Dieter Kersten - Februar 2008

   
 

Alle „staatstragenden“ Parteien haben ihre Daseinsberechtigung verloren.

 
     
 

>Man macht es sich zu einfach, die hier losgetretene Wahlkampfdynamik Roland Koch in die Schuhe zu schieben, auch wenn der unmittelbar dafür verantwortlich zeichnet. Wer die Kritik auf diese moralisch korrupte, überdurchschnittlich zynische Politikerfigur reduziert, der übersieht, daß der Mann tatsächlich im Zentrum der politischen Klasse steht. Bisher hat sich keiner der CDU-Kollegen wirklich von ihm distanziert, obwohl sie alle spätestens seit seiner schmutzigen Wahlkampagne von 1999 und seiner noch verwerflicheren Rolle als brutalst möglicher Mitwisser eines Parteispenden-Skandals wissen, wes Geistes (oder Ungeistes) Kind er ist. Im Gegenteil: Sie haben sich stets mit Kameraderie und Opportunismus um den kalten Machterwerbstaktiker ge- schart und stehen auch jetzt wieder hinter ihm, einschließlich der feigen Kanzlerin. Daß der politischen Klasse selbstredend auch der derzeitige Koalitionspartner zugerechnet werden muß, das offenbart die Kleinmütigkeit, mit der es der SPD mißlingen muß, der Koch´schen Provokation zu widerstehen. Wer einen Koch nicht moralisch ausgrenzt (wie es etwa Landtage mit der NPD tun), der wird für ihn als politischem Geschäftsmann mitverantwortlich.<

(D.K.) Dieser Text stammt von Ekkehard Krippendorf.  Ich  fand ihn so treffend und in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 18. Januar unter der Überschrift >Mit 12 in den Knast<. Nach verlorener Wahl in Hessen krauchen die „Ratten“ aus ihren Löchern und verkünden in Anzeigen und Verlautbarungen ihre Solidarität mit den Migranten. Was für eine Verlogenheit! Ein verqueres, absurdes Deutschland.

Die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am 27. Januar gehören der Geschichte an, die Folgen sind interessante Gegenwarten. Sie wissen, daß ich die politischen Parteien jedweder Art für nicht politikfähig halte, wenn wir uns darauf verständigen,  daß Politik etwas mit Selbstbestimmung der Bürger (Demokratie) zu tun hat.

Wahlen zu den Parteien-Parlamenten sind Momentaufnahmen. Wir hatten es schon bei der letzten Bundestagswahl, wenn Sie sich erinnern, als trotz des etwas schlechteren Ergebnisses der SPD der damalige Bundeskanzler Schröder behauptete, er wäre der Sieger. Tatsächlich, es gab eine eindeutige Mehrheit links von CDU/CSU, die aber nicht realisiert werden konnte. Die SPD behandelte DIE LINKEN als lästige Konkurrenz und Schmuddelkind  Dadurch fiel ein Koalitions- oder Duldungspartner aus. Dann suggerierte die gemachte, veröffentlichte Meinung dem verduzten Publikum, der Wähler hätte eine Große Koalition  mit Frau Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin gewollt. Punktum.

Die fast gleiche Situation haben wir jetzt in Hessen. Hier behauptet die SPD, vertreten durch die hessische SPD-Vorsitzende Ypsilanti, Koch wäre durch das Volk abgewählt (ein Drittel der Wähler ging nicht zur Wahl), und die SPD hätte einen Regierungsauftrag. Es wiederholt sich: Es stimmt, es gibt eine Mehrheit links von der CDU. Die SPD aber behandelt wieder DIE LINKEN als lästige Konkurrenz und Schmuddelkind, und wird darum nicht um eine „Große Koalition“ herumkommen.

Ich bin kein Anhänger der Partei DIE LINKE. Sie ist immer „staatstragend“ gewesen, zumindest, soweit sie aus der DDR kommt. Sie trägt die Verantwortung für die Politik der DDR-Regierungen.

Übrigens, mit der Partei DIE GRÜNEN haben es die etablierten Parteien ähnlich getrieben wie mit der Partei DIE LINKE, ja, bis sie ihre Gründungsvorsitzenden August Haußleiter und Petra Kelly los und  versessen darauf waren, „regierungsfähig“ zu werden. Sie vergaßen, daß sie einstmals als Anti-Partei und als Anti-Kriegspartei angetreten waren. Sie vergessen immer noch ihre Wurzeln. Sie sind eine „etablierte“ Partei geworden, worauf sie auch noch stolz sind.

An dieser Geschichte aller Parteien, können wir eine „innere Gesetzmäßigkeit“ beobachten: Wahl, Macht, Machterhalt und Ausgrenzung ... zum Schluß so etwas wie eine partei-parlamentarische Diktatur à la Schäuble & Co.

Einschub: Am 2. Februar meldet die Internet-Suchmaschine Yahoo einen Einbruch bei Birgitte Zypries: Berlin (AFP) - Unbekannte Diebe haben aus der Berliner Wohnung von Brigitte Zypries (SPD) zwei Laptops gestohlen. Wie die "Berliner Morgenpost" berichtet, entdeckte das Landeskriminalamt keine Spuren eines gewaltsamen Einbruchs. Den Einbruch habe die Ministerin deshalb auch erst Tage später bemerkt. Ein Ermittler sprach von einer "chirurgischen Tat", bei der es Profis offenbar gezielt auf die elektronischen Daten der Politikerin abgesehen hatten. Allerdings sollen sich auf den beiden Computern keine brisanten Daten befunden haben.

"Ein Einbruch bei einer solch einflußreichen Frau wird nicht aus einer Laune heraus begangen", sagte ein Beamter dem Blatt. Er schloß nicht aus, "daß es sich um eine politisch motivierte Tat handelt". Die Ermittler rechneten nicht damit, dass die beiden Geräte wieder auftauchen.

Zum Zeitpunkt des Einbruchs soll die Wohnung von Brigitte Zypries unbewacht gewesen sein, die Ministerin befand sich laut dem Blatt nicht zu Hause. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauerten an.

Schäuble und Zypries sind erst vor kurzem auf dem 11. Europäischen Polizeikongreß in Berlin aneinandergeraten. Es ging um die Datenvorratsspeicherung von unbescholtenen Bürgern. Einer der Hauptakteure auf diesem Polizeikongress war  der EU-Kommissar Franco Frattini. Er ist zuständig für Justiz, Freiheit und Sicherheit und arbeitet mit Schäuble eng zusammen. Frattini gehört der Berlusconi-Partei Forza Italia an und kann getrost als „Rechtspopulist“ bezeichnet werden. Bekommen wir also in Deutschland „italienische Verhältnisse“?

Aber zurück zu den Parteien. In dem Beitrag von Wolfgang Engler MEINUNG und  Meinungen auf Seite 2 ff. wird im Vorspann gefragt: Fehlt es an Konzepten? Fehlt es an Ideen? Fehlt es am Mut?

Ja, den Parteien fehlt es an Konzepten, an Ideen und an Mut. Sie wären ja sonst nicht Parteien, Machterhaltungsbünde bzw. Schutzbünde gegen neue Ideen. Jede neue Idee treibt den Parteiführern den Schweiß in die Stirn. Diese Selbstkastration der Parteien ist so offensichtlich, daß es an der Zeit ist, die Bürger aufzurufen, sich in den Gemeinden zu „Runden Tischen“ zusammenzufinden, um gezielt und von unten her, den Parteimachthabern  die ausgleichende Mitbestimmung der Bürger entgegenzusetzen.

Wenn diese Art der Mitbestimmung auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene institutionalisiert sein wird, dann werden wir sehen, ob und wie sich die Strukturen der Parteien verändern. Auf dem Weg dahin sind Volksentscheide eine notwendige Begleitung. Die rücksichtslose, neoliberale Globalisierung verlangt z.B. nach neuen Wirtschafts-Konzepten, die die Bürger in freier Diskussion entwickeln müssen. Die rücksichtslose Einschränkung von Freiheit  unter der perfiden Losung „Kampf dem Terror“ ist Terror an sich.

 
     
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