Dieter Kersten - Mai 2006    
 
Nicht nur eine Glosse, sondern auch Spott  
     
 

Glosse ist laut Etymologischen Wörterbuch von Kluge ein > prägnanter schriftlicher Kommentar, Randbemerkung <. Darf man über einen deutschen Professor eine Glosse schreiben? Natürlich, man darf, und auch mit Spott.

Die Herkunft des Wortes Spott ist laut dem gleichen Wörterbuch unklar. Es stammt aus dem Mittelhochdeutschen und ist seit dem 8. Jahrhundert gebräuchlich.

Ein Professor war in der Antike der Titel der Grammatiker und Lektoren, im Mittelalter (ab 16. Jahrhundert) gebräuchlicher Titel von Hochschullehrern. Das Wort wird aus dem Lateinischen abgeleitet und mit > laut und öffentlich erklären < und gar mit > bekennen, gestehen, an den Tag legen, kundtun < in Verbindung gebracht.

Am 7. März d.J. erhielt ich folgenden Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren,
Im Namen von Herrn Professor Dr. Eykmann danke ich Ihnen für die Übersendung Ihres Kommentar- und Informationsbriefes. Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, daß die Adressierung nicht korrekt ist. Bitte fügen Sie der Anschrift von Herrn Eykmann den Professoren-Titel hinzu.
Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen!
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Christa Moritz


Kein Witz, liebe Leserin, lieber Leser. Der fehlende Professoren-Titel führt zu einer unkorrekten Adressierung.

Laut Briefkopf, mit dem Bayrischen Wappen verziert, ist Herr Professor Dr. Walter Eykmann, CSU, Abgeordneter des Bayrischen Landtages, Vorsitzender des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, Vorsitzender des Bayrischen Bibliotheksverbandes. Laut Internet ist er außerdem noch Vorsitzender der Katholischen Elternschaft Deutschlands und Mitglied des Fraktionsvorstandes der CSU im Bayrischen Landtag. Mehr nicht, oder? Na klar, der Herr Professor Dr. Eykmann hat sogar eine eigene Web-Adresse.

Sie bietet neben vielen Wiederholungen, Bildern und Parteipropaganda unter Persönliches folgenden Text: > Studium der Fächer Latein, katholische Religionslehre und Sozialkunde in Freiburg/Breisgau und Würzburg. Nach dem 1. und 2. Staatsexamen in Würzburg am Riemenschneider-Gymnasium tätig, zuletzt als Studiendirektor und Seminarleiter und -lehrer für die Ausbildung von Studienreferendaren. <

Es ist wohl mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß Herr Professor Dr. Eykmann Beamter ist. Woher der bayrische Volksvertreter seinen Professoren-Titel hat, auf dem zumindest seine Sekretärin Christa Moritz sehr stolz ist, geht weder aus dem Briefkopf noch aus dem Internet hervor.

Zum Schluß noch ein nettes Bild von Herrn Professor Dr. Walter Eykmann aus seiner Homepage mit dem originalen Untertitel:

Prof. Dr. Walter Eykmann, MdL, wird zusammen mit den Schauspielerinnen Evelyn Hamann und Hannelore Elsner zu Ehrenkommissaren(innen) der Bayerischen Polizei ernannt.

Ja, weiter so, Herr Professor!
Das sind die Sorgen unserer Volksvertreter und der bayerische Polizei!!

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Es kommt wie gerufen, obwohl es mir schon öfters in der ein oder anderen Variation passiert ist. Am 11. April klingelte mal wieder mein Faxgerät und spuckte folgenden Text aus.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe von Ihnen weder kostenlos drei Ausgaben des Kommentar- und Informationsbriefes NEUE POLITIK erhalten noch bin ich an einem derartigen Brief oder gar einem Abonnement interessiert.
Ich bitte, von weiterer Korrespondenz Abstand zu nehmen. Ich müßte Sie ansonsten gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. unleserlich Rechtsanwalt


Absender bzw. Briefkopf ist Simon, Evers & Dr. Klimsch, Anwaltssozietät in 79104 Freiburg, Burgunder Straße 20. Der Fettdruck stammt von mir.

Was war passiert? Ich hatte Patrick Evers unter seiner Adresse Marienstraße 2, 79098 Freiburg in meine Werbeaktion einbezogen. Bekannt war mir die Adresse durch eine Wahlliste. Er ist Mitglied der FDP, Mitglied des Stadtrates und hat bei der letzten Bundestagswahl kandidiert. Wenn Sie im Internet den Namen Patrick Evers eingeben, gibt es zahlreiche Propaganda-Web-Nachrichten über diesen Mann. Er ist also eine Person der Öffentlichkeit und muß es ertragen, Zusendungen zu erhalten - mal abgesehen davon, daß er die Deutsche Post beschuldigt, Postsendungen nicht ordentlich zugestellt zu haben. Was ja auch schon ganz interessant ist.

Deutschland braucht einen echten Politikwechsel. Nur die Zweitstimme für die FDP sichert eine Veränderung für alle Bürger. Eine große Koalition bedeutet Stillstand.

heißt es in der noch von der Bundestagswahl übriggebliebene www.wen-waehlen.de. In den Bundestag gewählt worden ist der Herr Patrick Evers nicht.

Was für arme Hascherls sind Parteipolitiker!

„Ich müßte Sie ansonsten gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen.“

Jeder hat ein Recht darauf, zu schreiben, daß er/sie den Kommentar-und Informationsbrief NEUE POLITIK nicht lesen will. Ich weiß nicht, ob in anderen Kulturen ein solcher Schritt mit Drohungen versehen werden muß. Es wäre sicher sinnvoll, wenn wir etwas lockerer miteinander umgehen würden.

 
     
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