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(D.K.) Am 2. Januar 1979 erschien ein Aufruf mit 269 Unterschriften als Anzeige in der Frankfurter Rundschau. Der Aufruf trug die Überschrift Aktion 18. März Nationalfeiertag in beiden Deutschen Staaten. Schirmherrschaft Ingeborg Drewitz und Heinrich Albertz.
Der Aufruf war auch von Wolf Schenke und von mir unterzeichnet worden. Wolf Schenke war Gründer, Herausgeber und Chefredakteur der unabhängigen Wochenzeitschrift NEUE POLITIK, die ich nach dem Tod von Wolf Schenke (4. März 1989) seit Januar 1990 als Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK herausbringe.
Für die Nachgeborenen: Ingeborg Drewitz war eine deutsche Schriftstellerin. Sie starb im November 1986 in Berlin. Heinrich Albertz war ein evangelischer Pastor und ein deutscher Politiker (SPD), u.a. Regierender Bürgermeister von Berlin, und starb am 18. Mai 1993.
Die Aktion 18. März gibt jährlich eine Zeitung heraus, mit der zu einer Gedenkstunde vor dem Brandenburger Tor auf dem „Platz des 18. März“ und zu einer Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Märzgefallenen aufgerufen wird. Der Friedhof der Märzgefallenen soll zu einer nationalen Gedenkstätte entwickelt werden. In diesem Jahr wirbt die Aktion 18. März mit einer Anzeige in der überregionalen taz. Sie hat folgenden Text:
Wir fordern auf, den 18. März zum Nationalen Gedenktag zu erklären.
Der 18. März 1848 ist einer der bedeutendsten Tage in der deutschen Demokratiegeschichte. Er steht stellvertretend für den 27. Mai (Hambacher Fest 1832), den 18. Mai (Frankfurter Paulskirche 1848), den 27. Dezember (Verabschiedung der Grundrechte in der Paulskirche 1848) und nicht zu vergessen, die vielen Daten der Revolution in Baden 1848/49. Der 18. März ist ein Tag, auf den sich alle demokratisch gesinnten Menschen leidenschaftlich berufen können.
Der 18. März ist ein Symbol für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Am 18. März 1848 kapitulierte das Militär des preußischen Königs vor den Kämpfern für Freiheit und Demokratie. Die Märzrevolution war ein Teil der europaweiten Bewegung gegen Fürstenwillkür und Absolutismus. Diese Epoche ist als Völkerfrühling bekannt. - Der Revolutionsdichter Ferdinand Freiligrath hat den Geist dieser Zeit zusammengefaßt:
„Es kommt dazu trotz alledem, daß rings der Mensch die Bruderhand dem Menschen reicht“ und „Wir sind das Volk, die Menschheit wir“.
Mit der Forderung, den 18. März zum Gedenktag zu erklären, soll an diesen humanen Geist angeknüpft werden.
Schon jetzt unterstützen einige Leser des Kommentar- und Informationsbriefes NEUE POLITIK die Aktion 18. März. Laden Sie sich ein Unterstützerformular aus dem Internet - www.maerzrevolution.de - herunter oder fordern Sie per Post eines an: Aktion 18. März c/o Volker Schröder, Heimstraße 22, 10965 Berlin.
Trotz alledem
(D.K.) Trotz alledem ist der Text eines vertonten Gedichtes von Ferdinand Freiligrath, das wiederum in Anlehnung an A Man’s A Man for A' That von Robert Burns entstand. Das Lied entstand kurz nach der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49.
Der Prinz, der in diesem Gedicht mit „gebrochenem Schwert“ zurückkehrt, war der „Kartätschenprinz“, der zweite Sohn des Kronprinzenpaares Friedrich Wilhelm von Preußen und Luise von Mecklenburg-Strelitz, Tochter des Herzogs Karl II. von Mecklenburg-Strelitz.
Im März 1848 setzte sich Prinz Wilhelm unter dem Druck der Ereignisse der Märzrevolution zwar für die Bewilligung einer konstitutionellen Verfassung ein, wollte aber dennoch die Barrikadenrevolution vom 18. März 1848 in Berlin unter der Führung des Commandanten der Bürgerwehr, Major Otto Rimpler, mit militärischer Gewalt niederschlagen lassen. Er plädierte dafür, das Militär aus der Stadt abzuziehen und diese von außen mit Kanonen (Kartätschen) sturmreif zu schießen. Deswegen wurde er „Kartätschenprinz“ genannt.
Prinz Wilhelm war wegen seines Plädoyers für eine militärische Lösung bei den Anhängern der Revolution derart verhaßt, daß er vom klug taktierenden König den Befehl erhielt, umgehend nach London zu reisen.
Der Prinz floh mit Hilfe seines aus Bremen stammenden Adjutanten August Friedrich Oelrichs aus Berlin und reiste unter dem Pseudonym Wilhelm Oelrichs am 23. und 24. März nach London, wo er mit Prinzgemahl Albert, Robert Peel, John Russell, Henry John Palmerston und anderen Staatsmännern verkehrte und seine politischen Anschauungen klärte. An den deutschen Einheitsbestrebungen nahm er lebhaften Anteil. Die Berliner sangen derweil Spottlieder auf ihn:
Schlächtermeister Prinz von Preußen
komm doch, komm doch nach Berlin!
Wir wollen Dich mit Steinen schmeißen
und die Barrikaden ziehn.
Prinz Wilhelm ist der spätere Kaiser Wilhelm I., der Großvater des letzten Deutschen Kaisers.
Ferdinand Freiligrath, *17. Juni 1810 in Detmold; † 18. März 1876, hat sich, je älter er wurde, zu einem kritiklosen Monarchisten entwickelt.
Trotz alledem
von Ferdinand Freiligrath
Das war 'ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Wien, Berlin und alledem –
ein schnöder scharfer Winterwind
durchfröstelt uns trotz alledem!
Das ist der Wind der Reaktion
mit Meltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie am Thron –
der annoch steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Blutschuld, Trug und alledem –
er steht noch, und er hudelt uns
wie früher fast, trotz alledem!
Die Waffen, die der Sieg uns gab,
der Sieg des Rechts trotz alledem,
die nimmt man sacht uns wieder ab,
samt Kraut und Lot und alledem,
Trotz alledem und alledem,
trotz Parlament und alledem –
wir werden unsre Büchsen los,
Soldatenwild trotz alledem!
Doch sind wir frisch und wohlgemut
und zagen nicht trotz alledem!
In tiefer Brust des Zornes Glut,
die hält uns warm trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
es gilt uns gleich trotz alledem!
Wir schütteln uns: Ein garst'ger Wind,
doch weiter nichts trotz alledem!
Denn ob der Reichstag sich blamiert
professorhaft, trotz alledem!
Und ob der Teufel reagiert
mit Huf und Horn und alledem –
Trotz alledem und alledem,
trotz Dummheit, List und alledem,
wir wissen doch: die Menschlichkeit
behält den Sieg trotz alledem!
Und ob der Prinz zurück auch kehrt
mit Hurra hoch und alledem –
sein Schwert ist ein gebrochen Schwert,
ein ehrlos Schwert trotz alledem!
Ja doch: trotz all- und alledem,
der Meinung Acht, trotz alledem,
die brach den Degen ihm entzwei
vor Gott und Welt und alledem!
So füllt denn nur der Mörser Schlund
mit Eisen, Blei und alledem:
Wir halten aus auf unserm Grund,
wir wanken nicht trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
und macht ihr's gar, trotz alledem,
wie zu Neapel jener Schuft:
Das hilft erst recht, trotz alledem!
Nur was zerfällt, vertretet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk, die Menschheit wir,
sind ewig drum, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem:
So kommt denn an, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht!
Unser die Welt, trotz alledem!
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