Helmut Soeder - November / Dezember 2008

   
 

Wiederbewaffung, Teilung und Verschuldung Deutschlands

 
     
 

(D.K.)  Ein kleines Vorwort: Helmut Soeder war bereits Abonnent in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sein Rückblick auf die jüngste Geschichte unseres Mutter- und Vaterlandes ist  für die Jüngeren unter den Lesern mit Sicherheit eine gut Grundlage für die politische Urteilsfähigkeit der Gegenwart.

Einundzwanzig Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs begann der Zweite. Nachdem Deutschland auch diesen verloren hatte, war das Land ein Trümmerhaufen. Nicht nur die zerstörten Städte mußten wieder aufgebaut werden. Außer gewaltigen Reparationsleistungen an die Siegermächte mußten die Vertriebenen integriert und enorme Rentenzahlungen an Kriegsversehrte und Hinterbliebene geleistet werden. Und das damals auch noch für die Folgen des Ersten Weltkriegs. Trotz des bedingten chronischen Geldmangels sicherte der Staat die späteren Rentenzahlungen für die jetzt arbeitende Bevölkerung durch Rücklagen. Von Kriegsende 1945 bis 1959 sammelte der Finanzminister auf diese Weise acht Milliarden DM (das entspricht € 35 Milliarden heutiger Kaufkraft) im berühmten „Juliusturm“ an.

1949 wurde Konrad Adenauer (CDU) mit nur einer Stimme Mehrheit (seiner eigenen) erster Bundeskanzler. Er betrieb sofort die Westintegration und Wiederbewaffnung. Stalin versuchte das auf diplomatischem Weg zu verhindern.

Auszug aus „Stalinnote“, Microsoft Encarta 99 Enzyklopädie: „Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts und einer immer klareren Bindung Westeuropas an die Vereinigten Staaten fühlte sich die UdSSR Anfang der fünfziger Jahre durch die geplante Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) unter Beteiligung der Bundesrepublik bedroht. In seiner ersten Note vom 10. März 1952 schlug Jossif W. Stalin daher den Abschluß eines Friedensvertrags mit Deutschland vor: Deutschland sollte ein einheitlicher, souveräner Staat mit demokratischer Verfassung werden und innerhalb der im Potsdamer Abkommen festgelegten Grenzen bestehen; es sollte in begrenztem Umfang Streitkräfte aufstellen dürfen; aber es sollte sich auch verpflichten, keine Bündnisse abzuschließen, die gegen andere Staaten gerichtet wären. Intendiert war überdies der Abzug sämtlicher Besatzungstruppen innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Friedensvertrags. Am 9. April 1952 stimmte Stalin in einer zweiten Note auch gesamtdeutschen Wahlen unter Aufsicht der Alliierten zu. Der Vorschlag eines neutralisierten Deutschland stellte das weitreichendste Angebot der Sowjetunion dar, mit dem sie einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag im Rahmen der EVG zu verhindern suchte. Die Westmächte und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer lehnten die Offerte jedoch vollständig und ohne jede Verhandlungsbereitschaft ab; sie interpretierten die Stalinnote primär als einen Versuch Stalins, den europäischen Integrationsprozess und die EVG-Gründung zu verzögern. Die bundesdeutsche Opposition und Teile der Öffentlichkeit sowie einige Historiker späterer Jahre werteten die Ablehnung von Friedensverhandlungen durch den Westen als verpasste Gelegenheit zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten“.

Adenauer war nicht bereit, über Stalins Angebot der Wiedervereinigung nach freien gesamtdeutschen Wahlen eines neutralen Deutschlands auch nur zu verhandeln.

Weiterer Auszug aus Encarta unter „Adenauer, Konrad“: „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Schärfe des Ost-West-Konflikts und angesichts der (vermeintlichen) Bedrohung durch die Sowjetunion strebte der entschiedene Antikommunist Adenauer seit Bestehen der Bundesrepublik energisch auch deren militärische Integration in die westliche Staatengemeinschaft an. Bereits ab 1950 bot er den drei Westalliierten einen deutschen Beitrag zur Verteidigung des Westens an und provozierte damit heftige innenpolitische Auseinandersetzungen nicht nur mit der SPD-Opposition, die eine einseitige Westbindung und eine Wiederbewaffnung strikt ablehnte, sondern auch in den eigenen Reihen; so trat z. B. der CDU-Innenminister Gustav Heinemann 1950 aus Protest gegen Adenauers Wiederbewaffnungspläne zurück. Trotz aller innenpolitischer Widerstände erreichte Adenauer mit den Pariser Verträgen die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO (1955). Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für den Aufbau der Bundeswehr waren bereits 1954 geschaffen worden“.

Und unter „Reparationen“ „Mit den Pariser Verträgen (1954) wurde die Reparationszahlung der Bundesrepublik beendet“. Denn nun wurde Westdeutschland zur amerikanischen Speerspitze gegen den kommunistischen Osten.

Der erste Fraktionsvorsitzende der SPD, Kurt Schumacher, nannte im November 1949 Adenauer wegen seiner Bemühung um Westintegration einen „Kanzler der Alliierten“.

Nach dem Abschluß der Pariser Verträge schlossen sich noch im gleichen Monat acht Staaten des Ostblocks zu einem Militärbündnis zusammen, dem Warschauer Pakt. Ihm wurden auch die inzwischen geschaffenen Streitkräfte der nationalen Volksarmee eingegliedert. Deutschland war nun gespalten. Wie anders wäre die Geschichte verlaufen, hätte die SPD den ersten Bundeskanzler stellen können! Damals war sie noch eine echte Alternative zu CDU und FDP.

Zum Aufbau der Bundeswehr wurden nun die Rücklagen aus dem Juliusturm verwendet. Damit konnten die Renten nicht mehr mit angespartem Kapital gesichert werden. Von Kapitaldeckung mit Zinsgewinn wechselte Adenauer zu einem Umlageverfahren, bei dem die derzeit Beschäftigten für die Gesundheits- und Rentenkosten aufkommen müssen. Fachleute warnten Adenauer, daß bei möglicher Überalterung der Bevölkerung (die inzwischen eingetreten ist) die Renten nicht mehr gewährleistet seien. Er wischte diese Bedenken weg mit der berühmt gewordenen Bemerkung: „Kinder kriegen die Leute immer!“ Wie sicher könnten die Renten sein, und wie unsicher sind sie geworden!

Die Ersparnisse aus dem „Juliusturm“ waren bis 1969 für die Aufrüstung verbraucht. Ab dort machte jede Regierung Schulden, und jedes Jahr höhere. Wie das Statistische Bundesamt im Februar 2008 berichtete, betragen die öffentlichen Gesamtschulden Deutschlands mehr als € 1,5 Billionen. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl hat jeder Deutsche, ob Säugling oder Greis, € 18.925.- Schulden, und eine Familie mit zwei Kindern € 75.700.-. Das sind Schulden der gegenwärtigen Generation, die sie den nachfolgenden vererbt. Seit Jahrzehnten verschuldet jede deutsche Regierung den Staat noch weiter. Sie wertet schon als großen Erfolg, wenn die Neuverschuldung etwas geringer als im Vorjahr ist. Für das Jahr 2007 waren das „nur“ weitere € 19600 Millionen Schulden. Künftige Generationen müssen diese ja irgendwie zurückzahlen, und den Gegenwärtigen fehlen die gewaltigen Zahlungen an Schuldzinsen für dringende soziale Aufgaben.

Wäre Deutschland neutral und vereinigt geblieben anstatt sich auf die Seite der USA zu schlagen, und hätten wir die gewaltigen Kosten der Wiederbewaffnung und Unterhaltung der Truppen zu Land, zu Wasser und in der Luft für Soziales ausgegeben, dann wäre die Sicherheit eines jeden Einzelnen in Deutschland unvergleichlich höher als heute, wo es keinen wirklich sicheren Ort mehr gibt. Erheblich vergrößert wird die Verschuldung der meisten Länder, auch Deutschland, durch den weltweiten Bankenskandal, für dessen Verluste vor allem diejenigen aufkommen müssen, die nicht an den Bankgewinnen Anteil gehabt hatten.

Wenn es nach Angelika Merkel gegangen wäre, dann hätte sich die Bundesrepublik auch am völkerrechtswidrigen Krieg der USA gegen den Irak beteiligt, und auch Deutsche Soldaten würden in fahnengeschmückten Särgen in ihre Heimat zurückkehren.

 
     
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