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(D.K.) Diejenigen, die immer wieder bezweifeln, daß die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat ist, erhalten durch die polizeilichen und juristischen Vorfälle wie in Rostock „Oberwasser“. Die fehlende Rechtssicherheit in Deutschland ist durch die politische Vergangenheit im vorigen Jahrhundert in diesem Land, mehr als es guttut, bestimmt. Die Obrigkeit muß sich das immer wieder vor Augen halten und sollte die leider vorhandene Langmut der Bürger nicht für einen Freibrief für menschenfeindliches und undemokratisches Handeln halten.
Den nachfolgenden Text habe ich der Wochenzeitschrift DER FREITAG vom 24. September entnommen.
Cornelia Mannewitz rechnet jeden Tag mit ihrer Verhaftung. Der Aktivistin des Rostocker Friedensbündnisses drohen bis zu sechs Monate Beugehaft. Ihr Vergehen? Sie hatte den Reisebus angemietet, mit dem Antimilitaristen aus der Hansestadt und Umgebung im April zu den Protesten gegen den Natogipfel nach Straßburg fuhren. Bei den Ausschreitungen in Frankreich waren zwei Mitfahrer festgenommen worden und sitzen seither in Untersuchungshaft.
Schon im Juli wurde Mannewitz vom Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern fünf Stunden lang vernommen - als Zeugin. Bei der Befragung ging es um die Arbeitsweise und Struktur des Rostocker Friedensbündnisses, den Verlauf der Busfahrt zu den Protesten nach Straßburg - und um die Namen der Mitreisenden.
Weil Mannewitz dazu keine Angaben machte, wurde sie im darauf folgenden Monat von der Rostocker Staatsanwaltschaft zur Vernehmung vorgeladen. Bei diesem Termin wurde die Herausgabe einer Liste sämtlicher Teilnehmer der Busfahrt verlangt.
Die wollte die Friedensaktivistin allerdings nicht preisgeben. Unter Verweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht blieb Mannewitz den Ermittlern die Auskunft schuldig - weshalb gegen die Frau ein Ordnungsgeld von 500 Euro verhängt wurde. Außerdem muß sie sämtliche Kosten des Verfahrens tragen. Im Anschluß an die Vernehmung wurde ihre Wohnung von der Polizei durchsucht und ein Computer beschlagnahmt, den sie erst nach einigen Wochen wieder zurück erhielt. Doch damit war die Geschichte noch längst nicht zu den Akten gelegt.
Bunte Beteiligung im Bus
Die Behörden verlangten von Mannewitz immer noch die Namen der Businsassen. „Eine solche Liste gibt es nicht“, sagt ein Mitglied des Rostocker Friedensbündnisses. Im April sei "eine bunt gemischte Beteiligung“ in dem vollbesetzten Bus nach Straßburg aufgebrochen. Die Fahrt sei außerdem öffentlich gewesen. Monty Schädel, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG/VK), deren Mitglied auch Mannewitz ist, sieht die Versammlungsfreiheit bedroht. Wenn die Polizei ohne Probleme die Namen und Adressen von Demonstranten erhalten können, die sich per Bus auf die Anreise zu einer Protestaktion machen, hätte dies eine außerordentlich abschreckende Wirkung. Jeder müßte ständig fürchten, plötzlich im Visier staatlicher Ermittlungen zu stehen.
Vom Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern wollte niemand zu dem Fall Stellung nehmen. Die Behörden wissen natürlich auch, daß in dem Bus Menschen saßen, die sich nicht kannten, aus verschiedenen politischen Ecken kamen und eben nur das eine Ziel hatten, gegen die Jubelfeiern zum 60-jährigen Jubiläum der Nato zu protestieren. Die Nato sein „ein wachsendes Hindernis für den Frieden in der Welt“, hieß es damals in einem Aufruf. „Um unsere Vision von einer friedlichen Welt zu erreichen, lehnen wir militärische Antworten auf globale und regionale Krisen ab - sie sind Teile des Problems und nicht die Lösung.“
Die Ermittlungen dienen nur einem Zweck: Protestgruppen auszuforschen, Dissidenten abzuschrecken und Daten zu sammeln. |
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