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Oliver Berg
Freitag, 26. August 2011
AFP (Agence France-Presse)
Telekom-Chef René Obermann bekommt den wenig schmeichelhaften
Titel "Sprachpanscher des Jahres 2011". Der Verein Deutsche
Sprache stört sich daran, daß fast alle Tarife englische Namen
hätten wie "Entertain Comfort" oder "CombiCard Teens".
Telekom-Chef René Obermann bekommt den wenig schmeichelhaften Titel
"Sprachpanscher des Jahres 2011". Die Deutsche Telekom habe
"ihre Kunden über Jahre hinweg mit englischen Sprachimporten
verärgert", begründete der Vorsitzende des Vereins Deutsche
Sprache, Walter Krämer, die Wahl. Nahezu alle Tarife des Konzerns
hätten englische Namen wie "Entertain Comfort", "Call
& Surf Comfort" oder "CombiCard Teens".
Obermann wurde von den VDS-Mitgliedern mit großem Abstand zum "Sprachpanscher"
gekürt. Von den 4764 abgegebenen Stimmen entfielen 1832 auf den Telekom-Chef.
Auf den weiteren Plätzen folgten Bundesfamilienministerin Kristina
Schröder (CDU), der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands,
Nikolaus Schneider, der Vorsitzende der Deutschen Shell Holding, Peter
Blauwhoff, und der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen
Weise.
(D.K) Gerhard Neudorf, Herausgeber und Chefredakteur der sehr lebendigen
und interessanten Zeitschrift IDEE UND BEWEGUNG der Kulturinitiative „Lebendig
Leben“ zur zeitgemäßen Fortführung der Impulse des
Wandervogels und der Jugendbewegung hat am 23.7.2011 der Telekom Deutschland
GmbH, 53171 Bonn, zu diesem Thema folgenden Brief geschrieben:
Betr.: Bitte um ein Gespräch über englische Ausdrücke in
Ihren Mitteilungen
Sehr geehrte Damen und Herren, heute, beim Überfliegen Ihrer Juli-Rechnung,
fiel mir wieder Ihre Beilage „News 07/11“ ins Auge, und ich
wollte sie, wie üblich, ungelesen zornig zum Altpapier entsorgen,
entschloß mich dann, Ihnen zu schreiben.
Welche Folge, frage ich Sie, hat es für Kinder von zugewanderten
Familien, die mit Mühe Deutsch lernen, wenn sie das Wort „News“
lesen und es für ein deutsches Wort halten, sich vielleicht daran
gewöhnen? Werden sie nicht in ihren Aufsätzen dieses Wort als
deutsches Wort gebrauchen, Fehler angerechnet bekommen und unser deutsches
Wort „Neuigkeiten“ nie kennenlernen? Und werden möglicherweise
ihre Geschwister und Eltern ähnlich fehlgeleitet werden?
In Ihrer Beilage heißen die nächsten Überschriften unter
„1/Unterhaltung nach Maß“ (dreimal richtiges Deutsch!)
„Entertain Pur“ (kein Deutsch und kein Englisch!), Unter „2/Praktische
Doppel-Flatrate“ (von dreien ein deutsches Wort: „Doppel“!),
„Call & Surf Comfort IP (drei englische Wörter und eine
Abkürzung IP, die kein Normalmensch kennt) und unter „3/Für
Ihre Kinder unerreichbar:“ (Sie verwenden hier erstaunlicherweise
vier verständliche deutsche Wörter!) „CombiCardTeens“
(im Kontrast dazu völlig unverständlich!)
In den neuen Bundesländern sind die wenigsten des Englischen kundig.
Was, meinen Sie, werden die meisten Menschen mit Ihrem Prospekt machen?
Werden sie ihn nicht entsorgen wie ich sonst? Und werden die über
20% der westdeutschen Bevölkerung, die auch kein Englisch beherrschen,
es anders machen?
Die Begriffe „Entertain Pur“ (warum ist das letzte Wort groß
geschrieben?), „Call & Surf Comfort IP“ und „CombiCard
Teens“ werden im Inneren Ihres Faltblatts dann als Überschriften
wiederholt – weiterhin ohne Übersetzung! Unter 3. taucht dann
ein Begriff „Elternline“ auf, ein deutsch-englisches Mischwort,
das auch nur erraten werden kann.
Unschön ist dann auch die Begrifflichkeit „Neu: SMS Flat allnet“.
Nun frage ich Sie: Sind Sie als Fast-Monopolist nicht zur Elite verpflichtet,
die vorbildlich für alle Bevölkerungsschichten zu sorgen hat?
Oder meinen Sie, daß Sie durch Ihre Monopolstellung Menschen überfahren,
verdummen und aus der Kommunikation des deutschen Sprachraums ausschließen
dürfen? Merken Sie, daß Sie sowohl ausländerfeindlich
handeln wie auch die Gleichheit der Demokratie missachten?
Dieses Schreiben sende ich mit gleicher Post an einige meiner Bekannten,
die dann auch Ihre Antwort erhalten werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Antwort
Telekom Deutschland GmbH
53171 Bonn
Herrn Gerhard Neudorf
Ihre Referenzen Ihr Schreiben vom Samstag 23. Juli 2011
Ihr Kontakt Kundenservice
Erreichbar unter 0800 33 01000
Datum 05.08.2011
Thema Verwendung englischer Begriffe
Sehr geehrter Herr Neudorf,
wir können Ihre Kritik an der Verwendung englischer Begriffe bei
der Telekom verstehen und bedanken uns für Ihre offenen Worte.
Da wir als zukunftsorientiertes Unternehmen weltweit tätig sind,
stellt uns dies sprachlich vor besondere Herausforderungen. Auf der einen
Seite möchten wir uns verständlich ausdrücken - andererseits
gibt es mittlerweile eine Fülle von Fachausdrücken, deren Verwendung
national und international üblich und gebräuchlich ist. Weiterhin
sichern einprägsame Produktbezeichnungen, die markenrechtlich geschützt
sind, den Wiedererkennungswert und die Konkurrenzfähigkeit an den
internationalen Märkten.
Zugegeben, es ist nicht ganz einfach, sich in unserem Hochtechnologie-Bereich
sprachlich zur Zufriedenheit aller auszudrücken - da wir den Bedürfnissen
unserer deutschen Kunden entsprechen möchten, aber auch international
verständlich sein wollen.
Wir sind uns bewußt, daß dies eine Gratwanderung ist und hoffen,
Ihnen mit unseren Argumenten unser Vorgehen nähergebracht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Zenger Wilhelm Riester
Gerhard Neudorf hat am 15.8.2011 noch einmal geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Antwort habe ich gelesen und daß Sie Ihrer „Konkurrenzfähigkeit
auf internationalen Märkten“ Vorrang vor „den Bedürfnissen
der deutschen Kunden“ einräumen.
Nun möchte ich konkret von Ihnen wissen:
1. Wieviele ausländische und wieviel deutsche Kunden erhalten Ihre
Rechnungen?
2. Wieviele Mehrkosten würden Ihnen etwa entstehen, wenn Sie Prospekte
in gutem Deutsch an die Bevölkerung Ihres Sendegebietes Deutschland
versenden würden?
Unbeantwortet ließen Sie meine Fragen (entsprechend der Reihenfolge
in meinem Brief):
a. nach Ihrer Verantwortlichkeit „für Kinder von zugewanderten
Familien, die mit Mühe Deutsch lernen, wenn sie das Wort „News“
lesen und es für ein deutsches Wort halten ..“,
b. daß „Entertain Pur“ kein Deutsch und kein Englisch
ist,
c. daß „Call & Surf Comfort IP drei englische Wörter
enthält und eine Abkürzung IP, die kein Normalmensch kennt,
d. daß unter „3/Für Ihre Kinder unerreichbar:“
die Formulierung „CombiCardTeens“ für des Englischen
Unkundige völlig unverständlich ist,
e. daß „in den neuen Bundesländern ... die wenigsten
des Englischen kundig“ sind.
f. daß der unter 3. auftauchende Begriff „Elternline“,
ein mühevoll zu erratendes deutsch-englisches („denglisches“)
Mischwort ist und
g. die Begrifflichkeit „SMS Flat allnet“ trotz des Reims in
der Häufung von Abkürzungen sprachlich schlicht unschön
ist.
Meine Frage nach Ihrem Verantwortungsgefühl für in Deutschland
lebende und des Englischen unkundige Menschen ist unbeantwortet, ferner
a. ob Sie einsehen, daß Sie „als Fast-Monopolist ... vorbildlich
für alle Bevölkerungsschichten zu sorgen“ haben?
b. oder ob Sie meinen, daß Sie durch Ihre Monopolstellung Menschen
überfahren, verdummen und aus der Kommunikation des deutschen Sprachraums
– vermutlich grundgesetzwidrig - ausschließen dürfen?
c. daß Sie somit sowohl ausländerfeindlich handeln wie auch
die Gleichheit der Demokratie in Deutschland selbst missachten?
d. zusammenfassend: ob Sie dem ‚Wort „dienen“ in Ihrem
Geschäftsgebaren wieder einen ebenbürtigen Rang wie „verdienen“
geben wollen?
Auf Ihre neuerliche Antwort bin ich gespannt! Und unseren Briefverkehr
mache ich bekannt, damit noch mehr Menschen Mut fassen, sich dafür
einzusetzen, daß in Deutschland zur Wohlfahrt aller Mitbürgerinnen
und Mitbürger wieder verständliches Deutsch gesprochen wird.
Mit vorzüglicher Hochachtung
(D.K.) Die Antwort fehlt bisher (27. 08. 11)
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