Dieter Kersten - März / April 2008

   
 

Einige Betrachtungen zur Staatslehre Artur Mahrauns und zur Demokratie

 
     
 

(D.K.) Den folgenden, kursiv geschriebenen, Text habe ich der schmalen Schrift von Helmut Kalbrenner Die Staatslehre Artur Mahrauns  entnommen, die 1986 im Verlag Wolfgang Lohmüller erschienen ist. Sie trägt den  Untertitel Sicherung des Friedens in Freiheit durch direkte Demokratie:

GEGEN DEN SCHEINDEMOKRATISCHEN OBRIGKEITSSTAAT

Mahraun warf der Republik von Weimar vor, >die großen Fragen der Zeit nicht gelöst< zu haben. Ihre Begründung auf dem System der parodistischen Demokratie habe neue Fehler zu den alten gefügt. Die augenblickliche Erscheinungsform der Demokratie führe das Wort >Demokratie< zu Unrecht, weil der Einfluß des Volkes in ihr fast vollkommen ausgeschaltet sei. Die eigentliche Herrschaft liege bei den Parteien und den sie finanzierenden Geldmächten. Die Republik habe den Deutschen wieder zum Untertanen gemacht. Das angeblich freie und allgemeine Wahlrecht vermöge keine wirkliche Volksherrschaft zu begründen, weil das Vorschlagsrecht für die Kandidaten allein bei den Parteien liege. Auch könne von einer echten >Wahl< deshalb keine Rede sein, weil keine Möglichkeit gegeben sei, sich ein wirksames persönliches Urteil über die zu Wählenden zu bilden. Darüber hinaus sei das Volk der Manipulation durch die Parteien und ihre geldkräftigen Hintermänner hilflos ausgeliefert. An die Stelle des Absolutismus der Fürsten sei der Absolutismus der großen Geldmächte getreten. Das Bekenntnis zur Demokratie verhülle nur die wahren Gewalthaber. Diese übten durch die Finanzierung der Parteien, die Herrschaft über die Presse, ihre Stellung in der Wirtschaft, die eigentliche Macht im Staate aus.

Besonders kritisierte Mahraun die Restauration des zentralistisch-hierarchischen Staatsapparates durch die Republik. Das politische System der Gegenwart sei dadurch gegen den Zugriff einer diktaturentschlossenen Minderheit nicht genügend gesichert. Seine Konstruktion sei einer Maschinerie vergleichbar, deren Tätigkeit von einem Hebel aus zu lenken sei. Wer den Platz an diesem Hebel innehabe, beherrsche die Maschinerie. Außerdem schlösse das Wesen der Gesamtkonstruktion jede Möglichkeit aus, sich mit Erfolg gegen diese Herrschaft aufzulehnen - eine Voraussage, die die Hitlerherrschaft dann in vollem Umfang bestätigt hat.

Mahraun machte der Republik ferner zum Vorwurf, das Problem der Masse nicht gelöst und den Menschen keine politische Heimat gewährt zu haben. Sie leite darüber hinaus ihre Organisation von der Herrschaft der Gegensätze ab, weil alles, was sich heute > einige <, dies in den gegensätzlichen Interessen von Weltanschauung, Stand, Rang, Kaste, Glauben, Partei, Beruf und Wirtschaft vornehme; dadurch sei jeder Gemeinsinn verloren gegangen. Man könne zu einer politischen Ordnung kein Vertrauen haben, die ihren Bestand auf der strukturlosen Masse aufbaue, die Übermacht des Kapitals über die öffentliche Meinung dulde und die Bürger mit den Mitteln der Propaganda in ohnmächtiger Untertänigkeit halte.

Die Urteile, welche der Hochmeister des JUNGDEUTSCHEN ORDENS, Artur Mahraun (1890-1950),  in dem vorgesetzten Text über die Weimarer Republik fällte, kann auch über die Bundesrepublik Deutschland gesprochen werden. In der Wochenzeitschrift FREITAG vom 25. Januar 2008 berichtet Kurt Pätzold unter der Überschrift Im Reich der Legenden über die Machtergreifung 1933 als eine gezielte, bewußt vorbereitete Machtübergabe durch die (nationale) „wirtschaftliche und politische Klasse“ an  Hitler und die NSDAP. Ich bezeichne diese Klasse(n) immer als Oligarchie, in Geschichte und Gegenwart. Das Volk der „parteiistischen“ Wähler hatte 1932 „falsch“ gewählt. Bei den Reichstagswahlen am 6. November 1932 wählten die NSDAP 2 Millionen Menschen weniger als bei den Reichstagswahlen im Juli 1932. Die Kriegstreiber und zukünftigen Kriegsgewinnler von Rhein und Ruhr (Reichsverband der Deutschen Industrie, ab 19. Juni 1933 Reichsstand der Deutschen Industrie) taten sich mit den ostelbischen Junkern zusammen. Sie wollten Anfang 1933 das Risiko einer wachsenden demokratischen Meinungs- und Bewußtseinsbildung des Volkes entgehen. Sie übertrugen die politische Macht an Adolf Hitler. Das „Macht ergreifen“ war angesichts der Stimmung im Volk  aus der Sicht der Oligarchie nicht möglich.

Wir haben 2008 die gleiche Situation, nur daß es sich bei den Kriegstreibern nicht mehr (nur) um eine nationale Oligarchie, sondern viel mehr als damals um eine internationale Oligarchie handelt. Während die nationalen Oligarchien bei einem starken Volkswillen noch zu kontrollieren gewesen wären, wird die Auseinandersetzung mit den internationalen Oligarchen weitaus schwieriger werden. Sie sind anonymer, die öffentlich handelnden Personen sind schnell ausgewechselt und vergessen.

Die Verschärfung der Kontroll- und Abhörgesetze durch Einführung einer zentralistischen Identitätsnummer bis zur „Gesundheitskarte“, den Gesprächsaufzeichnungen und einiges mehr, sind eindeutig Übernahme-Vorbereitungen für eine weltweit agierende faschistoide Oligarchie.

Der 11. September 2001 mit dem sich anschließenden „Kampf gegen den Terror“ war, wie damals „die Wahlen vom 6. November 1932“, der Anlaß, zusammen mit der „Globalisierung“ der Wirtschaft und der Nivellierung sozialer Systeme, einen weltweiten Krieg (Weltkrieg) zu inszenieren. Es geht darum, alle Rohstoffe, die sich außerhalb der „christlichen“ Staaten befinden, für diese zu sichern. Vielleicht geht es auch um ein Bevölkerungs-Reduzierungsprogramm. Der nächste Weltkrieg wird sich gehörig von den bisherigen Kriegen unterscheiden.

Um den Frieden zu bewahren bzw. zu erreichen, muß eine neue politische Ordnung des Zusammenlebens der Menschen eingeführt werden.

Mahraun hat sich nicht bei der Analyse politischer Zustände in der Weimarer Republik aufgehalten, sondern eine Staatsidee entwickelt. Kern dieser Staatsidee  ist die Gliederung des Staates und Volkes in überschaubare Gemeinschaften (ca. 500 Nachbarn/Bürger = die beieinander wohnen = Nachbarschaften). Für Mahraun ist es das Volk, welches den Staat verkörpert; und nicht irgendeine Behörde oder Partei. Deshalb schreibt Mahraun auch immer vom Volksstaat. Die gewählten, immer abwählbaren, Sprecher der Nachbarschaften  bilden einen Kreis-, Landes- und Bundesrat, um den Willen des Bürgers in die höchsten Entscheidungsgremien zu tragen.

Die überschaubare Gemeinschaft Nachbarschaft von ca. 500 Nachbarn ist deshalb so wichtig, weil in diesen Gemeinschaften Auge in Auge, sozusagen mit bestem Wissen und Gewissen, die gemeinschaftlichen Dinge verhandelt werden können. Die Entscheidungen sind deshalb verbindlich. Alle Angelegenheiten der Gemeinde, des Landes und des Bundes sind gemeinschaftliche Dinge. So werden die Nachbarschaften zu einer Volkshochschule für den Staatsbürger.

Die Nachbarschaften müssen sich ihren verfassungsgemäßen Rang natürlich erst erarbeiten. Es gibt erfreulicherweise viele Bürgerinitiativen, Bürgervereine, und politische Vereine, in denen politisch bewußte und kenntnisreiche Menschen tätig sind. Mein Appell an die Vereine ist, sich allen Bürgern zu öffnen, um den Initiativen für Volksabstimmungen, insbesondere denen, die die Neuordnungsidee Nachbarschaft aufgreifen, zu unterstützen. MEHR DEMOKRATIE e.V. sollte in ihren Kampagnen verfassungsändernde Initiativen aufnehmen, mit denen die Staatsidee Artur Mahrauns verwirklicht werden kann.

Es liegt nahe, den nachbarschaftlich gegliederten Volksstaat mit einer notwendigen Regionalisierung der Wirtschaft zu verbinden. Die immer weiter steigenden Energiepreise, hauptsächlich für Erdöl, werden es  mittelfristig unmöglich machen, „billige“ Ware aus fernen Ländern zu beziehen. Andererseits macht der technische Fortschritt in vielen industriellen Bereichen preisgünstige Kleinserien möglich. Was für die Industrie gilt, gilt auch für die Landwirtschaft. Subventionierte Felderstillegungen und Abholzung von Obstplantagen wegen Nichteinhaltung von Apfelgrößen oder ähnliches wird es in einem nachbarschaftlich gegliederten Volksstaat nicht mehr geben. Die in der Region erwirtschafteten Gelder  sollten möglichst als Ausgaben in der Region bleiben. Der „gesunde Menschenverstand“ wird wieder Vorrang vor bürokratischer Gängelei und Profitstreben haben.

Ich biete in der beiliegenden Bücherliste und auf der Web-Seite www.neuepolitik.com einige Bücher von und über Artur Mahraun und seine Staatsidee an. Ich weise außerdem auf die Wikipedia-Seite über Artur Mahraun hin.

Nachstehend dokumentiere ich den ersten Teil der Nachkriegsschrift Artur Mahrauns Der Protest des Individuums. Im Schlußteil dieses Beitrags verweist Mahraun auf zwei Teile dieser Schrift - Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung - und - Erklärung der Rechte des Menschen und Bürgers, verkündet in Paris.  Fast sechzig Jahre nach dem Erscheinen dieser Nachkriegsschrift kann ich nur feststellen, daß der positive Blick auf >Die Völker, denen die Demokratie das Ideal der politischen Ordnung verkörpert .. betrachten sie als die wichtigste und sicherste Gewähr des Friedens< leider ein Trugschluß war und ist. Wir wissen heute mehr über die widersprüchliche und traurige innere und äußere Geschichte  und Gegenwart dieser Völker und ihrer Regierungen als ein zuvor in Gestapo-Kellern gequälter Artur Mahraun Ende der 40er Jahre.

 
     
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