Dieter Kersten - Mai / Juni 2012

   
 
Preußen und Friedrich der Große  
     
 

(D.K.) Der Staat Preußen wurde durch einen Alliierten-Kontrollratsbeschluß am 25. Februar 1947 für aufgelöst erklärt.

Es ist schon merkwürdig, daß es seit 1947 keine politisch relevante Gruppe gibt, die diese Staatsvernichtung anficht. Es gab z.B. keine Volksabstimmung. Ich kann mich nicht erinnern, daß in den politischen Gruppen, in denen ich seit ca. 1956  tätig war und bin, die Erinnerung an Preußen ein Zündfunke für eine politische und gesellschaftliche Weiterentwicklung der „so genannten staatstragenden Gesellschaften“ war. Woran liegt das? Wird in dem umerzogenen Bewußtsein der Deutschen Hitler und sein Unrechtsregime mit Preußen gleichgesetzt? Liegt es daran, daß die Preußenfilme der 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein vom Hitlerismus gefärbtes Bild des Preußenkönigs Friedrich II.  hinterlassen haben?  Hitler haßte Preußen, aber Preußen hat sich von ihm mißbrauchen lassen.

Ein Ausschnitt aus Wikipedia: Der Freistaat Preußen trat 1918 an die Stelle der preußischen Monarchie. Nach der Verfassung von 1920 war Preußen eine parlamentarische Demokratie. Während der Weimarer Republik erwies sich der größte Gliedstaat politisch stabiler als das Reich selbst. In Preußen regierten fast durchweg die Parteien der Weimarer Koalition (SPD, DDP und Zentrum), zeitweise erweitert um die DVP. Mit nur kurzen Unterbrechungen stellten die Sozialdemokraten mit Paul Hirsch und Otto Braun den Ministerpräsidenten. Vor allem vorangetrieben durch die Innenminister Carl Severing und Albert Grzesinski wurden Verwaltung und Polizei im Sinne der Republik reformiert. Mit dem verfassungswidrigen Preußenschlag 1932 durch Reichskanzler Franz von Papen verlor das Land seine eigenständige Rolle und wurde der Reichsregierung unterstellt. Formal war 1933, bei Hitlers Machergreifung im Reich, noch der Sozialdemokrat Braun Ministerpräsident des Freistaates Preußen.

Hitler war kein Preuße und kein Deutscher, er war ein Österreicher. Seine soziale und politische Prägung erhielt er in Österreich und in der Hauptstadt Bayerns, München. Er war ein Versager, ein Nichtsnutz. Es ist schon erschreckend, wie die Deutschen ihm in den zwölf Jahren seiner Herrschaft zugejubelt haben, ihm gestattet haben, fast 2000 Jahre deutscher Geschichte zu ruinieren. Schrecklich empfinde ich die Bilder der kreischenden Mädchen und Frauen, die Hitler zujubelten, wie die heutige Generation, die Popstars der Film- und Musikbranche begrüßen. Die SA rekrutierte einen großen Teil ihrer Marschierenden in den Arbeitervierteln Berlins.

Die Schnupftabakdose
von Joachim Ringelnatz

Es war eine Schnupftabakdose
Die hatte Friedrich der Große
Sich selbst geschnitzt aus Nussbaumholz.
Und darauf war sie natürlich stolz.

Da kam ein Holzwurm gekrochen.
Der hatte Nussbaum gerochen.
Die Dose erzählte ihm lang und breit
Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.

Sie nannte den alten Fritz generös.
Da aber wurde der Holzwurm nervös
Und sagte, indem er zu bohren begann:
“Was geht mich Friedrich der Große an!”

Zur Reichspräsidentenwahl 1932 stellte sich der 84-jährige Hindenburg zur Wiederwahl. Hitler wollte gegen ihn antreten und brauchte als seit 1925 staatenloser Österreicher dazu, nach der Weimarer Verfassung, die Einbürgerung als deutscher Staatsbürger. Da jeder deutsche Bundesstaat nach dem geltenden Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 Bedenken gegen als staats- oder landesgefährdend angesehene Einbürgerungen erheben konnte, strebte Hitler eine „Anstellung im unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst“ eines Bundesstaats an, die „für einen Ausländer als Einbürgerung“ galt. Diese erhielt er nach mehrfachen erfolglosen Anläufen erst am 25. Februar 1932, drei Tage nach Bekanntgabe seiner Kandidatur: Der Innenminister im Freistaat Braunschweig, Dietrich Klagges (NSDAP), berief ihn auf Drängen von Joseph Goebbels zum Braunschweiger Regierungsrat. Hitler trat seinen vorgesehenen Dienst bei der braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin aber nicht an, sondern erhielt sofort Urlaub für den Reichspräsidentschaftswahlkampf und beantragte später unbefristeten Urlaub für seine künftigen „politischen Kämpfe“. Er wurde erst als Reichskanzler am 16. Februar 1933 aus dem braunschweigischen Staatsdienst entlassen.

Der erste Ministerpräsident Brandenburgs nach der Wende 1990, Manfred Stolpe, hat vor kurzem im Rundfunk gesagt, die Auflösung Preußens sei ein Verbrechen. Ich stimme Herrn Stolpe ausnahmsweise zu.

Preußen war nicht militaristischer als andere Staaten des pseudochristlichen Abendlandes. Vielleicht hat eine Trompete mehr getutet als in Frankreich, Rußland oder Großbritannien? Einen Großteil der katastrophalen, menschenverachtenden und menschenvernichtenden Praktiken wurden, zeitlich immer etwas versetzt, von allen Staaten, den Oligarchien und Völkern des Okzidents, angewendet. Die Staaten und ihre Oligarchien haben es verstanden, Preußen (Deutschland und die Deutschen) so zu denunzieren und zu diffamieren, daß sich die Deutschen solche politischen Staatsakte (Enteignungen, Betrug), über ihre Köpfe hinweg,  wie auch die Auflösung Preußens, gefallen ließen.

Die Religionen Müßen
alle Tolleriret werden
und Mus der Fiscal nuhr
das Auge darauf haben
das keine der anderen
abruch Tuhe, den hier
mus ein jeder nach
Seiner Faßon Selich
werden

Friedrich II.


Ich zitiere aus dem Buch „Sie prägten Preußen - Lebensbilder aus einer großen Geschichte“, und zwar aus dem Aufsatz von Axel Springer „Was ist dran an Preußen“: Mirabeau hat spöttisch gesagt, gemeinhin verfügten Staaten über eine Armee, Preußen jedoch sei eine Armee, die einen Staat besitze. Ich denke, Mirabeau irrte auf geistvolle Weise, doch er irrte. Nicht der Kriegsruhm, sondern seine Toleranz hat Preußen erhellt. Es war nicht der Sieg bei Fehrbellin über die Schweden, der den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm vor der Geschichte großgemacht hat, sondern das Edikt von Potsdam vom 8. November 1685. Damals wagte es ein kleines, von den Schrecken des 30jährigen Krieges zerrüttetes Land, der französischen Großmacht die Stirn zu bieten und den verfolgten Hugenotten eine Heimstatt zu geben. Aus allen Teilen Frankreichs kamen die Protestanten nach Brandenburg. Anfangs des 18. Jahrhunderts war jeder dritte Berliner ein Franzose. Auch später öffnete Preußen seine Tore den Menschen, die um ihres Glaubens willen verfolgt wurden. Tschechen kamen aus dem böhmisch-mährischen Raum, Salzburgische Flüchtlinge wurden in Ostpreußen angesiedelt. Und Preußen, besonders Berlin, war die Hoffnung vieler aus der Enge der russischen Bedrückung abwandernden Juden.

Die Aufzählung der Zuwanderer-Gruppen ist nicht komplett: es fehlen z.B. die Holländer, die mit der ersten Frau des Großen Kurfürsten nach Brandenburg/Preußen kamen.

Den Zuwanderern wurde nur geholfen, mit Geld, Grund und Boden und Häusern, wenn sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllten.

An dieser Stelle muß ich bemerken, daß alle Zuwanderer christlichen Glaubens waren. Friedrich II. hatte zwar angekündigt, auch Moscheen bauen zu wollen. Dazu kam es aber nicht. Die Werbung für Soldaten fand damals europaweit statt. Es wurden auch Muslime angeworben, denen die preußischen Landesherren Beträume in den Kasernen zustanden. Aber die Integrationskraft des Christentums war damals größer als es heute zu sein scheint. Die meisten dieser muslimischen Soldaten fanden in Preußen eine Frau, ließen sich taufen und wurden gute Preußen und Deutsche.

WoerlitzAlle Eroberungen Preußens, so auch die „Schlesischen Kriege“ Friedrich II. oder die „Polnischen Teilungen“ mit preußischer Beteiligungen, haben, so schlimm sie für die Menschen im einzelnen gewesen sein mögen, zu keinen Vertreibungen geführt. Jeder konnte sein Haus und Hof behalten. Friedrich II. war an den Arbeitskräften interessiert. Die schlesische Kohle war u.a. an dem beispiellosen industriellen und wirtschaftlichen Aufschwung im 19. Jahrhundert in Preußen mit verantwortlich. Ich vergesse nicht, daß es auch soziale Verwerfungen gegeben hat, die sich z. B. in dem Weberaufstand 1844 in Schlesien zeigten.

Das schlimme Gegenbild 1945 waren 20 Millionen Heimatvertriebene weltweit. Das ist der „Fortschritt“, den die Oligarchen den Betroffenen zumuten. Der aktuelle Höhepunkt der Entwicklung von Menschenrechten ist die systematische Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat durch die Israelis, von denen einstmals einige durch die preußische Toleranz in Preußen Heimstatt fanden. Ferner, denken Sie nur an das Elend der Vertreibungen der Jetztzeit in Afrika, in Brasilien und anderswo.

War es gerade die Toleranz, die zu der Vernichtung Preußens führte?

Die Toleranz bzw. der dadurch erzeugte Zuzug von tüchtigen und motivierten Menschen hatte die beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwünge in Preußen zur Folge, mit den zahllosen technischen Erfindungen, die in Preußen zielgerecht in industrielle Produktion umgesetzt wurden. Das war Grund genug, Preußen, diese lästige Konkurrenz, zu vernichten!! Jeder politische Fehler wurde argwöhnisch und international auf die Waage des Fortschritts gelegt.

Bismarck, preußischer Ministerpräsident und Reichskanzler wie auch dem letzten deutscher Kaiser Wilhelm II. und preußischer König, fehlten der Blick für dezentrale, menschennahe, wirtschaftliche Strukturen. Ihr zeitweiliger Erfolg machte sie größenwahnsinnig. Das Deutsche Reich (das „2. Reich“) hätte so, wie es gebildet wurde, nicht entstehen dürfen.

Die Bismarck’sche Reichsgründung war ein Fehler! Sie hatte die Republik 1918, die Machtergreifung Hitlers, die Judenverfolgung und die totale Aufgabe des Deutschen Reiches 1945 zur Folge. Die Kultur der Deutschen (und der Preußen) löst sich seitdem immer mehr auf. Preußen war bis Bismarck eine Erfolgsgeschichte. Heute werden alle Erfolge über den Begriff Wachstum definiert. Wachstum heißt oft Schulden machen auf Kosten der nachrückenden Generationen. Wachstum heißt auch Kulturzerstörung. Die Schulden dienen der Imagepflege der politischen und wirtschaftlichen Oligarchien und befriedigen deren Machtanspruch.

In Potsdam im NEUEN PALAIS können Sie die Ausstellung FRIEDERISIKO bis zum 28. Oktober 2012 besuchen. Ich habe mir diese Ausstellung noch nicht angesehen. Auf der WEB-Seite http:// www.friederisiko.de/Ausstellung.html fand ich folgenden Text: „Friedrich der Große ist eine der facettenreichsten Gestalten der europäischen Geschichte ... Zu seinem 300. Geburtstag im Jahr 2012 (24. Januar 2012) präsentiert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Charakter und Weltsicht Friedrichs in seinem prächtigsten Schlossbau, dem Neuen Palais, sowie an ausgewählten Orten im Park Sanssouci in Potsdam. Die Lust am Risiko war ein prägnanter Charakterzug dieses Monarchen: FRIEDERISIKO lautet daher das Leitmotiv der großen Schau an seinem authentischen Handlungsort. Zu entdecken sind ein Preußenkönig, den man so noch nicht kannte – und bisher unbekannte Räume in dem von ihm selbst bis ins Detail geplanten Schlossbau. Zwölf Themenkomplexe rund um den König und seine Zeit entfalten sich auf 6.000 qm mit über 70 teilweise erstmals zugänglichen, aufwendig restaurierten Kabinetten und Sälen. Neben kostbaren originalen Interieurs und rund 500 einzigartigen Exponaten wird eine zeitgenössische Künstlerin mit einer spektakulären Installation eines der Appartements zum Leben erwecken. Neues erleben, Fragen stellen und überraschende Antworten erhalten: FRIEDERISIKO verspricht ein faszinierendes Erlebnis, das zugleich zum Nachdenken anregt – eine ungewöhnliche Entdeckungsreise!“

Zu dieser Potsdamer Ausstellung werden zwei Bücher angeboten, die Sie auch in der beiliegenden Buchliste finden: Friederisiko - Friedrich der Große, Die Essays und Friederisiko - Friedrich der Große, Die Ausstellung; Katalogbuch zur Ausstellung in Potsdam, Neues Palais im Potsdamer Schlossgarten Sanssouci, 28.04.-28.10.2012. Den Vorstellungstexten des Verlages, die ich selber in meinem Internet-Buchladen als Unterlegtexte verwende, kann ich nur zum Teil folgen. Friedrich wird in diesen Texten fast als ein eitler Fratz dargestellt.

Die Ausstellung Friedrich der Große  – verehrt, verklärt, verdammt im „Zeughaus“ (Deutsches Historisches Museum) in Berlin, Unter den Linden, nahe dem Reiterstandbild des „Alten Fritz“, habe ich mir angesehen. Ich kann diese Ausstellung nur empfehlen! Die Ausstellung „Friedrich der Große“ kann noch bis zum 29. Juli 2012 besichtigt werden.

Das von mir erwähnte Reiterstandbild von Friedrich dem Großen, Unter den Linden in Berlin, stammt von dem Bildhauer Christian Daniel Rauch und ist am 31. Mai 1851 feierlich enthüllt worden. Wenn Sie sich den Reiter genau ansehen, dann werden Sie mit Erstaunen feststellen, daß er keine Sporen trägt. Der Überlieferung nach hat Friedrich II. Sporen abgelehnt, weil man damit das Tier quälen und verletzen würde.

Berichte zu Einwanderungen in Preußen - aus dem Internet „gefischt“, ohne Quellenangaben.

Nach der Schlacht am Weißen Berg von 1620 kam es in Böhmen zu einer Rekatholisierung, die dazu führte, daß in den folgenden Jahrzehnten immer mehr Protestanten das Land verließen. 1722 entstand unweit des Sitzes von Nikolaus Ludwig von Zinzendorf in Berthelsdorf in der Oberlausitz die Gemeinde Herrnhut, etwas später eine andere in der Nähe von Potsdam (Nova Ves, heute Potsdam-Babelsberg). Ab 1737 siedelten sich die Flüchtlinge (350 im Jahre 1737) auf Anregung und Einladung von Friedrich Wilhelm I. auch auf dem Gebiet von Rixdorf (Anmerk.D.K.: Heute Berlin-Neukölln) an, wo sich bereits seit 1360 die Gemeinde Richardsdorp befand, die in Deutsch-Rixdorf und Böhmisch-Rixdorf geteilt wurde. Beide Gemeinden erhielten ihre eigene Verwaltung. Im Jahre 1805 hatte Böhmisch-Rixdorf 319 und Deutsch-Rixdorf 376 Einwohner.

Seit 1650 muß Ostpreußen unter entsetzlichen Heimsuchungen leiden. 1656 entführen die Tataren 34.000 Menschen in die Sklaverei, weitere 80.000 sterben an Seuchen. 1709 werden 235.806 Menschen, mehr als ein Drittel der Bevölkerung, Opfer der Pest. Land, Wirtschaft und Leute sind verelendet. Schon 1721 veröffentlicht Friedrich Wilhelm I. ein Einwanderungspatent, das zahlreiche Zuwanderer aus der Pfalz, vom Rhein und vom Main, Holländer, Schweizer, Böhmen und Franzosen ins Land zieht. Die spektakulärste Aktion aber findet 1732 statt. Im Salzburgischen lebende Protestanten sind durch den militanten katholischen Erzbischof Firmian von Salzburg den ärgsten Repressalien ausgesetzt. Schließlich verweist ein Befehl des Herbstes 1731 alle, die nicht katholischen Glaubens sind, des Landes. Das protestantische Europa ist empört, Friedrich Wilhelm I. handelt. Am 2. Februar 1732 erläßt er ein Einwanderungspatent, schickt Kommissare los, die Transport und Reise der Salzburger betreuen. Die zahlen den Flüchtlingen Zehrungsgelder, vier Groschen pro Tag für den Mann, drei für die Frau und zwei für jedes Kind. Vom Tag der Antragstellung an sollen die Flüchtlinge als preußische Staatsbürger respektiert werden. So ziehen lange Flüchtlingstrecks unter dem Schutz preußischer Kommissare auf deutschen Straßen nach Berlin. Schon am 30. April 1732 kommen die ersten 843 Salzburger dort an. Ursprünglich ist die Aktion auf etwa 6000 Flüchtlinge angelegt, aber es bewerben sich über 20.000. Den königlichen Räten wird der finanzielle Aufwand bedrohlich, aber der König ist beglückt:

"Gottlob! Was thut Gott dem brandenburgischen Hause für Gnade! Denn dieses gewiß von Gott kommt!"

Die logistisch bis ins Detail geplante Aktion kostet etwa fünf Millionen Groschen. Doch das Geld, meint der König, ist gut angelegt. Denn schließlich werden die Siedler “Plus“ für den Staat machen. Und außerdem schlägt der König mit politischem Druck auch noch 4 Millionen Gulden Entschädigung beim Salzburger Erzbischof heraus. Der König reitet den Salzburgern entgegen und singt mit ihnen gemeinsam das Lied "auf meinen lieben Gott trau ich in aller Not“. Friedrich Wilhelm I. ist tief gerührt von den Erzählungen der Flüchtlinge, Sophie Dorothea bewirtet sie im Berliner Schloß Monbijou. Dann geht es weiter nach Stettin zur Einschiffung nach Königsberg. "Die Manufacturisten nach der Neumark, die Ackerleute nach Preußen", ordnet der König an.

Von den 15.508 Asylanten, die in der Provinz Preußen angesiedelt werden, erhalten fast 12.000 eine Existenzgrundlage auf Kosten des Staates. Ackerland, Bauland, Bauholz, Vieh, Ackergeräte, Saatgut werden gestellt, dazu kommen drei Jahre Abgabenfreiheit, großzügige Kredite, Zuschüsse zu den Baukosten und langfristige Befreiung vom Militärdienst.

In Königsberg kommen in der 2. Hälfte des Jahres 1732 mit 19 Schiffstransporten 10.780 Salzburger an, über Land erreichen 5.533 Emigranten die Stadt. Zur Begrüßung finden Gottesdienste statt, danach bewirten die Königsberger die Ankömmlinge und bringen sie an die ihnen zugewiesenen Siedlungsplätze. In Königsberg bleiben 715 Salzburger, darunter 59 Wollspinner- und Kämmer-Familien, 28 Brettschneider, 8 Schuhmacher, 5 Kornstecher, 3 Tischler, 1 Zimmermann, 2 Flachsbinder, 2 Böttcher, 1 Kupferschmied, 1 Fleischer, 1 Zeichner und ein Schalknecht.

„Muß ich gleich Haus und Hof, Freund und Eltern, Kinder lassen,
So will mich doch der Herr in seine Arme fassen;
Er hält mich väterlich bey seiner rechten Hand,
Und führt mich wohl vergnügt in Friedrich Willhelms Land
Und führt mich wohl vergnügt in Friedrich Willhelms Land“

singen die dankbaren Salzburger.
Ein gigantisches Aufbauwerk beginnt. Sechs Städte, 332 neue Dörfer entstehen, 180.000 Morgen wüstes Land werden kultiviert. Als Kronprinz Friedrich (der spätere Friedrich der Große) im Sommer den Vater auf einer Inspektionsreise nach Ostpreußen begleitet, zeigt er sich stark beeindruckt vom Erfolg der Siedlungspolitik des Königs. Er schreibt begeistert an Voltaire:

"Insterburg, 27. Juli 1739,


endlich sind wir hier angekommen, lieber Freund. Wir waren drei Wochen unterwegs, und zwar in einem Lande, das ich für das Non plus ultra der zivilisierten Welt halte. Es ist eine in Europa wenig bekannte Provinz, die freilich bekannter zu sein verdient, da sie als Schöpfung des Königs, meines Vaters, gelten kann. Preußisch-Litauen ist ein Herzogtum von stark 30 deutschen Meilen in der Länge und 20 in der Breite, obwohl es nach Samogitien hin spitz zuläuft. Die Provinz wurde zu Anfang des Jahrhunderts von der Pest verheert; über 300.000 Einwohner raffte die Seuche und das Elend dahin. Der Hof, der von dem Unglück wenig wußte, unterließ es, der reichen und fruchtbaren Provinz, die an Einwohnern und an jeder Art von Erzeugnissen Überfluß hatte, wieder aufzuhelfen. Die Krankheit raffte das Volk hin; die Felder lagen brach und bedeckten sich mit Gestrüpp. Auch das Vieh ging in dem allgemeinen Elend zugrunde, kurz, unsere blühendste Provinz verwandelte sich in die schrecklichste Einöde.

Inzwischen starb Friedrich I. und wurde mit seiner falschen Größe begraben. Ihm lag nur an eitlem Prunk und an der pomphaften Zurschaustellung nichtiger Zeremonien.

Mein Vater, der ihm nachfolgte, wurde durch das öffentliche Unglück gerührt. Er begab sich selbst an Ort und Stelle und sah die weiten verheerten Länderstrecken nebst all den schrecklichen Spuren, die Seuche, Hungersnot und die schmutzige Habgier der Minister hinterlassen hatten. Zwölf bis fünfzehn entvölkerte Städte, vier- bis fünfhundert unbewohnte und verödete Dörfer boten seinen Augen einen trostlosen Anblick. Er ließ sich dadurch nicht abschrecken, im Gegenteil, er beschloß, das Land, das fast zur Wüstenei geworden war, neu zu besiedeln und Handel und Wandel wieder neu zu beleben.

Seitdem hat der König keine Ausgaben gescheut, um seine heilsamen Absichten zu verwirklichen. Er erließ zunächst weise Reglements, baute alles, was die Pest zerstört hatte, wieder auf und ließ Tausende von Familien aus allen Ecken Europas kommen. Die Äcker wurden wieder bestellt, das Land bevölkerte sich, der Handel blühte wieder auf, und gegenwärtig herrscht in dieser fruchtbaren Gegend mehr Überfluß denn je. Litauen besitzt über eine halbe Million Einwohner. Es zählt mehr Städte und Herden als früher, hat mehr Wohlstand und Fruchtbarkeit als irgend eine Gegend Deutschlands. Und all das ist lediglich dem König zu danken, der die Ausführung persönlich angeordnet und auch selbst geleitet hat. Er hat die Pläne entworfen und sie allein ausgeführt; er hat weder Mühe noch Sorge, noch ungeheure Schätze, noch Versprechungen oder Belohnungen gespart, um einer halben Million denkender Wesen Glück und Leben zu sichern. Ihm allein verdanken sie ihr Wohlergehen und ihre Versorgung."

Zum Thema Preußen stelle ich Ihnen noch zwei Buchtitel den Texten des Verlages vor, die Sie auch im Buchshop finden.
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Preußens Krieg und Frieden
Der Weg ins Deutsche Reich
Geradezu abenteuerlich erscheint das Auf und Ab Preußens: Der Abstieg nach dem Tod des großen Friedrich. Die Hoffnungslosigkeit nach der Zerschlagung des Landes durch Napoleon und die Beschämung beim Bittgang der Königin Luise. Der Aufstieg aus tiefster Erniedrigung und die Restauration der alten Mächte. Die Revolution im März 1848. Und schließlich Bismarck, der Mann, der das Reich der Deutschen schmiedete. Kenntnisreich und spannend festgehalten von Bestseller-Autor S. Fischer-Fabian.

Preußens Gloria
Der Aufstieg eines Staates
Preußens Gloria ist die meisterhaft erzählte Geschichte eines Staates, dessen Aufstieg vom unbedeutenden Kurfürstentum zum machtvollen Königreich in der Weltgeschichte kein Beispiel hat. Sein Ethos und seine Lebensform überdauerten die Jahrhunderte, wie auch seine Tugenden vorbildlich blieben: die Toleranz und die Ordnung, die Tapferkeit und die Gottesfurcht, der Fleiß und die Unbestechlichkeit, das Mehr-sein-als-scheinen. In drei glanzvollen Epochen von 1701 bis 1786 wurde Preußen zu dem, was seinen historischen Rang ausmacht. Eine Zeit von drei Generationen, die einem einzigen großen Drama gleicht.

 
     
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