Dieter Kersten - November / Dezember 2012

   
 
„Es geht hier um die Gesundheit und nicht um die Hygiene“  
     
 

(D.K.) Die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH ist ein Krankenhausbetreiber in Berlin. Alleiniger Anteilseigner ist das Land Berlin = die Berliner Steuerzahler und Versicherungsnehmer bei den in vieler Hinsicht fragwürdigen Krankenkassen. Das Unternehmen Vivantes wurde zum 1. Januar 2001 gegründet. Vivantes ist nach eigenen Angaben Deutschlands größter kommunaler Krankenhauskonzern. Zu dem „Netzwerk“ gehört u.a. auch das Tempelhofer Wenckebach-Krankenhaus, welches einstmals einen guten Ruf hatte. Das frühere Militärkrankenhaus ist 1951 nach dem Wiener Medizinprofessor Karel Frederik Wenckebach benannt worden.

Ein alter Herr, 76 Jahre alt, in Berlin bei seiner Tochter zu Besuch, wird im August d.J. in das Wenckebach-Krankenhaus in Berlin-Tempelhof eingeliefert. Er hat in den letzten Jahren eine schwere Lungenkrebs-Operation und mehrere Schlaganfälle hinter sich. Er hat außerdem eine altersbedingte Makuladegeneration auf beiden Augen und kann sehr schlecht sehen.

Seine Tochter, die sich um ihn kümmert, stellte im Krankenhaus fest, daß der große Kaffee-Fleck vor seinem Krankenhausbett schon Tage alt sein muß. Der zu dem Zwei-Bett-Zimmer gehörige Sanitär-Raum war stark verschmutzt. Da dieser Dreck auch noch nach Tagen vorhanden war, verlangte sie von der Stationsleitung vergeblich Reinigungsmaterial, um wenigstens den gröbsten Dreck  selber zu beseitigen.

Überraschend wird dann der alte Herr in eine andere Abteilung verlegt, mit der nachgereichten Hiobsbotschaft, er hätte nunmehr den Krankenhauskeim  MRSA. Er wurde in einem Ein-Bett-Zimmer  ohne Bad isoliert. Seine Tochter und andere konnten ihn nur in Schutzkleidung besuchen. An der Tür hing ein „Medizin- und Pflegeplan“, mit Zeitangaben, wie z.B. jeden Tag „Ganzkörpersanierung und Haarwäsche“, 20 Minuten, alles  immer fein säuberlich abgehakt, damit das Krankenhaus die Kosten bei der Krankenkasse geltend machen kann - ohne diese Leistung überhaupt am Patienten vollzogen zu haben.

Es kommt zum Eklat. Die Tochter stellt nach Tagen fest, daß ihr Vater in dieser Zeit nicht einmal duschen konnte. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit dem Stationspersonal, welches behauptet, für diese Arbeit keinen Mitarbeiter zur Verfügung zu haben. Bei dieser Auseinandersetzung fällt auch der Satz einer Krankenschwester, den ich als Überschrift dieses Berichtes verwendet habe. MRSA kann nur durch Hygiene verhindert werden!!!

Die Lautstärke der Auseinandersetzung Tochter/Stationspersonal steigt. Plötzlich ist ein Krankenpfleger vorhanden. Er wird den alten Herrn nun ganzkörper-sanieren. Der Patient muß sich in seinem Zimmer nackend ausziehen, wird nackend - ohne Schutzkleidung!!!- über den Flur „getrieben“ und erscheint nach etwa 5 Minuten, ganzkörper-saniert,  und wird wiederum nackend, über den publikum-reichen Flur geführt.

Schon der Ausdruck „ganzkörper-sanieren“ ist mir suspekt. Das ist ja fast KZ-Sprache.

Zwei Tage danach wird der Patient angeblich MRSA-frei entlassen und ist inzwischen wieder in seiner westfälischen Heimat.

Auf beiden Stationen mangelte es nicht nur an Reinigungspersonal, Schwestern und Pflegern, sondern auch  an Ärzten. Von den Letzten wurde immer nur eine Kittelspitze gesehen.

Selbst Intensivstationen werden den Berichten nach nicht mehr ordnungsgemäß gereinigt. Ich hatte im Juli 2012 die traurige Pflicht, mehrmals auf einer Intensivstation im DRK-Krankenhaus, Berlin Neu Westend, eine Patientin besuchen zu müssen und war erstaunt, daß ich das ohne jede Hygiene-Maßnahme machen konnte. Die Station selbst schien mir aber sauber zu sein.

Während ich begann, diesen Bericht zu schreiben, verkündeten die Krankenkassen, daß sie in diesem Jahr erhebliche Überschüsse  - 6,8 Milliarden Euro - haben.

Es wäre gut, wenn die Versicherten eine Broschüre  bekommen würden, in der die Kosten und die Kostenstellen allgemeinverständlich angegeben werden. Die Patienten sollten im Krankenhaus und in den Arztpraxen die Abrechnungen mit den Versicherungen gegenzeichnen. Wir werden dann feststellen, daß Hygiene bezahlbar ist.

Im Radio wurde berichtet, daß Krankenschwestern teilweise von Leihfirmen kommen. Heuern und feuern scheint auch die Devise in den Krankenhäusern zu sein. Wie soll man unter diesen Bedingungen gesund werden?

Der Befall von Frühchen mit dem Darmkeim Serratia in der Berliner Charité hat auch mit Hygiene zu tun. Fachleute sind der Auffassung, daß sich um jedes Frühchen eine Schwester bemühen sollte. Den Berichten nach sollen aber in den Charité-Häusern bis zu 5 Frühchen von einer Schwester  betreut worden sein. Es wird sehr schwer sein, eine solche Behauptung nachträglich zu verifizieren. Aber es kann dafür gesorgt werden, daß in Zukunft 1 Frühchen = 1 Schwester die absolute Regel wird. Dann gibt es keine Ausrede mehr für eine vernünftige Hygiene.

 
     
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