Oliver Berg - September / Oktober 2011

   
 

Telekom-Chef zum "Sprachpanscher des Jahres" gewählt -
Verein Deutsche Sprache kritisiert
englische Tarifnamen

 
     
 

Oliver Berg Freitag, 26. August 2011
AFP (Agence France-Presse)

Telekom-Chef René Obermann bekommt den wenig schmeichelhaften Titel "Sprachpanscher des Jahres 2011". Der Verein Deutsche Sprache stört sich daran, daß fast alle Tarife englische Namen hätten wie "Entertain Comfort" oder "CombiCard Teens".

Telekom-Chef René Obermann bekommt den wenig schmeichelhaften Titel "Sprachpanscher des Jahres 2011". Die Deutsche Telekom habe "ihre Kunden über Jahre hinweg mit englischen Sprachimporten verärgert", begründete der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache, Walter Krämer, die Wahl. Nahezu alle Tarife des Konzerns hätten englische Namen wie "Entertain Comfort", "Call & Surf Comfort" oder "CombiCard Teens".

Obermann wurde von den VDS-Mitgliedern mit großem Abstand zum "Sprachpanscher" gekürt. Von den 4764 abgegebenen Stimmen entfielen 1832 auf den Telekom-Chef. Auf den weiteren Plätzen folgten Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Nikolaus Schneider, der Vorsitzende der Deutschen Shell Holding, Peter Blauwhoff, und der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise.

(D.K) Gerhard Neudorf, Herausgeber und Chefredakteur der sehr lebendigen und interessanten Zeitschrift IDEE UND BEWEGUNG der Kulturinitiative „Lebendig Leben“ zur zeitgemäßen Fortführung der Impulse des Wandervogels und der Jugendbewegung hat am 23.7.2011 der Telekom Deutschland GmbH, 53171 Bonn, zu diesem Thema folgenden Brief geschrieben:

Betr.: Bitte um ein Gespräch über englische Ausdrücke in Ihren Mitteilungen
Sehr geehrte Damen und Herren, heute, beim Überfliegen Ihrer Juli-Rechnung, fiel mir wieder Ihre Beilage „News 07/11“ ins Auge, und ich wollte sie, wie üblich, ungelesen zornig zum Altpapier entsorgen, entschloß mich dann, Ihnen zu schreiben.

Welche Folge, frage ich Sie, hat es für Kinder von zugewanderten Familien, die mit Mühe Deutsch lernen, wenn sie das Wort „News“ lesen und es für ein deutsches Wort halten, sich vielleicht daran gewöhnen? Werden sie nicht in ihren Aufsätzen dieses Wort als deutsches Wort gebrauchen, Fehler angerechnet bekommen und unser deutsches Wort „Neuigkeiten“ nie kennenlernen? Und werden möglicherweise ihre Geschwister und Eltern ähnlich fehlgeleitet werden?

In Ihrer Beilage heißen die nächsten Überschriften unter „1/Unterhaltung nach Maß“ (dreimal richtiges Deutsch!) „Entertain Pur“ (kein Deutsch und kein Englisch!), Unter „2/Praktische Doppel-Flatrate“ (von dreien ein deutsches Wort: „Doppel“!), „Call & Surf Comfort IP (drei englische Wörter und eine Abkürzung IP, die kein Normalmensch kennt) und unter „3/Für Ihre Kinder unerreichbar:“ (Sie verwenden hier erstaunlicherweise vier verständliche deutsche Wörter!) „CombiCardTeens“ (im Kontrast dazu völlig unverständlich!)
In den neuen Bundesländern sind die wenigsten des Englischen kundig. Was, meinen Sie, werden die meisten Menschen mit Ihrem Prospekt machen? Werden sie ihn nicht entsorgen wie ich sonst? Und werden die über 20% der westdeutschen Bevölkerung, die auch kein Englisch beherrschen, es anders machen?

Die Begriffe „Entertain Pur“ (warum ist das letzte Wort groß geschrieben?), „Call & Surf Comfort IP“ und „CombiCard Teens“ werden im Inneren Ihres Faltblatts dann als Überschriften wiederholt – weiterhin ohne Übersetzung! Unter 3. taucht dann ein Begriff „Elternline“ auf, ein deutsch-englisches Mischwort, das auch nur erraten werden kann.

Unschön ist dann auch die Begrifflichkeit „Neu: SMS Flat allnet“.

Nun frage ich Sie: Sind Sie als Fast-Monopolist nicht zur Elite verpflichtet, die vorbildlich für alle Bevölkerungsschichten zu sorgen hat? Oder meinen Sie, daß Sie durch Ihre Monopolstellung Menschen überfahren, verdummen und aus der Kommunikation des deutschen Sprachraums ausschließen dürfen? Merken Sie, daß Sie sowohl ausländerfeindlich handeln wie auch die Gleichheit der Demokratie missachten?

Dieses Schreiben sende ich mit gleicher Post an einige meiner Bekannten, die dann auch Ihre Antwort erhalten werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung

Antwort
Telekom Deutschland GmbH
53171 Bonn
Herrn Gerhard Neudorf
Ihre Referenzen Ihr Schreiben vom Samstag 23. Juli 2011

Ihr Kontakt Kundenservice
Erreichbar unter 0800 33 01000
Datum 05.08.2011

Thema Verwendung englischer Begriffe
Sehr geehrter Herr Neudorf,

wir können Ihre Kritik an der Verwendung englischer Begriffe bei der Telekom verstehen und bedanken uns für Ihre offenen Worte.

Da wir als zukunftsorientiertes Unternehmen weltweit tätig sind, stellt uns dies sprachlich vor besondere Herausforderungen. Auf der einen Seite möchten wir uns verständlich ausdrücken - andererseits gibt es mittlerweile eine Fülle von Fachausdrücken, deren Verwendung national und international üblich und gebräuchlich ist. Weiterhin sichern einprägsame Produktbezeichnungen, die markenrechtlich geschützt

sind, den Wiedererkennungswert und die Konkurrenzfähigkeit an den internationalen Märkten.

Zugegeben, es ist nicht ganz einfach, sich in unserem Hochtechnologie-Bereich sprachlich zur Zufriedenheit aller auszudrücken - da wir den Bedürfnissen unserer deutschen Kunden entsprechen möchten, aber auch international verständlich sein wollen.

Wir sind uns bewußt, daß dies eine Gratwanderung ist und hoffen, Ihnen mit unseren Argumenten unser Vorgehen nähergebracht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Zenger Wilhelm Riester

Gerhard Neudorf hat am 15.8.2011 noch einmal geschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Antwort habe ich gelesen und daß Sie Ihrer „Konkurrenzfähigkeit auf internationalen Märkten“ Vorrang vor „den Bedürfnissen der deutschen Kunden“ einräumen.

Nun möchte ich konkret von Ihnen wissen:

1. Wieviele ausländische und wieviel deutsche Kunden erhalten Ihre Rechnungen?

2. Wieviele Mehrkosten würden Ihnen etwa entstehen, wenn Sie Prospekte in gutem Deutsch an die Bevölkerung Ihres Sendegebietes Deutschland versenden würden?

Unbeantwortet ließen Sie meine Fragen (entsprechend der Reihenfolge in meinem Brief):

a. nach Ihrer Verantwortlichkeit „für Kinder von zugewanderten Familien, die mit Mühe Deutsch lernen, wenn sie das Wort „News“ lesen und es für ein deutsches Wort halten ..“,

b. daß „Entertain Pur“ kein Deutsch und kein Englisch ist,

c. daß „Call & Surf Comfort IP drei englische Wörter enthält und eine Abkürzung IP, die kein Normalmensch kennt,

d. daß unter „3/Für Ihre Kinder unerreichbar:“ die Formulierung „CombiCardTeens“ für des Englischen Unkundige völlig unverständlich ist,
e. daß „in den neuen Bundesländern ... die wenigsten des Englischen kundig“ sind.

f. daß der unter 3. auftauchende Begriff „Elternline“, ein mühevoll zu erratendes deutsch-englisches („denglisches“) Mischwort ist und
g. die Begrifflichkeit „SMS Flat allnet“ trotz des Reims in der Häufung von Abkürzungen sprachlich schlicht unschön ist.

Meine Frage nach Ihrem Verantwortungsgefühl für in Deutschland lebende und des Englischen unkundige Menschen ist unbeantwortet, ferner

a. ob Sie einsehen, daß Sie „als Fast-Monopolist ... vorbildlich für alle Bevölkerungsschichten zu sorgen“ haben?

b. oder ob Sie meinen, daß Sie durch Ihre Monopolstellung Menschen überfahren, verdummen und aus der Kommunikation des deutschen Sprachraums – vermutlich grundgesetzwidrig - ausschließen dürfen?

c. daß Sie somit sowohl ausländerfeindlich handeln wie auch die Gleichheit der Demokratie in Deutschland selbst missachten?

d. zusammenfassend: ob Sie dem ‚Wort „dienen“ in Ihrem Geschäftsgebaren wieder einen ebenbürtigen Rang wie „verdienen“ geben wollen?

Auf Ihre neuerliche Antwort bin ich gespannt! Und unseren Briefverkehr mache ich bekannt, damit noch mehr Menschen Mut fassen, sich dafür einzusetzen, daß in Deutschland zur Wohlfahrt aller Mitbürgerinnen und Mitbürger wieder verständliches Deutsch gesprochen wird.
Mit vorzüglicher Hochachtung

(D.K.) Die Antwort fehlt bisher (27. 08. 11)

 
     
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