Alfred Colsman - September / Oktober 2010

   
 

Rundschreiben an alle Freunde der Bauernschule Hohenlohe
Wo stehen wir eigentlich heute?
Was muß passieren?

 
     
 

Alfred Colsman Dipl.agr.
Hergertswiesen 2, 86495 Eurasburg, Vorsitzender des Schulvereins der Bauernschule Hohenlohe, Kirchberg/Jagst

23. Juli 2010

Kurze Lagebeschreibung

Die Menschen der Erde erkennen derzeit, daß die Erde in hohem Maße gefährdet ist: Die Entwicklung der Technik und die Abhängigkeit vom Erdöl haben inzwischen ein unerträgliches Übermaß angenommen, so daß die Versorgung der Menschheit mit Lebensmitteln bald nicht mehr gesichert ist.
Die Massentierhaltung und die Auflösung der bäuerlichen Agrarstruktur verbunden mit dem Einsatz großer Mengen von Agrarchemikalien sind die größten Mitverursacher der ökologischen Krise unseres Planeten.

Der Weltagrarbericht von 2008 (www.weltagrarbericht.de) hat aufgezeigt, daß eine generelle Wende in der Agrarpolitik erforderlich ist. Die Vergrößerung der Betriebe mit dem massiven Einsatz von Agrarchemikalien und die laut propagierte Gentechnik sind der falsche Weg!

Die Herrschsucht des Geldkapitals, das sich in dem System der Hochfinanz mit den internationalen Banken etabliert hat, hat das Leben der Völker massiv beeinflußt und unter ihre Gewalt gebracht. Das Ergebnis ist, daß auch die demokratisch geführten Länder mit ihren Parteienstrukturen nicht mehr fähig sind, den Willen ihrer Bürger wirklich durchzusetzen,  sondern infolge der meist starken Verschuldung nur noch den Auflagen der Hochfinanz gehorchen müssen.

Die natürlichen Grundlagen der Staaten, ganzer Kontinente, ja der ganzen Erde sind in höchstem Maße bereits in Gefahr, die dort lebenden Menschen nicht mehr ernähren zu können. Die Aufdeckung der Ursache dieser Fehlentwicklung muß Vorrang haben.

(„Wege aus der Hungerkrise - Die Erkenntnisse des Weltagrarberichtes und seine Vorschläge für eine Landwirtschaft von morgen" - Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Marienstr. 19/20, 10117 Berlin, Benedikt Haerlin, verantw. Redaktion)

Was müssen wir tun?

Die folgenden Maßnahmen müssen nun in Angriff genommen und auch durchgesetzt werden: (Diese Aufzählung kann nicht vollständig sein.)

  1. Jedem Land der Erde muß erlaubt sein, für die Versorgung der eigenen Bevölkerung die volle Souveränität zu haben. Damit liegt die Verantwortung für eine weitestgehende Eigenversorgung in der Hand der jeweiligen Bevölkerung. Aber genau diese Souveränität wurde durch die WTO abgeschafft.

  2. Die Bauern und Bäuerinnen und andere Teile der Gesellschaft tragen gemeinsam Verantwortung für die Bewältigung dieser Aufgabe und brauchen in diesem Bereich den notwendigen Freiraum. Sie wissen um die Bedeutung der Erhaltung einer lebensfähigen natürlichen Basis ihres Lebensraumes. Große Handelskonzerne sind offenbar nur gewinnorientiert und zerstören weltweit die bäuerlichen Strukturen und wollen über Patente noch mehr Einfluß.

  3. Nur der mit großer Sorgfalt gepflegte Boden und die ökologische Vielfalt der Landschaften einschließlich der Tier- und Pflanzenwelt sind die  Lebensgrundlage für alle Menschen und müssen erhalten werden. Auch unsere Nutztiere sind Geschöpfe im Sinne der Schöpfung und dürfen nicht mißbraucht werden.

  4. Eingriffe in diese naturgesetzlichen Ordnungen dürfen nicht durch Auflagen von außen - wie durch machtpolitisch geprägte internationale Institutionen - zerstört werden. Der Lobbyismus der Interessenverbände aus dem Bereich der Industrie und des Kapitals im Vorfeld der politischen Entscheidungsträger muß enttarnt und zurückgedrängt werden. Im Weltagrarbericht gibt es eindeutige Hinweise und auch Lösungsmöglichkeiten auf diesem Felde.

  5. Die heutige Form der Landbewirtschaftung auf der Grundlage der energieintensiven, industrialisierten Großraumlandwirtschaft mit dem Einsatz von Erdölprodukten (Agrarchemie) kann daher keine Lösung bieten. Sowohl die Endlichkeit der fossilen Energieträger als auch die Klimaveränderungen zwingen zu drastischen Kursänderungen in der Agrar- und Sozialpolitik.
  6. Vorrang muß haben: die unbedingte Erhaltung der noch vorhandenen landwirtschaftlich nutzbaren Flächen zur Nahrungserzeugung. Die sozialen Bedingungen in den agrarisch strukturierten Ländern, vor allem in der dritten Welt, haben bewiesen, wie wichtig die Selbstversorgungsstruktur mit ihrer lokalen Marktstruktur ist, weil sie eine große Anzahl Menschen mit Lebensmitteln versorgen konnte. Dies kann auch für andere Regionen Vorbild sein.

Die Voraussetzung für eine solche vielseitige und intensive Landbewirtschaftung ist der pflegliche Umgang mit dem Humus im Boden und dem Grundwasser in einer von Menschen geschickt gestalteten Landschaft mit hoher Biodiversität.

Für diese komplexe Aufgabe werden gut ausgebildete und fähige Menschen gebraucht. Sie sind in allen Völkern zu finden und müssen vor einer rein betriebswirtschaftlich erzogenen und geldgierigen Umgebung geschützt werden.

Somit wird deutlich, daß die landwirtschaftlich tätige Bevölkerung nicht nach den  rein betriebswirtschaftlichen (industriellen) Maßstäben beurteilt und behandelt werden darf. Vielmehr wird erkennbar, daß die natürliche Ordnung der Welt, die auch als die Schöpfungsordnung definiert werden kann, nicht mit betriebswirtschaftlichen Begriffen allein gemessen werden darf, um auf Dauer lebensfähig erhalten zu werden. Um dieses Ziel kraftvoll zu unterstützen, sind auch die Kirchen in die Pflicht zu nehmen, ist es doch gerade ihre Aufgabe, die Schöpfung zu erhalten.

Als Folgerung daraus ist festzustellen:

Die bäuerlich betriebene Landwirtschaft unterliegt eigenen Gesetzmäßigkeiten, die dem Bauern eine große Entscheidungsfreiheit für die täglich notwendigen Maßnahmen zuerkennt.

Politiker - ganz gleich welcher Stellung - dürfen sich daher nicht anmaßen, den Bauern über die in ihrem Betrieb notwendigen Maßnahmen Vorschriften zu machen. Andererseits können klare Auflagen hinsichtlich der einzusetzenden Mittel - Verzicht auf alle schädlichen Eingriffe - erforderlich sein.

Aus der politisch erzwungenen weltweiten Öffnung der Märkte und der damit verbundenen Spekulation und dem daraus entstandenen Preisdruck ist die Landwirtschaft unter den Zwang zur Erzielung von Höchsterträgen geraten. Gerade dieser Zwang führte zu den Überschüssen in den hochtechnisierten Ländern und damit zu Preisverfall. Dafür trägt die weltweite Agrarpolitik die Verantwortung.

Das Streben nach höchstem finanziellem Ergebnis widerspricht jedoch dem Verlangen nach bester Qualität im Sinne der besten Gesundheit der hergestellten Produkte in natürlicher Vielfalt.

Hier hat eine neue Agrarpolitik neue Prioritäten zu setzen und diesen scheinbaren inneren Widerspruch aufzulösen.

Jeder bäuerlich wirtschaftende Mensch ist diesem Spannungsfeld so lange ausgesetzt, solange er auf seinem Hof noch nicht die optimalen Bedingungen erreicht hat, die die Natur für ihn bereit hält.

Um dieses Ziel zu erreichen, braucht er eine lange Ausbildung oder auch Erfahrung, die die traditionellen Bauernfamilien immer gepflegt haben.

Diesen Grundbedingungen hat eine verantwortungsvolle und anspruchsvolle Agrarpolitik unbedingt Rechnung zu tragen, in dem sie die Lebensmittelwirtschaft grundsätzlich von spekulativen Elementen freihält. Darum ist den einzelnen Staaten die Ernährungssouveränität ohne wenn und aber wiederzugeben. Daraus folgt aber auch, daß die Staaten für ihren Handel mit Lebensmitteln selbstverantwortlich Verträge mit anderen Ländern abschließen können.

Das bedeutet, daß auf diesem Gebiet, dem Lebensmittelmarkt, eine Liberalisierung nicht angebracht ist und daher überwunden werden muß.

Die dafür einzuführende Marktordnung muß alle Partner auf dem Markt der Lebensmittel auf Augenhöhe miteinander zusammenführen, um zu vernünftigen Regeln für alle Beteiligten zu kommen.

Das ist die einzig sinnvolle Ordnung für einen friedlichen Interessenausgleich.

Die Agrarforschung und Ausbildung für einen landwirtschaftlichen Beruf müssen den Erfordernissen eines flächendeckenden, chemie-und gentechnik-freien, biologischen Landbaus angepaßt werden.

In gleicher Weise ist die heranwachsende Jugend auf die Bedeutung der gesunden Lebensmittel hinzuweisen und ihnen der Umgang damit zu vermitteln.

Zugleich ist jeglicher irreführender Betrug im Bereich Werbung für verfälschte Nahrungsmittel (wie z. B. der Begriff „naturidentische Zusätze") zu verbieten.
Das Thema „Codex Alimentarius" muß vor seiner Einführung einer ausführlichen öffentlichen Diskussion unterzogen werden, hier sind schon jetzt allzu viele Ungereimtheiten bekannt geworden!

(Anmerk. D.K. Der Codex Alimentarius, lat. für Lebensmittelkodex, ist eine Sammlung von Normen für die Lebensmittelsicherheit und -produktqualität, die von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation und der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen erstmals 1963 herausgegeben wurde.)

Wie der Weltagrarbericht 2008 feststellt, ist eine Wende in der Agrarpolitik absolut notwendig. Darin wird ausgeführt, daß die kleineren Betriebseinheiten in der Landwirtschaft entscheidend gefördert werden müssen, da sie eine viel größere Pflanzenvielfalt erhalten können, dazu mehr Menschen auf dem Land bleiben können, was besagt, daß je Flächeneinheit auch wesentlich mehr Menschen ernährt und beschäftigt werden können.

Die immer stärker auftretende Massentierhaltung ist ein Mißbrauch der Mitgeschöpfe aus dem Tierreich und ethisch überhaupt nicht vertretbar. Sie ist eine der Hauptursachen des Klimawandels! Die widernatürliche Klonung von Tieren und der Verzehr ist zu verbieten und muß schnellstens eingestellt werden. Es kann nur eine dauerhafte Einschränkung des Fleischkonsums in Zukunft sinnvoll sein.

Die landschaftliche Vielfalt kann sich in kleiner strukturierten Gebieten viel besser entwickeln und bietet mehr Menschen Lebensraum. Das Interesse an selbsterzeugten, frischen, gesunden Lebensmitteln muß wieder wachsen.

Dem Weltagrarbericht zufolge sollten alle gentechnisch veränderten Pflanzen und Tiere (GVO) verboten werden, da sie das gesamte Leben der Erde in höchstem Maße gefährden.

Die Tatsache der Nicht-Zurückholbarkeit von GVO ist ja schlimmer als eine atomare Verseuchung durch eine Atombombe, da diese, wenn auch erst sehr langsam, wieder abklingt. Die gentechnische Verseuchung breitet sich aber immer nur weiter aus und hat sich schon jetzt als eine tödliche Gefahr erwiesen!

Das Bienensterben in den USA sollte ein deutliches Warnsignal sein!

Die Auskreuzung der GVO auf die natürliche Population ist schon jetzt alarmierend!

Auch das Auftreten von gefährlichen „neuartigen Krankheiten" vor allem in den USA sollte mehr Beachtung finden.

Die Zulassung von Neuzüchtungen in diesem Bereich sollte unter der strengen Auflage geschehen, daß mindestens drei Generationen von Versuchstieren absolut gesund geblieben sein müssen, andernfalls keine Zulassung erfolgen darf.

Fast alle im Bereich Gentechnik tätigen Wissenschaftler und Behörden unterhalten Beziehungen zur Gentechnikindustrie und sind damit nicht mehr frei!

Sokrates: „Nur ein wirklich Unabhängiger kann der Wahrheit dienen."
Wohin gerät die Welt? Wir müssen jetzt handeln!

 
     
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