Lutz von Lölhöffel - Januar / Februar 2012

   
 

Weshalb brauchen wir
(direkte) Demokratie?

 
     
 

Die Einführung „direkter Demokratie" in der Bundesrepublik Deutschland läßt sich nicht behandeln, ohne über Verfassungs-Änderungen zu sprechen. Unklar blieb jedoch, warum vor einiger Zeit eine neueVerfassung verlangt wurde. Das hätte nur einen Sinn gehabt, wenn man mit der alten ganz unzufrieden gewesen wäre. Es wurde aber seit vielen Jahren behauptet, das Grundgesetz sei hervorragend. Man sollte es höchstens behutsam weiterentwickeln.

Wurde nach einer neuen Verfassung nur deshalb gerufen, damit das Volk Gelegenheit erhält:

a) sie zu bestätigen oder
b) ihr zuzustimmen oder
c) über sie zu entscheiden ?

„Bestätigung" oder „Zustimmung" wären zu wenig. Dafür würde sich der Aufwand nicht lohnen. Wenn - dann käme nur eine Entscheidung in Betracht. Eine ganze Verfassung ist aber zu umfangreich, um in einer einzigen Abstimmung eine echte Entscheidung über sie fällen zu können !
Wo liegt das Hauptproblem ?

Meines Erachtens sollten wir uns nicht mit einer Schönheitsoperation befassen. Es geht um tiefer liegende Dinge. Ich weiß nicht, ob alle Leser die Kunstmärchen von Hans Christian Andersen kennen. Eines davon heißt „Des Kaisers neue Kleider". Diese Kleider werden von allen bewundert. Denn, wer das nicht täte, sei dumm, hatte „der Hof“ verlauten lassen. Da hütete sich jeder, das auszusprechen, was er sah : Die Kleider existierten gar nicht. Nur ein Kind, das noch zu klein war, um von den Regierungsrichtlinien zu wissen, rief bei der Vorführung aus : „Der Kaiser hat ja keine Kleider an."

Ich möchte diese Kleider nun mit der Staatsform „Demokratie" vergleichen. Sie wird allenthalben gelobt und es wird immerzu behauptet, wir hätten sie - das ist aber gar nicht der Fall. Und weil sie uns fehlt, rumort das Demokratieproblem in den Tiefen und äußert sich halb- oder unbewußt in Forderungen nach Demokratisierung oder einer neuen Verfassung.

Demokratie heißt Volksherrschaft, d.h. das Volksoll herrschen. „Repräsentative Demokratie" ist ein Widerspruch in sich; denn wenn Repräsentantenherrschen, dann herrscht das Volk eben gerade nicht.

Die anstehende Frage wäre also die: Soll nun - nach der Vereinigung - eine Demokratie bei uns eingerichtet werden? Die bestehende Parteienherrschaft wäre - allmählich - abzubauen. Sie ist ohnehin nur formaler Natur; denn Regierung und Parlament arbeiten als Ausführungsorgane der Wirtschaftsführer. Das wird zwar allgemein geahnt - aber es ist tabu, das auch auszusprechen. Die „Sprachregelung" liegt fest, und kaum einer wagt es, von ihr abzuweichen.

Nun möchte ich die Sache von der praktischen Seite angehen, nach der Wirksamkeit des alten Verfahrens fragen. Mit der bisherigen Methode konnten die schwierigen Probleme, die uns bedrängen, nicht gelöst werden. Daher lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie eine - echte - Demokratie funktionieren könnte und ob die bestehenden Schwierigkeiten mit ihrer Hilfe beseitigt werden könnten.

Ich nenne die fünf wichtigsten Probleme :

  1. Massenmord mit ABC- und anderen „modernen" Waffen [durch die USA],
  2. Großunfälle in Atomanlagen,
  3. Hunger und Verfolgung in vielen Ländern,
  4. Gefährdung der Bewohnbarkeit der Erde (Luft, Wasser, Boden, Klima, Ozonloch) [vor allem durch die USA] und
  5. unverantwortliche Verschwendung von Rohstoffen [vor allem durch die USA].

Diese Probleme sind alle menschengemacht und entstanden durch die „weise Lenkung" bisheriger Regierungen und Parlamente. Ohne eine Abkehr von dieser Art, unser Zusammenleben zu regeln, werden wir in immer katastrophalere Zustände hineinsegeln. Wenn wir uns nicht energisch ans Überlegen machen, könnte das „Unternehmen Menschheit" schneller zu Ende sein, als Politiker anzunehmen pflegen. Wir befinden uns also in einer Notlage und es kommt alles darauf an, den rettenden Ausweg zu finden.

Zu allererst wird es nötig sein, den eingeübten Sprachgebrauch zu ändern, nicht mehr von den „wunderbaren Kleidern" zu reden, sondern sich statt dessen mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu befassen. Lassen wir also die phrasenhaften Staatsziele und die seit vielen Jahrhunderten betriebene Führer-Anhimmelung hinter uns und beginnen wir - gedanklich - ganz neu.

Seit den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts gibt es die Bürgerbewegungen und 1989 fand eine sanfte Revolution in unserem Land statt. Gehen wir doch von diesen Menschen aus. Sie wollen Änderungen und setzen sich ein. Was sie für menschenwürdig, gerecht und sinnvoll halten, das sollen sie mit absoluter Mehrheit der Stimmen verbindlich vereinbaren. Diese Vereinbarungen der „erwachten Bürger" sollen die Grundlage der neuen Sozialordnung werden, welche die alte nach und nach Stück um Stück ersetzt. Hoffen wir nur, daß das gelingt, bevor die alten Führer uns ins Unglück stürzen.
 
     
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