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...und
er dauert noch an, als der Autor diese Zeilen schreibt. Der eine oder
andere aus der geneigten Leserschaft mag sich vielleicht gefragt haben,
wo meine Texte bleiben. Allerpersönlichste Gründe haben verhindert,
daß ich in den vergangenen Ausgaben den einen oder anderen Artikel
beisteuern konnte - meine Mutter wurde krank und ist schließlich
verstorben. Dieses war mein erster wirklicher Kontakt mit dem Tode und
ich hatte das Privileg und das Glück, praktisch die ganze Zeit bis
zum Ende bei ihr sein zu können. Somit war ich im Berliner gesellschaftlichen
Leben - von der Berlinale über Diplomatenempfänge - bis hin
zu durchaus interessanten Panels und Diskussionen nicht präsent und
machte stattdessen Erfahrungen, die ich mein Leben lang nicht vergessen
werde.
Nun wäre ich nicht der scharfe Beobachter, der ich bin, wenn mir
entlang des Weges mit meiner Mutter bei der Vielschichtigkeit des Erlebten
nicht das eine oder andere aufgefallen wäre, was einer allgemeineren
nachdenklichen Betrachtung wert wäre. Da ist zunächst die Frage,
ab wann wir eigentlich der Vergessenheit vieler Mitmenschen anheim fallen.
Dies gilt nicht nur für Berlin, in der die Fähigkeit zur Präsenz
besonders notwendig zu sein scheint. Aber auch in Klein- und Mittelstädten
- ist es da nicht genauso? Mehrmals wöchentlich sich im Supermarkt
auf ein Schwätzchen einlassen zu können? Sonntags Stammgast
in der Kirche zu sein und anschließend mit anderen noch zu einem
Gespräch zusammen zu stehen und Neuigkeiten auszutauschen? Jahrelang
gezeigte Verhaltensweisen ... - aber auf einmal wird man nicht mehr gesehen
.... nach einem Unfall, einer Krankheit ist man ans Haus gefesselt. Überraschenderweise
sind es gar nicht mal die Jüngeren, bei denen man dann aus dem Blickfeld
geraten könnte, sondern die anderen Gleichaltrigen, also Älteren.
Behindert durch eigene Gebrechen und Probleme können oder wollen
sie sich "überflüssige", vermeidbare Wege ersparen
und schaffen es nicht mehr, außerhalb der "Termine" anderes
zu tun. Daraus folgt eigentlich für Senioren, solange wie möglich
einen Bekanntenkreis aufzubauen und zu erhalten, in dem auch jüngere
Menschen einen festen Stammplatz haben. Denn sie sind meistens mobiler
und bereiter.
Zwei weitere Aspekte verdienen es nach meiner Erfahrung, besonders herausgehoben
zu werden. Der eine ist die oft thematisierte Patientenverfügung,
d.h. die im voraus unterschriebene Selbstbestimmungserklärung über
die Vorgehensweise der Ärzte, wenn der Unterzeichnete nicht mehr
ansprechbar ist und keine voraussehbare Aussicht auf die Führung
eines selbstbestimmten Lebens mehr vorhanden ist. Drei Dinge möchte
ich dem Leser hier näher bringen:
- Als Betreuer sollte unbedingt eine Person bestimmt werden, die nach
Rücksprache im Zweifelsfall auch wirklich bereit ist, als Interessenvertreter
des Patienten gegenüber Ärzten, Gerichten usw. zu wirken und
daß heißt auch, im Zweifelsfall willens zu sein, über
"Leben" und "Tod" zu entscheiden. Diese Möglichkeit
existiert nur ein einziges Mal.
- Die Patientenverfügung sollte möglichst von einem Notar aufgesetzt
werden. Eigenhändig verfasste Anordnungen, aber auch so mancher im
Handel erhältliche Vordruck sind meist unvollkommen und erfassen
nicht denkbare medizinisch-rechtliche Konstellationen. Pauschale Erklärungen
reichen überhaupt nicht aus. Die Patientenverfügung sollte nicht
älter als zwei Jahre sein.
- Eine Patientenverfügung ist juristisch nur ein dringlicher Appell
an die Ärzte. Sie stellt keine zwingende Handlungsanweisung dar.
Besonders in kirchlichen Krankenhäusern ist es möglich, auf
Ärzte zu treffen, die sich weigern, eine solche Verfügung umzusetzen.
Im strengen Sinne dürfen es manche möglicherweise gar nicht,
falls nämlich daraus ein Gegensatz zu ihrem Dienst- und Arbeitsvertrag
mit dem kirchlichen Träger des Krankenhauses eintreten könnte.
Der Autor will das hier nicht verurteilen; sicherlich ist eine Patientenverfügung
kein Dokument, mit dem leichtfertig umgegangen werden darf. Dennoch ist
es hilfreich, wenn Patient und Betreuer sich über eventuell auftauchende
Schwierigkeiten noch möglichst vor einem Krankenhausaufenthalt bewußt
sind. Falls ein Arzt sich weigert, muß ein Gericht eingeschaltet
werden. Die damit verbundene zusätzliche seelische Belastung kann
gar nicht hoch genug angesetzt werden.
Der andere Aspekt, der mit Leben und Tod zu tun hat, den der Autor als
etwas Wertvolles kennen gelernt hat und deshalb vorstellen möchte,
ist der Hospizgedanke. Hospize werden gemeinhin als "Sterbehäuser"
bezeichnet, doch nicht viele haben ein Hospiz einmal von innen gesehen.
Hospize sind Häuser, in denen z. B. Lungenkrebskranke, die Chemotherapien
verweigert haben, lachend bei Kaffee und Kuchen sitzen und Zigaretten
rauchen können. Hospize sind Häuser, bei denen man Menschen
zur Anerkennung eines 100%-Schwerbehindertenausweises gratuliert und sie
sich freuen, weil damit die endgültige Finanzierung ihres Aufenthaltes
durch den Versicherungsträger gewährleistet ist. Hospize sind
Häuser, bei denen es eine stimmungsvolle wöchentliche Abschiedsfeier
gibt für diejenigen, die innerhalb der letzten sieben Tage ausgezogen
sind! Verkehrte Welt? Absurd? Gar nicht. Hospize sind Häuser eines
umsorgten und glücklichen Lebensendes und das ist mehr, als die meisten
Menschen heutzutage für sich selbst erwarten dürfen. Und deshalb
wird dort gelacht. Wer sich dafür interessiert - im Internet gibt
es jede Menge Links zu diesem Thema. Hospize benötigen vermehrte
öffentliche und private Unterstützung.
Auch dieser lange, harte Winter wird einmal zu Ende gehen. Wir nähern
uns Ostern, das von seinen Ursprüngen her das Frühlingsfest
war - die Osterfeuer mit der Austreibung der bösen dunklen Wintergeister
in Norddeutschland und im Spreewald erinnern noch daran - und im Christentum
als Fest der Wiederauferstehung des Lebens gilt. Wenn Sie diese Zeilen
lesen - vielleicht denken Sie einmal daran....
(D.K.) Ich hatte bereits vor einiger Zeit in einem anderen Zusammenhang
die Broschüre Vorsorgevollmacht der Patientenverfügung; Eine
ethisch-kritische Betrachtung von Paolo Bavastro, Verlag : Verein f. Anthropos.
Heilwesen ca. 24 Seiten; 2001 angeboten. Sie finden die Broschüre
in der beiliegenden Bestelliste.
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