spectator - Juli / August 2007

   
 
Bürokratie  
     
 

Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (GEZ) in Köln ist eine sehr aufmerksame Behörde. „1.100“, so heißt es im Internet unter www.gez.de, „qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ kümmern sich um die  Bewohner der BRD.  Es gilt,  für Rundfunk und Fernsehen Gebühren einzutreiben, die „Mediensteuern“ gleichkommen. Interessant wäre es, zu erfahren, ob diese „Mediensteuern“ der statistischen jährlichen Steuerbelastung des Bürgers zugerechnet werden.

Diese „Steuerbelastung“ trifft übrigens mehr Bürger als von Finanzamt betreut. Ein geringes Einkommen oder das Alter schützt den „Steuer-Bürger“ nicht vor einer Gebührenzahlung und deren Eintreibung. Im Gegenteil!! Stattdessen gibt es eine Palette von Befreiungen.

Ich will auf eine Aufzählung der Befreiungen verzichten, weil es Sie vermutlich langweilt. Ich kann nur feststellen, daß die Lobby der Gruppe der „öffentlich-rechtlich Beschäftigten“, die der Beamten und Angestellten des Steuerzahlers (Staates), „sauber“ gearbeitet hat. Anstatt  eine  allgemeingültige Einkommensgrenze festzulegen, die entweder vom Finanzamt oder vom Sozialamt bescheinigt werden kann, gibt es eine Fülle von antragsbewehrten Befreiungen, die nicht nur bei der GEZ sehr viel Arbeit machen werden.

Die GEZ belastet auch die Gewerbetreibenden. Firmen sollen Fernseh- und Rundfunkgebühren zahlen. Es hat sich offensichtlich in Köln nicht herumgesprochen, daß so mancher Unternehmer sein Gewerbe von der Wohnung aus betreibt, aus Kostengründen, nicht aus Gemeinheit, versteht sich. Der Datenverbund, der sich unter Innenminister Schäuble noch verschärfen wird, macht es möglich, daß selbst Firmen, die sich nur umbenannt haben, wieder angeschrieben werden und mit Zeitaufwand antworten müssen. Die GEZ könnte hier Zeit und Geld sparen, wenn sie sich die Daten wirklich ansehen würde.

Zum Schluß ein Warnhinweis: die öffentlichrechtliche Webseite www.gez.de können Sie zwar öffnen und auch die einzelnen Themen anklicken. Das gilt auch für die PDF-Dateien. Wenn Sie diese aber wieder schließen wollen, gibt es einen „Absturz“.  Da nutzt auch nicht der Text auf der Startseite: Der Internetauftritt der GEZ wurde für vorbildliche Umsetzung datenschutzrechtlicher und sicherheitstechnischer Maßnahmen mit dem Gütesiegel "ips" (internet privacy standards) ausgezeichnet.

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Die Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL meldet am 12. Juni 2007, daß die DEUTSCHE POST in einem Zustellbezirk in Berlin-Schöneberg unregelmäßig zustellt. Es heißt, nur Gewerbetreibende erhalten regelmäßig die Post. Der Betriebsrat der Post bestätigte das und sagt, die Austräger sind überlastet. Die Postleitung bestreitet sowohl mangelnde Zustellung wie auch Überlastung.

Diese Methode der Nichtzustellung und Selektierung scheint öfters angewandt zu werden. spectator hat das auch am „eigenen Leib“ erfahren. Der „quasi noch“ Monopolist DEUTSCHE POST verärgert sich seine Kunden und wird sich irgendwann wundern, daß seine Postverteilzentren unterbeschäftigt sind.
Neuerdings gibt es eine Variante der Leistungsverweigerung. Als spectator Infobriefe und Infopost  im Postamt aufgeben wollte, fand er die Annahmestelle geschlossen. Im falschen Deutsch und mit falscher Datumsangabe wurde er auf den Nachmittag vertröstet, „wegen Personalmangel“, wie  es auf Nachfrage hieß.

..... im „Wirtschaftswunderland“ Deutschland kann spectator da nur schreiben und sich, ja,  nur wundern. Noch haben wir fast vier Millionen Arbeitslose und es ist völlig gegenläufig, auf dem zarten Pflänzchen Konjunktur herumzutrampeln. Das gilt sowohl für die DEUTSCHE POST und ihre Mitarbeiter wie auch für die Gewerkschaften.

Aber seit wann interessieren sich Gewerkschaften für Arbeitslose?

Die DEUTSCHE POST verschickt regelmäßig Glanzpapierprospekte, aber auch zwei Zeitschriften: Post frisch und Post plus.

Die Zielgruppe bei Post frisch sind die Briefmarkensammler, die Zielgruppe bei Post plus sind die gewerblichen Nutzer der DEUTSCHEN POST.
. Marketing heißt eines der Schlüsselwörter für diese Werbeflut. Nun verhindert Marketing keineswegs, daß spectator im heimischen Postamt von acht „Schaltern“ nur zwei offen fand. Dabei war es vormittags und nicht die Zeit des Mittagsschlafes bzw. des Kaffeetrinkens. Es hatten sich zwei „Schlangen“ gebildet und es dauerte gut zwanzig Minuten, bis spectator bedient werden sollte. Er hatte fein säuberlich fünf Sorten Briefmarken mit unterschiedlichen Werten aufgeschrieben. Ein Blick der Postmitarbeiterin und drei Striche: > Diese Briefmarken habe ich nicht.< Drei Fragezeichen. > Die müssen Sie sich am Automaten holen. <  Die Stimme von spectator, noch nicht sehr energisch, muß sehr erstaunt geklungen haben, als er die Millionenfrage stellte: > Ich bin doch im Postamt, oder? <  Der Hinweis auf den Automaten wiederholte sich. > Und Ihre Kollegin, hat die nicht diese Briefmarken? <  Kurze Frage, kurze Antwort, nein.Die Stimmlage hatte sich jetzt schon etwas erhöht: > An irgendeinem Schalter muß es doch die Briefmarken geben. Ich verlange, ordentlich bedient zu werden. <  Aus dem Dunkel des Hintergrundes löste sich die Gestalt einer freundlichen Mitarbeiterin der DEUTSCHEN POST und im Nu waren die Briefmarken da.

Die DEUTSCHE POST soll ja aufpassen, daß sie nicht in die gleiche Lage kommt, wie die TELEKOM. Die Liberalisierung des Postverkehrs kann durchaus dazu führen, daß die DEUTSCHE POST viele unzufriedene Kunden verliert. Unzufriedenheit kann sich tiefer eingraben als so manche gute Erfahrung.

 
     
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