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(D.K.) Unter der Überschrift > Mehr Demokratie? < veröffentlichte ich in der Ausgabe Juli/August des Kommentar- und Informationsbriefes einen Text über den „demokratischen Inhalt“ der EU-Verfassung, die erklärtermaßenmit Hilfe der amtierenden Bundesregierung europaweit, ohne Volksabstimmungen, „durchgepeitscht“ werden soll. Leser Dieter Pütter hat seiner Wahlkreisabgeordneten Brigitte Zypries auf diesen Text, den Sie übrigens unter www.neuepolitik.comnachlesen können, über www.abgeordnetenwatch.de angesprochen.
Verehrte Frau Zypries,
soeben lese ich in der neuesten Ausgabe der (Berliner) Zeitschrift "Neue Politik" auf den Seiten 4 und 5 dreiundzwanzig Punkte zu Widersprüchen zwischen unserem Grundgesetz und der EU-"Verfassung", Schlußakte usw. Dies ist dem Herausgeber von der Gesellschaft/Verein Mehr Demokratie e.V. übermittelt worden. Selbst wenn Einzelprobleme inzwischen korrigiert worden sein sollten (wie der Herausgeber meint), wäre es meiner Ansicht nach ein Skandal, diese Diskrepanz politisch weiterhin nicht nur zu dulden, sondern auch noch zu fördern. Wenn diese Probleme der Bevölkerung nahegebracht werden würden (oder gar plebiszitär behandelt werden könnten), wären die Folgen gar nicht abzusehen. Wie beurteilen Sie diese Darstellungen?
Dieter Pütter 26.07.2007
Die Antwort von Brigitte Zypries
Sehr geehrter Herr Pütter,
leider kenne ich den von Ihnen erwähnten Artikel nicht. Daher ist mir nicht ganz klar, um was es Ihnen bei Ihrer Frage genau geht. Damit ich hierzu Stellung nehmen kann, wäre es nett, wenn Sie mir eine Kopie des Artikels und/oder einige konkrete Beispiele von den von Ihnen angesprochenen Widersprüchen nennen könnten. Sie können sich damit gerne an mein Berliner Büro wenden. Die Adresse lautet: Platz der Republik 1, 11011 Berlin oder per E-Mail brigitte.zypries@bundestag.de. Ich werde Ihnen dann gerne von dort aus antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries 26.07.2007
(D.K.) Ich habe auf Bitten von Herrn Pütter Frau Zypries den Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK, Ausgabe Juli/August 2007 zugeschickt. Daraufhin erhielt Herr Pütter, wiederum über www.abgeordnetenwatch.de, folgende Antwort.
Sehr geehrter Herr Pütter,
ich habe nunmehr den von Ihnen angesprochenen Artikel gelesen. Lassen Sie mich ein Zitat des Bundesverfassungsgerichts vorweg schicken (Az. 2 BvR 1570/03): "Das Grundgesetz ist völkerrechtsfreundlich, fördert die Bestätigung staatlicher Souveränität durch Völkervertragsrecht und internationale Zusammenarbeit und darf deshalb regelmäßig nicht so ausgelegt werden, daß ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland entsteht".
Nun zu dem von Ihnen angesprochnen Artikel. Ich halte diesen für äußerst unseriös, schlecht recherchiert und sehr polemisch.
Viele der wiedergegebenen Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen und durch redaktionelle Kommentierung in einen Bedeutungszusammenhang gestellt, der sich so aus den Zitaten nicht ergibt.
Zudem sind einige der Thesen auch schlichtweg falsch, was nur mit schlechter Recherche zu erklären ist. Besonders auffällig ist dies bei Nr. 18, wo es um die Todesstrafe geht. Es heißt in der EU-Verfassung in Artikel II-62 Absatz 2 ganz eindeutig: "Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden." Die in der Erklärung Nr. 12 zur Schlußakte der Regierungskonferenz wiedergegebene Ausnahme hat nichts mit der EU-Verfassung zu tun, sondern ist ein Zitat von Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das sich auf das Recht im Krieg bezieht.
Ebenso wird bei Nr. 20 in keiner Weise begründet, warum die Möglichkeit der Errichtung eines Unternehmens in Deutschland nach dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates Auswirkungen auf die betriebliche Mitbestimmung haben soll. Zudem haben die angegebenen Fundstellen keinerlei Bezug zu Frage der betrieblichen Mitbestimmung.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich keinen Sinn darin sehe, mich noch weiter inhaltlich mit einer unsachlichen und schlecht recherchierten Kritik an der EU-Verfassung auseinanderzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries 28.08.2007
(D.K.) Ich bin Herrn Pütter außerordentlich dankbar, daß er die Antwort von Frau Zypries an Herrn Roman Huber, Bundesgeschäftsführer und Mitglied des Bundesvorstands von Mehr Demokratie e.V. zugeschickt hat. Herr Huber hat Herrn Pütter am 28. August 2007 folgende Antwort geschickt:
Sehr geehrter Dieter Pütter,
vielen Dank für den Hinweis auf die Stellungnahme von Frau Zypries.
Für Sie zur Information: Die 23 Punkte wurden von Herrn Prof. Dr. Hans Heinrich Rupp (Öffentliches Recht) gegengelesen.
Es ist leicht, einen Text, der zugegebenermaßen angespitzt formuliert wurde - es war ja kein wissenschaftlicher Aufsatz - als polemisch abzukanzeln. Inhaltlich sind aber alle Punkte richtig, bestenfalls Auslegungssache. Konkret hat sich Frau Zypries, die politisch vermutlich viele Punkte deutlich anders sieht, ja auch nur auf zwei von 23 Punkten bezogen. Insofern kann ich nur diese beiden kommentieren.
Nr. 18 Todesstrafe:
Hier hat Frau Zypries nicht genau gelesen, denn der erwähnte Passus bezieht sich eben nicht nur - wie sie kritisiert - auf die EMRK, sondern:
Zitat
"Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta (2) entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) die gleiche Bedeutung und Tragweite. So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:"
Zitat Ende
Sie können es selbst nachlesen unter
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/site/de/
oj/2004/c_310/c_31020041216de04200464.pdf
ab Seite 6 unten bis Seite 7 Mitte.
Nr. 20 Betriebliche Mitbestimmung
Dieses Thema stammt aus dem Schriftsatz von Prof. Schachtschneider. Wahrscheinlich haben Sie gelesen, daß der Bundestagsabgeordnete Dr. Gauweiler Verfassungsbeschwerde gegen das Zustimmungsgesetz zur EU-Verfassung eingelegt hat. Vertreten wird er durch den Verfassungsrechtler Prof. Schachtschneider. In der Beschwerdeschrift befaßt er sich auf den Seiten 100-111 mit den Rechten der Arbeitnehmer. Prof. Schachtschneider stellt fest, daß diese - versteckt in einem Kapitel über die Niederlassungsfreiheit - gegenüber dem erreichten Stand in Deutschland erheblich eingeschränkt werden sollen, insbesondere soweit es die Mitbestimmung betrifft.
In einer Kurzfassung seiner Argumente schreibt er:
"Aus der Niederlassungsfreiheit leitet der EuGH, > dessen Rechtsprechung durch die Verfassung festgeschrieben werden soll <, neuerdings das Recht der Unternehmen ab, in der Rechtsform ihres Herkunftslandes in allen Mitgliedstaaten tätig werden zu dürfen. Unternehmen in den Rechtsformen anderer Mitgliedstaaten, etwa die französische société anonyme oder die britische limited company, sind aber nach den deutschen Regelungen nicht betriebsverfassungs- oder unternehmensrechtlich mitbestimmungspflichtig. Wenn Deutschland diesen Unternehmen die Mitbestimmung vorschreiben wollte, würde das die Niederlassungsfreiheit verletzen, die (wiederum) mit dem Herkunftsland-Prinzip verbunden ist. Die Folge ist, daß jedenfalls der deutschen Unternehmensmitbestimmung, für die die Gewerkschaften lange und hart gekämpft haben, der Todesstoß versetzt ist. Es ist nicht anzunehmen, daß der Deutsche Bundestag, als er den Verträgen zugestimmt hat, diese Folgen aus der Niederlassungsfreiheit vorausgesehen hat und diese Politik verantworten wollte."
Den gesamten Text der Verfassungsbeschwerde können Sie unter www.oer.wiso. uni-erlangen/Verfassungsklage.pdf nachlesen.
Ich hoffe, daß ich Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen habe.
Mit herzlichen Grüßen
Roman Huber 28.08.2007
Mehr Demokratie e.V.
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Mitglied des Bundesvorstands
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