|
(D.K.) rbb-info radio sendete am 10. Oktober 2009 ein „Dossier“, in dem eine Mitarbeiterin des rbb im Reichtagsgebäude-Komplex (Bundestag) auf die Suche nach einer „Volkspartei“ ging. Sie fragte den Pförtner „Wo finde ich eine Volkspartei“, und der Angestellte der Steuerzahler (der Bürger) antwortete brabbelnd (unhöflich), in einem schlecht zu verstehenden Deutsch: „Sage nichts“.
Vor ca. drei Jahren hatte die NEUE POLITIK einen Mitarbeiter, der ab und zu, und dann meistens für das Feuilleton, einen Beitrag schrieb. Er erzählte mir, daß er Mitglied der CDU und im Reichstag beschäftigt sei, mit was, das blieb sehr unklar. Eines Tages erklärte er mir, daß er nicht mehr für die NEUE POLITIK schreiben kann. Einer seiner Vorgesetzten würde die NEUE POLITIK lesen und hätte ihn auf seine Autorentätigkeit angesprochen. Dieser Vorgesetzte sei Mitglied der SPD und nun fürchte er, seine Stellung zu verlieren, wenn sein Name weiter in der NEUEN POLITIK erscheine.
Der 24. Juli ist dem Heiligen Christopherus geweiht, der in der Katholischen Kirche auch Schutzheiliger der Autofahrer ist. Etwa vor dreißig Jahren verteilte ich vor einer Kirche im Weihrauchdunst Flugblätter gegen den Autowahn. Ein Einkäufer eines katholischen Kirchenamtes drohte mir und meiner Firma den Auftragsentzug an, der auch prompt erfolgte.
Die Angst, politisch Farbe zu bekennen, ist sehr groß. Die Angst, tolerant zu sein, ist ebenfalls sehr groß. Diese Ängste sind systemimanent. Sie gehören zu dem real vorhandenen Parteienstaat, in dem sich Gegensätzliches am besten organisieren läßt.
Die Landtagswahlen und die Bundestagswahl, vor allem die Ergebnisse bzw. die darauf folgende Postenschacherei haben gezeigt bzw. zeigen in einem ständigen politischen Prozess, daß die Parteien keine Substanz (Masse, Stoff, Bestand) haben. In der Philosophie steht Substanz für das Dauernde, das Wesentliche, auch für Materie. „Substanz der Parteien“ habe ich aus einer Nachrichtensendung. Es ist sehr interessant, den Sinn von Wörtern zu erkunden.
Was auch immer (viel) geredet wird ..... die staatstragenden Parteien haben keine Substanz und die nicht staatstragenden Parteien, die die Wahl verloren haben, die nicht in den Parlamenten sind, werden, sollten sie irgendwann einmal Parteienmacht ausüben dürfen, ebenfalls in die totale Substanzlosigkeit verfallen.
Ich weiß, von was ich schreibe. Viele Leser wissen, daß ich in den sechziger und siebziger Jahren Vorstandsmitglied im Land (Berlin) und im Bund der Partei Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD) war. Ich war ein (unbezahlter!) Partei-Funktionär, obwohl ich damals schon, etwa seit meinen siebzehnten Lebensjahr (Mitte der fünfziger Jahre), Anhänger der Mahraunschen Nachbarschaftsidee war. Ich hatte eine Vorstellung über und von Parteien und von den Gründen ihres Scheiterns. Die AUD ist 1980 mit ihrem Vorsitzenden August Haußleiter Mit-Gründungsorganisation der Partei DIE GRÜNEN geworden. Vieles, was wir jungen Leute damals, sagen wir mal zwischen 1966 bis 1976, laut gedacht und still formuliert haben, ist in das „grüne“ Programm aufgenommen worden. „Von deutschem Boden sollte nie mehr ein Krieg ausgehen“ (Willy Brandt). Petra Kelly, Co-Vorsitzende von August Haußleiter war eine streitbare Persönlichkeit, die sich für eine Entmilitarisierung der BRD eingesetzt hat. Stattdessen ist BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ohne Not, ohne Sinn und Verstand, Kriegspartei geworden. Die Partei hat dem Krieg zur Zerschlagung Jugoslawiens nicht nur zugestimmt, sondern ihn auch lauthals mitgeführt. Das Gleiche gilt für den Afghanistan-Krieg, der noch im Gange ist.
Die SPD, deren Vorsitzender einstmals Willy Brandt war, ist auch Kriegspartei geworden.
Die Parteien sind substanzlos; auch DIE LINKE. Diese ist eine in sich gebrochene (nicht zerbrochene) Staatspartei, die meint, mit einem mea culpa-Gesang (mea culpa, lateinisch „meine Schuld“) Politik gestalten zu können.
Der neoliberale, menschenfeindliche (faschistische) Kapitalismus ist in allen seinen Facetten an den substanzlosen Parteienstaat gebunden. Da reicht nicht mea culpa und die paulinische Schuld. Die Parteien sind verantwortungslos.
Besonders verantwortungslos gaben sich in dem Bundestagswahlkampf die Herren Horst Seehofer und Guido Westerwelle. Wie üblich, wurde Leistung durch eine große Schnute ersetzt. Ich frage mich immer wieder, wer wählt weshalb solche Typen und die dazugehörigen Parteien? Das gilt für fast den ganzen Bundestag.
Die Wahlbeteiligung lag bei den diesjährigen Bundestagswahlen um 7 Prozentpunkte niedriger als vor 4 Jahren. Die Wahlbeteiligung hat von Wahl zu Wahl abgenommen. Die SPD hat dadurch die Hälfte ihrer Wähler verlore,. aber auch die diesjährigen „Gewinner“ haben am 27. September Wähler verloren.
Wenn ich oben vom Scheitern der Parteien geschrieben habe, so heißt das nicht, daß die Maske Partei nicht weiter bestehen bleibt. Je substanzloser bzw. inhaltsleerer eine Partei ist, desto gefährlicher kann sie werden. Macht kann den Inhalt ersetzen.
Keine dieser staatstragenden Parteien ist angesichts der äußerst schlechten wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Lage bereit, neue Ordnungs-Ideen auch nur zur allfälligen Diskussion zu stellen. Das gilt auch für die marktbeherrschenden Medien. Wir brauchen eine gehaltvolle Diskussion z.B. über ein umlaufgesichertes Geld, über eine dezentrale, regional verknüpfte Wirtschaftsordnung, über eine Wirtschaft ohne Wachstum, über ein bedingungsloses Einkommen für alle Bürger, über eine direkte Demokratie zur Kontrolle des Parteienstaates.
Über alle diese Themen sind in der über fünfzigjährigen Geschichte der NEUEN POLITIK zahlreiche Beitrage erschienen. Auch finden Sie in der beiliegenden Bestelliste und unter www.neuepolitik.com Literatur zu allen diesen Themen und noch mehr. Sie als Leser der NEUEN POLITIK sitzen sozusagen an der Quelle und haben die Chance einer umfänglichen Information.
Das 1. Kapitel der schmalen Schrift DER PROTEST DES INDIVIDUUMS, niedergeschrieben nach 1945 von Artur Mahraun, trägt die Überschrift Der Aufstand der achtbaren Leute! Ich warte auf diesen Aufstand. Ich bin so naiv, mein Erstaunen über meine Mitbürger in meinem Vater- und Mutterland Deutschland zu äußern, die gezielt mit ihrer „mehrheitlichen“ Wahl von CDU/CSU und FDP die langfristige Vernichtung unseres Landes gewählt haben. Keine UNICEF-Spende reicht aus, das Leid der Kinder in Afrika zu mindern, wenn wir gleichzeitig meinen, einen Anspruch auf Geldmarkt-Profite von 20 % zu haben, oder wenn wir gleichzeitig, oder auch getrennt davon, ein lineares Wohlstandswachstum von 1 % und mehr für notwendig halten.
Es ist die Gier nach immer mehr Geld = „Wohlstand“ und die lediglich rhetorische Affinität zu Umweltschutz, die uns in eine „Diktatur der Märkte“ treibt. Wohl bemerkt, in die wir uns selbst treiben lassen.
Ich dokumentiere nun den Originalbeitrag Artur Mahrauns und anschließend einen Beitrag von Günter Dick über Mahraun.
|
|