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Im
Editorial der Septemberausgabe des Kommentar- und Informationsbriefes
versprach ich Ihnen, Sie über meine Erfahrungen mit www.kandidatenwatch.de
zu informieren. Ich halte es für wichtig, daß wir uns mit Initiativen
in dem Medium Internet beschäftigen, zumal ich der Auffassung bin,
daß das Internet bei der Demokratisierung der Gesellschaft eine
große und hoffentlich positive (pro Demokratie) Rolle übernehmen
könnte.
Zur Erinnerung: Ich schrieb im September im Editorial:
> kandidatenwatch.de sieht sich selber laut Impressum als ein überparteiliches
Projekt. Es ist eine Gründung von www.abgeordnetenwatch.de in Kooperation
mit Mehr Demokratie e.V. Sie können, so wird es dem Wahlbürger
suggeriert, den Wahlkreiskandidaten unzensiert Fragen stellen. <
In www.kandidatenwatch.de sind alle Direktkandidaten
aller bundesrepublikanischen Wahlkreise aufgelistet. >Die Fragen und
Antworten auf kandidatenwatch.de bleiben als Wählergedächtnis
auch nach der Wahl bestehen. <, heißt es. Eine Frage sei hier
erlaubt: Nur als Wählergedächtnis - und nicht als Kandidatengedächtnis?
Gerade das Kandidatengedächtnis scheint mir besonders gering entwickelt
zu sein.
Aber weiter mit meinem Bericht. Wenn Sie Ihre Postleitzahl
eingeben, erscheinen Ihre Wahlkreiskandidaten und Sie konnten, sofern
diese ihre Email-Adresse zur Verfügung gestellt hatten, Fragen stellen.
In den Benutzungsbedingungen sind weder die Zahl der Fragen noch die Inhalte
eingeschränkt. Ich war begeistert. Zu Unrecht, wie es sich später
herausstellte.
Sind Sie bereit, im Bundestag ein Gesetz einzubringen, mit dem die Medien
veranlaßt werden, regelmäßig eine angemessene Zeit bzw. einen angemessenen
Platz für die Darstellungen von unkonventionellen wirtschaftspolitischen,
sozialpolitischen, kulturpolitischen und demokratischen Alternativen ohne
jede Zensur zur Verfügung zu stellen?
Sind Sie bereit, regelmäßig im Bundestag und in öffentlicher Sitzung, unter Hinzuziehung von externen Fachleuten, wirtschaftspolitische, sozialpolitische, kulturpolitische und demokratische Alternativen ergebnisoffen zu diskutieren?
Sind Sie bereit, eine Verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung einzuberufen, die eine Verfassung erarbeitet und diese dem Stimmbürger zur Volksabstimmung vorlegt?
Sind Sie bereit, eine Verfassungsgebende Europäische Versammlung einzuberufen?
Sind Sie bereit, in diese Verfassung die europäische Abrüstung als Politikziel aufzunehmen?
Haben Sie sich mit den sozial-, wirtschafts- und kulturpolitischen Vorstellungen Silvio Gesells beschäftigt?
Haben Sie sich mit den sozial-, wirtschafts- und kulturpolitischen Vorstellungen Rudolf Steiners beschäftigt?
Haben Sie sich mit Artur Mahraun und seinen Vorstellungen, Deutschland zu einem demokratischen Staat zu entwickeln, beschäftigt?
Haben Sie eigene sozial-, wirtschafts- und kulturpolitische Vorstellungen und eigene Vorschläge, Deutschland zu einem demokratischen Staat zu entwickeln?
Kennen Sie selber Ideenträger, die mit innovativen Ansätzen Deutschland und Europa voranbringen können? Welche Ideen und welche Ideenträger sind das?
Sind Sie bereit, im Grundgesetz den Volksentscheid, so wie er von MEHR DEMOKRATIE gefordert wird, als Grundrecht einzuführen?
Ich habe das Angebot sofort genutzt. Meine Fragen, die
ich in der Juni-Ausgabe mit der Bitte an die Leser veröffentlicht
hatte, sie ihren Bundestagskandidaten zu stellen, habe ich verwendet.
Wenn Sie die Postleitzahl 10713 eingeben, finden Sie meine Fragen und
auch die Antworten, soweit sie gegeben worden sind. Ich habe der SPD-Kandidatin
neun Fragen, den Kandidaten der CDU, FDP, BüSo und dem Einzelkandidaten
jeweils acht Fragen gestellt. Die Linke.PDS hatte keine Email-Adresse
angegeben, der NPD-Kandidat kam erst sehr spät dazu. Als ich feststellte,
daß ich der Kandidatin von Die Linke.PDS und dem NPD-Kandidaten
ebenfalls die Fragen stellen konnte und sie in die Webseite einstellen
wollte, kam am 6. September folgende Email der Redaktion von www.kandidatenwatch.de:
> Sehr geehrter Herr Kersten, ich wollte Ihnen mitteilen, daß
wir zunächst keine Fragen mehr von Ihnen auf unserer Seite freischalten
werden, da Sie es mit der Anzahl Ihrer Fragen leider etwas übertreiben.
Natürlich lebt unsere Seite von engagierten und interessierten Usern
wie Ihnen, doch sollte ein gewisses Maß dabei nicht außer
Acht gelassen werden. Sie haben nun in den letzten Stunden sehr viele
Fragen an Herrn Storr (Anmerk. D.K. NPD) und Frau Rottka (Anmerk. D.K.
Die Linke.PDS) gestellt, unserer Meinung nach zu viele. Wir haben mit
unserem Projekt die Erfahrung gemacht, daß die Kandidierenden oftmals
nicht mehr bereit sind, Fragen zu beantworten, die immer von dem gleichen
User gestellt werden. Einige Kandidierende haben sich in ähnlichen
Fällen auch bereits bei uns beschwert. Aus diesem Grunde kann es
auch nur in Ihrem eigenen Interesse liegen, die Anzahl Ihrer Fragen zu
beschränken, da Sie auf diese Weise eine höhere Chance auf eine
Beantwortung haben. Ich hoffe, Sie haben Verständnis für unsere
Vorgehensweise. Ich würde mich freuen, wenn Sie weiterhin unsere
Seite nutzen, aber bitte in einer etwas gemäßigteren Art und
Weise. Bei Rückfragen können Sie sich auch gerne unter 040 /
317 691 026 bei uns melden. Mit freundlichen Grüßen Arnd Herrmann
vom team kandidatenwatch < .
Es wurden nicht etwa alle meine acht Fragen gestrichen,
was ja nur konsequent gewesen wäre, sondern nach Gutdünken von
Arnd Herrmann dem NPD-Kandidaten fünf Fragen und der Kandidatin von
Die Linke.PDS vier Fragen, natürlich ohne Rücksprache mit mir.
Interessant ist, daß in beiden Fällen die
Frage nach Rudolf Steiner und Silvio Gesell weggelassen worden ist.
Ich hielt es nicht für notwendig, Arnd Herrmann
anzurufen. Ich bin seit Gründung von Mehr Demokratie e.V.
diesem Verein verbunden. Einer der Mitgründer war Wolfgang Lohmüller,
ein Jungdeutscher (Mahraun-Anhänger), mit dem ich bis zu seinem Tod
befreundet war. Ich habe möglicherweise für Mehr Demokratie
e.V. mehr getan, als so manches eingeschriebenes Mitglied.
Da ich nicht überreagieren wollte, habe ich dem
Berliner Repräsentanten von Mehr Demokratie e.V.,
der auch OMNIBUS gemeinnützige GmbH für Direkte Demokratie
in Berlin vertritt, Kurt Wilhelmi, die Email von Arnd Herrmann weitergeleitet,
mit der vertrauensvollen Frage > Was halten Sie von dieser Mail des
Herrn Arnd Herrmann? <. Die Antwort erfolgte prompt: > Lieber Herr
Kersten, ich weiß nicht, wie viele Fragen Sie gestellt haben und
ich weiß nicht, wie viele Fragen bei den Moderatoren zulässig
sind. Ich empfehle Ihnen: rufen Sie doch einfach unter der angegebenen
Hamburger Telefonnummer an. Sicher läßt sich die Sache klären.
Oder soll ich mal dort anrufen? Herzliche Grüße! Kurt Wilhelmi
<.
Kurt Wilhelmi und Arnd Herrmann hatten alle Chancen,
sich zu informieren. Ich habe meine Beiträge nicht nur mit meinem
Namen gezeichnet, sondern auch mit meiner Webseite www.neuepolitik.com.
Am 24. September habe ich Herrn Wilhelmi per Email gebeten,
Herrn Herrmann anzurufen. Mal sehen, was dabei herauskommt.
Es kann durchaus sein, daß Herr Wilhelmi beim Werben für Spenden
aktiver ist als beim Bewahren von Demokratie.
Demokratie ist eine sehr sensible Idee,
die mit dem Blickwinkel Arnd Herrmanns sehr schnell atomisiert werden
kann. Mehr Demokratie ist uns schon sehr oft versprochen
worden, ohne daß sie eingehalten wurde.
Ich brauche keine Entschuldigung, sondern Mehr
Demokratie.
Was mir an www.kandidatenwatch.de noch auffällt,
das ist die politcal correctness, mit der Einzelbewerber, BüSo und
NPD (und vermutlich noch andere kleine Parteien) behandelt werden. Während
die Ergebnisse der "Staatstragenden" pro Wahlkreis in Prozenten
dargestellt werden, entfallen die Angaben bei den Genannten. Der Einwand
wird sein, daß der Bundeswahlleiter es nicht anders übermittelt.
Er hat aber die Zahlen und muß massiv dazu gedrängt werden,
sie zur Verfügung zu stellen.
Das wäre mehr Demokratie!
An dieser Stelle hatte ich vor, einige wenige Ergebnisse
der Kandidatenbefragungen in www.kandidatenwatch.de zu besprechen. Ich
bin aber zu dem Ergebnis gekommen, daß es angesichts der Manipulation
von Arnd Herrmann von der Redaktion von www.kandidatenwatch.de nicht opportun
ist, sich damit zu beschäftigen.
Viel lieber berichte ich von den Aktivitäten der Leser Norbert
Langer, Gundolf Hornung und Horst Kreil. Alle Drei haben mit
sehr großer Energie ihre Wahlkreiskandidaten unter Verwendung meines
Fragenkataloges befragt. Die Antwort von Bündnis 90/Die Grünen
an Norbert Langer fanden Sie bereits in der September-Nummer.
Norbert Langer schreibt in seiner Email vom 9. September:
> Lieber Herr Dieter Kersten, noch kurz vor der Wahl habe ich 2 Reaktionen
der befragten Parteien erhalten (SPD (Christel Riemann-Hanewinckel), FDP
(Cornelia Pieper, die ehemalige FDP-Generalsekretärin und immer noch
stellv. Bundesvorsitzende). Ich füge diese als Anhang bei. Bemerkenswert
ist für mich, daß wirklich keine der angeschriebenen Parteien
auch nur die Möglichkeit eines anderen Staatswesens in Betracht zieht.
Riemann-Hanewinckel: "... diese sind für mich keine Alternativen
zum bestehenden System." Wie sollten wir auch von den Nutznießern
unserer Parteienoligarchie eine andere Haltung erwarten. Es ist wirklich
Zeit für einen tiefgreifenden Wandel unseres Gemeinwesens. Mit herzlichen
Grüßen aus der sommerlichen Hitze in Halle Ihr Norbert Langer
<.
Die Antwort von Cornelia Pieper ist sehr wortreich. Immerhin
kennt sie Silvio Gesell und Rudolf Steiner. Bei Steiner ist es die Waldorfpädagogik,
die bei ihr hängengeblieben ist. Zu Gesell äußert sie
sich nicht.
Gundolf Hornung schreibt in seiner ersten
Email: > Sehr geehrter Herr Kersten, seit Mai 2005 beziehe ich Ihren
NEUE POLITIK-Brief, für dessen Herausgabe ich mich bei dieser Gelegenheit
herzlich bedanken möchte. Ihre Gedanken zu den aktuellen Themen unserer
Zeit sind immer hochinteressant! Gestern habe ich es nun in die Tat umgesetzt,
die Direktkandidaten meines Wahlkreises (Euskirchen - Erftkreis II, Wahlkreis
93)) um eine Stellungnahme zu den von Ihnen zusammengestellten Fragen
zu bitten. Zu meiner Überraschung habe ich praktisch umgehend zwei
Antworten erhalten, die ich Ihnen anbei (und mit einer zweiten Mail) zukommen
lassen möchte. Teil 1: Antwort von Arvid Bell (Bündnis 90 /
Die Grünen) (Anmerkung: Der Kandidat ist gerade einmal 21 Jahre alt!)
<.
Die Antwort von Arvid Bell ist in fast allen Punkten
sehr erfreulich. Zumindest ist es so, daß seine Antworten, uns,
den Bürgern, die Möglichkeit bieten, über direkte Demokratie
und grundsätzliche wirtschaftspolitische Änderungen mit ihm,
dem Parteimitglied, zu reden. Das Gleiche gilt für den Direktkandidaten
der Linkspartei, Michael Faber. Auch hier gibt es weitgehende, konstruktive
Zustimmungen zu unseren Fragen. Dieses Lob kann ich leider nicht den Direktkandidatinnen
der FDP, Gabi Molitor und der SPD, Helga Kühn-Mengel, aussprechen.
Horst Kreil hat zwei Antworten bekommen
und zwar von Swen Schulz, SPD, und Kai Wegner, CDU, beide Wahlkreis Berlin-Spandau-Charlottenburg
Nord. Swen Schulz ist direkt gewählt worden, Kai Wegner über
die Liste. Die Antwort von Swen Schulz ist kurz und nichtssagend, die
Antwort von Kai Wegner ist schon detaillierter. Dabei ist interessant,
daß er betont, für CDU und CSU zu sprechen. Mit ihm ist es
nicht möglich, über eine neue demokratische und wirtschaftliche
Ordnung in Deutschland und Europa zu sprechen. Immerhin scheint er Silvio
Gesell (lehnt er ab) und Rudolf Steiner zu kennen. Über Rudolf Steiner:
> Einigen Grundideen von Rudolf Steiner ist mein Verständnis von
Demokratie sehr nahe - insbesondere, wenn es um die persönliche Freiheit
geht. Allerdings kann ich seinen Thesen nicht in letzter Konsequenz zustimmen.
Der Freiheit des Einzelnen müssen Grenzen gesetzt werden, dort, wo
Rechte anderer betroffen sind. <
Selbstkritisch muß ich gestehen, daß es gar nicht so einfach
ist, Fragen zu stellen. Damit die dazugekommenen Leser wissen, um was
es sich bei diesem Artikel handelt, veröffentliche ich noch einmal
die ursprünglichen Fragen in dem Rahmen.
Ich bitte meine Leser um Verständnis, daß
ich die Antworten der Bundestagskandidaten nicht im vollständigen
Originaltext veröffentlichen kann.
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