|
(spectator) Im Dezember 2007 ist spectator eines Morgens (Montag) mit dem ICE der Deutschen Bahn von Berlin nach Hamburg und am nächsten Tag (Dienstag) abends von Hamburg nach Berlin zurück gefahren, in der 2. Klasse, versteht sich, Großraum, jeweils mit Platzkarte. Soweit man sehen konnte, waren alle Plätze besetzt. Auf der Hinfahrt hockten einige Mitreisende in den Durchgängen. Der Waggon hatte zwei separate Gepäckablagen, wovon ein Ablage sehr genutzt worden ist, die andere nicht. Auf der Rückfahrt fehlten die bequemen Gepäckablagen. Man war also gezwungen, das Gepäck in die obere Ablage zu wuchten, was nicht nur spectator schwer fiel. Das ist in der Regel was für junge Leute. Für die Mäntel bzw. Jacken, die im Winter reichlich und voluminös vorhanden sind, gibt es für zwei Plätze nur einen mickrigen Haken auf der Fensterseite. Eine Garderobenablage fehlte hin und zurück völlig, was spectator für dienstleistungsfeindlich hält. Auf der Rückfahrt hat spectator in Fahrtrichtung einen Mülleimer gesucht. Fehlanzeige! Er hat dann den Müll im Speisewagen abgegeben.
Zwischenbemerkung: Der Berliner Hauptbahnhof, monströses Denkmal deutscher Geltungssucht, war bei Abfahrt und Ankunft gespenstisch leer. Der Hamburger Hauptbahnhof ist im Vergleich eine quirlige Bahnstation, auf der laufend Züge ankommen und abfahren. Im Verhältnis zum Hamburger Hauptbahnhof ist es im Berliner Hauptbahnhof schwer, sich zurechtzufinden. Auch das angeblich so zahlreiche Bahnpersonal, welches für die Beantwortung von Fragen in Berlin zur Verfügung stehen soll, hat spectator mit der Lupe gesucht.
Vermutlich sind die meisten Leser Autofahrer wie Herr Mehdorn und sein Vorstand. Es wird sie nicht interessieren, was dem Bahnreisenden an Dienstleistungslücken auffällt. Vielleicht ist das auch angesichts der Entwicklung der Deutschen Bahn zum "global player" unwichtig. Die Rendite muß stimmen, das ist das Wesentliche. spectator fällt nur auf, daß seit Jahren Kritiker der wirtschaftspolitischen Realitäten, z.B. des Abbaus von Arbeitsplätzen in der Industrie, immer wieder belehrt worden sind, daß wir nun in einer "Dienstleistungsgesellschaft" leben, wir uns umzustellen haben. spectator fragt erst gar nicht danach, woher das Geld kommen soll, von dem Dienstleistungen bezahlt werden können. Von den Spekulationen an der Börse?
Freude kommt immer wieder auf, wenn spectator und seine Mitstreiter mit dem Kundendienst der Deutschen Post in Kontakt treten müssen. spectator bekam als Gewerbekunde ein Anschreiben von der Deutschen Post mit dem Angebot eines neuen Schalters im hiesigen Postamt für die Abgabe von Infopost und Infobrief, von Büchersendungen und für den Bezug von Briefmarken. Obwohl die Öffnungszeiten dieses Schalters mit denen der normalen Schalter nicht übereinstimmen (eingeschränkt sind), schien das Angebot einer solchen Dienstleistung ein Fortschritt zu sein. Man braucht sich nicht in die Schlange der anderen Postkunden zu stellen. Es stellte sich aber heraus, daß die Wartezeiten an diesem Schalter wesentlich länger sind, als bei den bisherigen Abfertigungen. Wie denn, wird ein regelmäßiger und intensiver Nutzer der Postdienste fragen? Die Inhalte der Postsendungen bei Infopost und Infobrief, die ja in den einzelnen Chargen gleich sein sollen, wird in Gegenwart des Einliefernden akribisch und nicht nur in einer Stichprobe überprüft. Das dauert 45 Minuten und mehr, zumal den "Beamten" noch nicht einmal das nötige Werkzeug zur Verfügung steht. Die Rechenmaschine stammt aus den 70er Jahren und funktioniert nur eingeschränkt, so daß der Postmitarbeiter sein eigenes Handy für Rechen-operationen verwenden muß - übrigens außerhalb der Kontrolle durch den Kunden.
Der Briefmarkenkauf, ohnehin schon - manchmal - ein Abenteuer, wurde an diesem Schalter zu Farce, weil die Postmitarbeiter behaupteten, bestimmte gängige Werte gäbe es nicht und anfingen, zu stückeln.
Ein Unding ist es, daß die Laufzeit eines normalen Briefes nach Österreich und zurück jeweils ca. sechs Tage dauert. Während die Politiker von einem "vereinten Europa" schwätzen, vor allen Dingen dann, wenn sie im Rampenlicht stehen, funktioniert noch nicht einmal der Postdienst zwischen diesen beiden deutschsprachigen Ländern. Das ist alles nicht sehr vertrauenserweckend.
Nicht nur der ehemalige Staatsmonopolist Deutsche Post, sondern auch die Paketspedition GLS hat die freie und unbezahlte Mitarbeit von spectator in Anspruch genommen. Ein Geschäftspaket landete im benachbarten vierstöckigen Mietshaus bei einer unbekannten "privaten" Nachbarin, der die Angst vor dem Abholer auf der Stirn geschrieben zu sein schien. Dienstleistungsgesellschaft heißt in Deutschland, daß möglichst viel Arbeit auf den Kunden/Verbraucher abgewälzt wird, und zwar so, daß der Kunde/Verbraucher auch noch dankbar ist. Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern der Profit.
Es ist die Dienstleistungsgesellschaft Deutschland, die sich selbst ihr globalisiertes Bein stellt, bis alle so auf die Nase gefallen sind, daß es nur noch blutige Nasen gibt. Und das bei einem "Krankheitssystem", in dem es zwar eine teure Bürokratie, aber keine Menschen mehr gibt, die die Nasen verbinden können.
|
|