutschland zu einem demokratischen
Staat zu entwickeln?
10.) Kennen Sie selber Ideenträger, die mit innovativen
Ansätzen Deutschland und Europa voranbringen können? Welche
Ideen und welche Ideenträger sind das?
11.) Sind Sie bereit, im Grundgesetz den Volksentscheid,
so wie er von MEHR DEMOKRATIE gefordert wird, als Grundrecht einzuführen?
Leser Dr. Gerhard Schmidt hat nicht
die Bundestagskandidaten befragt, sondern sich selbst. Ich dokumentiere
(leicht gekürzt) folgende Antworten:
1.) Ich befürworte, im Bundestag ein Gesetz einzubringen,
durch das die Medien veranlaßt werden, regelmäßig, ohne
jede Zensur, über unkonventionelle Kultur-, Sozial- und Wirtschaftspolitik
sowie dezentrale Alternativen zu berichten bzw. diskutieren zu lassen.
2.) Ich befürworte, im Bundestag regelmäßig,
unter Hinzuziehung von externen Fachleuten, in öffentlicher Sitzung
kultur-, sozial- und wirtschaftspolitische sowie demokratische Alternativen
ergebnisoffen zu diskutieren.
3.) Ich befürworte die Einberufung einer Verfassungsgebenden
Deutschen Nationalversammlung, die eine Verfassung erarbeitet und diese
zur Volksabstimmung vorlegt.
4.) Dergleichen befürworte ich die Einberufung einer
Verfassunggebenden Europäischen Versammlung.
5.) Ich befürworte als früheres Bundesvorstandsmitglied
der "Deutschen Friedensgesellschaft von 1892" selbstverständlich,
in die Europäische Verfassung die europäische Abrüstung
als Politikziel aufzunehmen.
6.) In meiner aktiven Zeit für die Deutsche Friedensgesellschaft
bin ich des öfteren mit den Freiland- und Freigeldvorstellungen Silvio
Gesells in Berührung gekommen, sei es durch Vorträge, in Diskussionen
oder in Gesprächen mit Vertretern dieser Vorstellungen. Wissen Sie,
daß 1932 in der Weltwirtschaftskrise in Wörgl/Tirol eine praktische
Anwendung dieser Vorstellung stattgefunden hat, mit dem Erfolg, daß
in Wörgl Vollbeschäftigung herrschte? Leider wurde diese hoffnungsvolle
Praxis nach Gesell alsbald (meines Wissens) von österreichischen
Banken unterbunden?
7.) Mit den sozial-, kultur - und wirtschaftspolitischen
Ideen Rudolf Steiners habe ich mich in vielen Jahren meines Lebens mehr
oder weniger intensiv beschäftigt, angefangen im Jahr 1948, als mein
späterer Doktorvater Prof. Folkart Welken (= prominentester Vertreter
der sozialen Dreigliederungs-Idee seit dem Tode Steiners)
anläßlich der Ermordung Gandhis vor der Anthroposophischen
Gesellschaft in der Universität Freiburg eine Gedenkrede hielt. Publiziert
habe ich Ideen der Dreigliederung in
a.) meiner Doktorarbeit "Das Kapital
und seine Besteuerung", erschienen als Heft 40 der Volkswirtschaftlichen
Schriften im Duncker & Humblot Verlag Berlin, 1959, wo die Arbeit
nach Ablehnung durch ca. 30 andere Verlage zum Druck angenommen wurde.
Der Verleger Dr. Broermann erklärte bei einem späteren Besuch
in Berlin, er habe den Eindruck gewonnen, daß hier eine Arbeit angeboten
würde, die etwas besonderes enthielte und daher den Druck verdiente.
b.) Berlin-Thesen der "Deutschen Friedensgesellschaft"
(= DFG), entworfen vom Berliner Freiwirt Hermann Speelmann, einem Siemens-Ingenieur,
zur Bundestagung der DFG 1961. Diese Bundestagung sollte ursprünglich
in Wes-Berlin stattfinden, wurde aber auf Betreiben der West-Berliner
Behörden verboten. Die Bundestagung fand dann Anfang 1962 in Bonn
statt. Folgende Thesen wurden von der DFG als Diskussionsgrundlage angenommen:
Mundialisierung von (Gesamt-)Berlin
(Anmerk. D.K.: Mundialisierung habe ich in keinem
Wörterbuch oder Lexikon gefunden. Ich nehme an, daß Herr Dr.
Schmidt das Wort von Mundium abgeleitet hat. In meinem Fremdwörterduden
steht dazu: Schutzverpflichtung, Schutzgewalt im frühen deutschen
Recht.)
Selbstverwaltung des geistigen Lebens durch unabhängigen
Kulturrat
Gleiches Recht für alle Bürger Berlins
Brüderliches Zusammenwirken der wirtschaftlich
tätigen Menschen Berlins.
8.) Die Vorstellungen Artur Mahrauns sind mir in mehreren
Artikel von Ihnen vermittelt worden, die im Laufe der letzten Jahre in
Ihrer NP erschienen sind.
9.) Eigene Vorstellungen habe ich vor allem in den Jahren
1961 bis 1967 publiziert und in mehreren westdeutschen Städten vorgetragen.
10. + 11. Seit Mai 1967 bzw. Januar 1968 bin ich politisch
nicht mehr aktiv tätig gewesen, sondern als Lehrer an einer berufsbildenden
Schule mit Gymnasialzweig.
Leser Norbert Langer hat folgende Kandidaten
angeschrieben und befragt:
* Christoph Bergner, CDU
* Dietmar Weihrich, Bündnis 90/Die Grünen
* Christel Riemann-Hanewinckel, SPD
* Petra Sitte, PDS
* Cornelia Pieper, FDP
Meine Fragen hat Herr Langer in seiner Anfrage an die
CDU durch zwei weitere Fragen ergänzt:
Wie stehen Sie zur Äußerung von Frau Merkel
(Tagesschau Anfang Juli): "Mit unserer Politik .....wird Deutschland
wieder zu den Gewinnern der Globalisierung gehören"? Wer sollen
die Verlierer sein?
Wie stehen Sie zur Äußerung von Frau Merkel
(dpa Meldung vom 17. Juni 2005) daß "...die deutschen Bürger
keinen immerwährenden Rechtsanspruch auf eine demokratische Verfassung
haben".
Geantwortet hat bis zum 6. August nur der Direktkandidat
von Bündnis90/Die Grünen Dietmar Weihrich. Norbert Langer schreibt
zu dieser Antwort: Die Antwort von Herrn Weihrich ist enttäuschend
und kennzeichnet eher, wie ernst er überhaupt Fragen aus dem "Wählervolk"
nimmt.
Ich habe diese Antwort als Anhang beigefügt.
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