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(D.K.) Seit fast Jahrzehnten haben mein Vater und nach seinem Tod ich ein Abonnement auf eine Schriftenreihe „Das Recht der Wirtschaft“. In der Gruppe Steuerrecht gibt es ein inzwischen voluminöses Buch „Die Einkommensteuer-Erklärung“. Die „13. vollständig überarbeitete Auflage 2009“ umfaßt 408 Seiten, die „14. vollständig überarbeitete Auflage 2010“ 431 Seiten, das sind innerhalb eines Jahres „ein Plus“ von 23 Seiten. Wenn ich 14 Auflagen x 23 Seiten = insgesamt 322 Seiten Zunahme annehme, dann wird die 1. Auflage möglicherweise 109 Seiten gehabt haben. Das scheint mir eine durchaus realistische Annahme zu sein, obwohl ich nicht weiß, wann die 1. Auflage erschienen ist. Welch eine selige Einkommen-Steuer-Vergangenheit!!! Und was für einen Widerspruch zu den veröffentlichten Äußerungen der Abgeordneten und der Minister in Land und Bund über Steuervereinfachungen!
Um den Steuerzahler besser betrügen zu können, werden Steuerberatungskosten für Privatleute bei den Berechnungen für die Einkommensteuer nicht berücksichtigt. Aus Kostengründen werden Steuerberater nicht immer konsultiert. Vor Jahren, als ich meine Einkommensteuer-Erklärung noch selber machte, ist die Bearbeitung meines Einspruches gegen einen Einkommensteuerbescheid vom Finanzamt abgelehnt worden. Als ich dann einen Steuerberater bemühte, ist in der gleichen Sache dem Einspruch sofort stattgegeben worden. Der Finanzamts-Betrug war zu offensichtlich. Jeder Prozeß wäre vom Finanzamt verloren worden.
Über die Bürokratie
Aus FREITAG vom 28. Novmeber 2008 -
Georg Seßlen: Die Verstopfung ist OUT.
Von den drei Hauptaufgaben der Bürokratie leiten sich drei Nebenaufgaben ab: Eine vierte Aufgabe der Bürokratie nämlich besteht in der möglichst umfassenden Verschleierung sowohl aller jener Vorgänge, mit denen sie befaßt war, was in der oben beschriebenen Dialektik freilich gleichzeitig bedeutet: Bürokratie dient der Verschleierung von Wegen des Kapitals. Bürokratie erzeugt ein ebenso umfassendes wie (strukturiert) unlesbares Dokument seiner selbst. Sie erzeugt eine Sprache, die "korrekt" ist, die aber dennoch niemand lesen kann. Sie erzeugt eine "Erzählung" des Kapitals, die gerade in ihrer Unlesbarkeit den Anschein von Rationalität wahrt. Sie erzeugt Mißverständnisse (und wiederum: nicht aus "Verrücktheit" sondern immer im Dienste der je eigenen Interessen): Die Kommunikation zwischen Bürokratien ist ein strukturiertes misreading (weshalb wir ohnehin die Welt nur noch in Form von James Bond-Filmen verstehen). Wenn das Unternehmen seine eigene Bürokratie (die es doch nur gut mit ihm meint) nicht mehr versteht, oder umgekehrt, wenn zum Bei-spiel die Bürokratie dem Konzern beim Verschleiern so weit hilft, daß man selber darauf hereinfällt, ist der Zusammenbruch ebenso unabdingbar, wie eine Bürokratie ein Management, dem es treu beim Verschleiern hilft, diese beim Kriminellwerden begleiten muß.
In diesem Jahr (2010) hat mir das Finanzamt einen bewußt falschen Steuerbescheid für 2009 zugeschickt. Als mein Steuerberater den Sachbearbeiter nach dem „wieso“ fragte, bekam er die Antwort, daß das entsprechende Computerprogramm nicht funktioniert. „Das ist doch kein Grund, einen offensichtlich fehlerhaften Steuerbescheid zu erteilen?“, war die nächste Frage. „Der Steuerpflichtige kann ja Widerspruch einlegen“, war die Antwort. Wer also den ohnehin komplizierten Steuerbescheid nicht versteht, zahlt mehr Steuern. Es ist eine durch und durch, in „Haupt und Gliedern“, kriminelle Steuerverwaltung, mit dem der normale, arbeitende Bürger ständig zu tun hat.
Zwischenbemerkung: In der Redaktionssitzung ist dieses Urteil als zu krass und einseitig bezeichnet worden. Es sind nun mal meine Erfahrungen, die sich durch weitere Beispiele bekräftigen lassen. Ich würde es mir bei einer solchen Sprache bei den Lesern nur verderben hieß es. Den ehrlichen Menschen in der Finanzverwaltung kann ich nur empfehlen, Kontakt mit dem Wistleblower Netzwerk e.V. Aufzunehmen. Die Internetadresse lautet: www.whistleblower-net.de/ .
Die Klagen, auch die juristischen Klagen, gegenüber dem Finanzamt nehmen zu. Ich habe leider keine aktuelle Statistik, wie viel Prozesse das Finanzamt verliert. Fanden früher Prozesse vor dem Bundesfinanzgericht statt, so waren deren Urteile in den meisten Fällen Grundsatzurteile und galten, in gleicher Sache, für alle Steuerpflichtigen. Diese sinnvolle Praxis ist durch eine Anweisung des Bundesfinanzministers aufgehoben worden. Jeder Steuerpflichtige, der meint, ihm wäre Unrecht geschehen, muß selber klagen. Der Bundesfinanzminister hofft, daß möglichst wenig Steuerbürger klagen, damit der Diebstahl, den er begeht, besonders groß ausfällt. Gewinnt übrigens der Staat, dann gilt das natürlich gegenüber allen Bürgern. Eine gute Einnahmequelle für den Mafia-Staat.
Schlußbemerkung: Ein Bekannter, der in der Verwaltung von Berlin, höherer Dienst, arbeitet (nicht Finanzamt), ist glücklich, wenn Gesetze, oft durch Lobbyisten gemacht, nicht so eindeutig, in sich schlüssig, formuliert sind. Dann hat er die Möglichkeit, alles viel besser, zu seinem und seiner Dienststelle Gunsten auszulegen. Der Bürger kann ja klagen, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Wir sind einer Denkweise ausgesetzt, die mit Selbstbestimmung der Bürger nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
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