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Das geheime Zusammenspiel internationaler erzkonservativer Mächte beleuchtete eine Arte-Dokumentation des Senders 3sat vom 8. 10. 2008 mit dem Titel: Der Mann hinter Adenauer. Eine wortgetreue Wiedergabe der verschiedensten Zeugen folgt nachstehend stark gekürzt:
„Hans Globke, Adenauers Staatssekretär. Ein Mann, der schon in der Nazizeit und der Vornazizeit antijüdische Maßnahmen durchsetzte. Globke, ein Mann mit vielen Facetten und mit einer belasteten Vergangenheit, die die junge Bundesrepublik von Beginn an ins Zwielicht setzt“.
„1936 verfaßt er einen juristischen Kommentar, eine detaillierte Erläuterung zur praktischen Anwendung der Nürnberger Rassengesetze. Globke kommentiert akribisch die perfiden Details“.
(Der ehemalige Richter Peter Weber): „Damit wurde die Grundlage dafür geschaffen, die Leute zu klassifizieren, daß man sie aufteilen konnte in diejenigen, die deportiert und ermordet werden sollten, und diejenigen, die auf andere Art und Weise diskriminiert werden sollten“.
„Einige Paragraphen wurden durch ihn erheblich schärfer gefaßt und wurden entsprechend auch bei Begründung von Urteilen deshalb herangezogen. So sieht Globke bei der so genannten Rassenschande zwischen Juden und Arieren die Straftat nicht allein im Geschlechtsverkehr, sondern er erweitert den Straftatbestand auch auf beischlafähnliche Handlungen. Da könnte man daraus schließen, daß sich hier die katholische Sittenlehre mit dem nazistischen Rassenwahn berührt, denn nach katholischer Sittenlehre ist sexuelle Betätigung ohne Zeugungszweck absolute Sünde“.
„Ein Kommentar, der authentisch den Willen des Gesetzgebers auslegt, ist also die Grundlage für alles weitere Handeln. An der 11. Durchführungsverordnung, mit der die deportierten Juden staatenlos gemacht wurden und außerdem ihr Vermögen eingezogen wurde,. hat Globke im Jahre 1941 teilgenommen“.
„Die Nürnberger Gesetze. Ihre praktische Anwendung erfolgt nach der maßgeblichen Kommentierung durch Globke“. „Globke ist einer meiner fähigsten und tüchtigsten Beamten“, so Reichsinnenminister Frick“. (Anmerkung: 1946 wurde Frick vom Internationalen Militärgerichtshof im Rahmen der Nürnberger Prozesse u. a. wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tod verurteilt und in Nürnberg hingerichtet).
„Den militärischen Eroberungen folgen Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung. In den besetzten Gebieten und verbündeten Staaten berät der Verwaltungsspezialist Globke die Machthaber bei der Übernahme der NS-Gesetze. Oft reist er in Regierungsdelegationen mit Innenminister Frick“.
„Im Rheinland herrscht in den 1920er Jahren die Vatikannahe Zentrumspartei. Zu ihren wichtigsten Politikern gehören der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und der Parteivorsitzende Prälat Ludwig Kaas. Kaas steuert die Partei nach rechts, sucht Anschluß an die nationalistische Strömung, die sich gegen alles Linke richtet. Im März 1933 bringt er die Zentrumsfraktion dazu, Hitlers Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. Der Naziterror wird legalisiert. In Rom bereiten Pacelli und Kaas das Konkordat vor, einen Vertrag zwischen Vatikan und Hitler. Der Vertrag soll vor allem Eingriffe in die Religionsfreiheit verhindern. Dafür verzichtet die katholische Kirche auf jede politische Meinungsäußerung. Für den Vatikan steht der Feind grundsätzlich links. Kommunismus und Sozialismus werden in Wort und Schrift verteufelt. Eines dieser päpstlichen Pamphlete trägt Adenauers Staatssekretär Globke noch in den fünfziger Jahren bei sich“.
„Hans Maria Globke ist sein Leben lang ein gläubiger Katholik. Er war Mitglied der katholischen Studentenverbindung Bavaria in Bonn und der Zentrumspartei. Einer, der von seiner Kirche gedrängt wurde, in der NS-Zeit im Amt zu bleiben“.
„Kurz nach der Wannsee-Konferenz (1942) erfahren auch katholische Kreise von den Plänen zur Judenvernichtung, eine Tatsache, die immer geleugnet wurde. Zu den neuesten Funden, die jetzt belegen, was die katholische Kirche wußte, gehört das Auftauchen eines Dokuments, das untermauert, die katholische Kirche ist unmittelbar darüber informiert worden, was ansteht in der Organisation der Vernichtung des europäischen Judentums“.
„Doch der Stellvertreter Christi auf Erden protestiert nicht gegen die Vernichtung der Juden Europas. Solange Hitler gegen den Bolschewismus kämpft, soll er offensichtlich nicht aufgehalten werden“.
„Die Katholiken waren ja auch Experten in Scheinheiligkeit. Die konnten immer einerseits tun: wir sind also hier mit den Christen der Welt, eins plus Papst in Rom, und wir vertreten die Moral der Welt, und auf der anderen Seite haben sie immer gelernt – siehe Papst und die Nazis – sich wunderbar an momentane Machtverhältnisse anzupassen“.
(In Bern) „hat der amerikanische Geheimdienst OSS seine wichtigste Basis zur Sammlung von Informationen über Nazideutschland. Chef des OSS-Außenpostens ist Allen Dulles. Er sucht nach Persönlichkeiten, die nach dem Krieg Führungspositionen in einem neuen Deutschland übernehmen könnten“.
„…fand eine Sitzung des Komitees für Deutsche Reparationen statt. Es ist ein Kreis von hohen Beamten, Industriellen und Politikern. Dazu gehört auch Allen Dulles. Der spätere CIA-Chef hatte vor dem Krieg enge Kontakte zu Deutschland, ebenso wie sein Bruder John Forster, der künftige Außenminister und wichtigste amerikanische Freund Adenauers. J. F. Dulles hat nur schwarz und weiß gesehen. Kommunismus war der Teufel. Er hat für Christentum, Moral und Ethik gekämpft, und jetzt sah er sein Werk, die Kommunisten zu eliminieren, und die Religion, an die er glaubte, in der Welt auszubreiten“. Anmerkung: Hier dürfte auch der Grund dafür zu finden sein, weshalb bei der Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen 1948 für je 100 Reichsmark 6,50 DM eingewechselt wurden, außer für die katholische und evangelische Kirche. Sie konnten 1:1 umtauschen. „Die wirtschaftliche Unterstützung aus den USA hilft nicht nur der Bevölkerung in den westlichen Besatzungszonen. Sie soll vor allem den Einfluß des Kommunismus verhindern und einen neuen Absatzmarkt für die amerikanische Produktion schaffen“. „Nichts war einfacher, als mit Hilfe des Kalten Krieges zu sagen: wir müssen das christliche Abendland retten“. „Der Kalte Krieg nützt vor allem der US-Rüstungsindustrie. Mit seiner Einteilung der Welt in „freie“ und „kommunistische“ Staaten eröffnet Präsident Truman 1947 auch offiziell den Kalten Krieg“.
(Tom Polgar, US-Geheimdienst CIA 1947 – 1981): „Ich habe nie daran geglaubt, daß wir Krieg mit Rußland haben werden. Aber sehr viele Leute verdienen Geld mit der Angst. Und der ganze militärisch-industrielle Komplex der Vereinigten Staaten muß in Betrieb gehalten werden durch die Angst“.
„Antikommunismus und christliche Werte dominieren in der neu gegründeten CDU“. „Unter früheren Zentrumsleuten profiliert sich Konrad Adenauer als Parteichef. Adenauer wirbt aber auch um Mitglieder aus evangelischen Kreisen. Seine Vision: eine starke christliche Partei. 1949 gewinnt die CDU die Wahlen zum ersten Bundestag. Adenauer wird Bundeskanzler“.
„Als Kanzler Konrad Adenauer seinen Amtssitz, das Palais Schaumburg bezieht, ist ein Mann dabei, der frühere Zentrums- und jetzige CDU-Mann Hans Globke. Adenauer macht ihn zunächst zum Ministerialdirektor und setzt ihn 1953 als Staatssekretär im Kanzleramt durch. Globke wird sein engster Vertrauter, eine rätselhafte, auch provozierende Verbindung…“. (Gezeigt werden Massenproteste mit Plakaten: Keine Verjährung für Juden-Kommentator Globke). „Trotz politischer Proteste und scharfer Kritik in der Presse behält Adenauer Globke im Amt. Denn Globke ist längst unentbehrlich geworden. Die Personalpolitik wird von ihm alleine kontrolliert. Unter den erfahrenen Beamten, die er einstellt, haben viele eine einschlägige Vergangenheit“.
„Er hat so viele von den alten Nazis und auch von den rechtsgerichteten Zentrumsleuten, die eben so katholisch waren, in Bonn in Stellung gebracht, es gab ja fast kein Ministerium, wo nicht irgend so ein Kerl saß“.
„Alle Vorgänge im Kanzleramt laufen über Globkes Schreibtisch. Er berät Adenauer, bereitet Kabinettsvorlagen vor, hört sich in den Ministerien um. Wenn Adenauer Urlaub macht, ist Globke der heimliche Vizekanzler. Er ist der Mann hinter Adenauer, unübersehbar auch für das Kabinett, der bestinformierte Beamte in Bonn“.
„Für Globke, der gern im Verborgenen agiert, bieten im Kalten Krieg gerade die Geheimdienste ein ideales Betätigungsfeld. Schon bevor er Staatssekretär wird, ist er Adenauers Mann für vertrauliche Angelegenheiten“. „Globke kontrolliert den neu gegründeten Verfassungsschutz und den Bundesnachrichtendienst. Der Chef unseres Büros in Bonn war direkt mit Globke in Kontakt über Geheimdienstliches, das die CIA an Adenauer persönlich weitergeben wollte“.
„In einem Bericht vom Mai 1950 wird Globke bereits als Graue Eminenz der Bundesrepublik bezeichnet. Die CIA-Kontakte Globkes stehen im Zusammenhang auch mit dem Wiederaufbau einer deutschen Armee, die Adenauer trotz heftiger Proteste in der Bevölkerung durchsetzt.… Zuvor hatte Globke für den Kanzler heimlich Kontakt zu einstigen Generälen Hitlers aufgenommen“.
„…daß Globke auch innerhalb der CDU eine ganz tragende Rolle spielte. Er war in gewisser Weise der heimliche Generalsekretär der CDU, die damals noch schlecht organisiert war. Globke füllte dies Vakuum aus. Diese Machtposition innerhalb der CDU zeigte sich darin, daß er die Landesverbände koordinierte, mit auf Linie brachte… Globke verfügt auch über erhebliche Finanzmittel. Als Staatssekretär verwaltet er den millionenschweren Reptilienfonds, einen unkontrollierten Sonderetat des Bundeskanzleramtes. Und in der Partei verteilt er insgeheim Spendengelder der Industrie... Adenauer hätte die Finanzen keinem Funktionär der Partei anvertraut, wie etwa dem Bundesschatzmeister, der eigentlich dafür zuständig war. Insofern vertraut er seinem engsten Vertrauten, Globke, auch die Finanzen an“.
„1961 erscheint ein Buch von Reinhard Strecker mit vielen unbekannten Dokumenten zu Globkes Tätigkeit im Reichsinnenministerium. Schon vorher hat er Material über NS-Juristen zusammengetragen, die nach dem Krieg in den Justizdienst übernommen wurden. Die Übernahme schwer belasteter Personen aus dem 3. Reich bedeutet tatsächlich doch eine nachträgliche Legalisierung und Gutheißung dessen, was sie getan haben. Die Akten findet er in Polen und der Tschechoslowakei... BND-Chef Gehlen soll DM 50.000 eingesetzt haben, um die Veröffentlichung zu unterbinden... Gehlen durfte eigentlich nur im Ausland Nachrichten sammeln, aber er war von Globke angewiesen worden, das Erscheinen des Buches zu verhindern... Globke klagt gegen das Buch und erreicht einen Vergleich. Wegen zweier geringer Ungenauigkeiten wird der Vertrieb gestoppt und der Verlag verzichtet auf weitere Auflagen“.
„Ebenfalls 1961 findet in Jerusalem der Prozess gegen Adolf Eichmann statt, der die Deportation der Juden in die Vernichtungslager organisiert hatte. Die Adenauerregierung will mit allen Mitteln verhindern, daß Globke als Zeuge in den Prozess hineingezogen wird. Adenauer hat vorgesorgt. Mit dem israelischen Premierminister Ben Gurion verabredet er schon 1960, daß der Name Globke aus dem Eichmann-Prozess herausgehalten wird. Wie inzwischen aus CIA-Akten bekannt ist, hat auch CIA-Chef Allen Dulles interveniert. Er verhindert die Erwähnung Globkes in einem Artikel über Eichmann in der Zeitschrift Life. Hintergrund des deutsch-israelischen Zusammenspiels ist das Wiedergutmachungsabkommen zwischen beiden Ländern, in dem Globke Anfang der 50er Jahre maßgeblich mitgewirkt hat. Danach sollen drei Milliarden DM an Israel gezahlt werden. Doch in den folgenden Jahren wird mehr geliefert als Geld und Wirtschaftsgüter. Heimlich wird auch die Lieferung von Waffen nach Israel vereinbart, Waffen für den Kampf gegen die arabischen Nachbarn“. „... Die Israelis waren in einer schwierigen Situation. Sie brauchten die Deutschen. Sie brauchten Adenauer. Sie brauchten Waffen, sie brauchten Geld. Es ging um die Wiedergutmachung. Man sagt, daß der Herr Globke in dieser Hinsicht ganz zugänglich war. Es ging ja so weit, daß man lachte in jüdischen Kreisen: „Fragt doch Globke, der wird schon helfen!“
(Egon Bahr, Nachfolger Globkes als Staatssekretär 1969 - 1972): „…erinnere mich noch genau, wie beim ersten Besuch des israelischen Botschafters der sagte: „nun wird alles viel leichter, nachdem Sie hier sitzen und nicht mehr Herr Globke!“ Worauf ich ihm sagte: „Das ist ein Irrtum. Es wird alles viel schwerer. Denn hier sitzt niemand mehr, den Sie erpressen können“.
„Adenauer will und kann Globke nicht fallen lassen, so lange er Kanzler ist. 1963 gehen beide in Pension, zwei Männer, die gemeinsam die Weichen in der jungen Bundesrepublik stellten. Seinen Lebensabend will Globke in der Schweiz am Genfer See verbringen. Doch die Kantonsverwaltung verweigert dem Kommentator der Nürnberger Rassengesetze das Niederlassungsrecht. Ein einziges Mal hat seine Vergangenheit für ihn Konsequenzen“. „Der unauffällige Helfer im Hintergrund, der Adenauers Politik erst möglich machte. Er stirbt 1973“.
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